„…verbietet es Reichen wie Armen, unter Brücken zu schlafen, auf Straßen zu betteln und Brot zu stehlen“ (Anatole France). Auch heute noch richten sich die allermeisten Strafverfahren gegen Personen mit keinem oder geringem Einkommen. Diese werden durch das Strafverfahren auch schwerer belastet als Personen mit gutem Einkommen. Sie können sich regelmäßig keinen Verteidiger leisten, wenn nicht die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflichtverteidigung vorliegen. Sie können Geldstrafen nur unter starker Einschränkung ihrer täglichen Bedürfnisse und der ihrer Familien oder aber gar nicht zahlen. Stattdessen müssen sie Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen. Diese Ungerechtigkeit rückt zunehmend wieder in das öffentliche Bewusstsein.
Die Neue Richtervereinigung appelliert an die neue Bundesregierung, endlich für Abhilfe zu sorgen. Konkrete Vorschläge hierfür liegen seit langem auf dem Tisch:
- Entkriminalisierung typischer Armutsdelikte, insbesondere des sogenannten „Schwarzfahrens“ (§ 265a StGB)
- Einführung einer anderen Vollstreckungsart für Geldstrafen, nämlich in Form von – bundesgesetzlich geregelter und konkret auszugestaltender – gemeinnütziger Arbeit
- Einführung einer Prozesskostenhilfe im Strafverfahren
- Erweiterung des Anwendungsbereichs der Verwarnung mit Strafvorbehalt mit der Möglichkeit, präventiv wirkende Weisungen zu erteilen (Streichung der Voraussetzung des Vorliegens besonderer Umstände)
- Keine Einziehung von Tatgewinnen, wenn diese nicht mehr vorhanden sind und die Einziehungsentscheidung die zukünftige Resozialisierung des Angeklagten verhindern würde
Die Entkriminalisierung typischer Armutsdelikte, aber auch des Cannabiskonsums, würde zudem mehr Kapazitäten bei Staatsanwaltschaften und Gerichten für die zu erwartende Flut an neuen Verfahren wegen Hasskriminalität freimachen.
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