Dr. Marc Jan Eumann, Vorsitzender der KJM: „Unsere Analyse hat deutlich gemacht, dass Risiken bei Games vielfach leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Kinder und Jugendliche dürfen in einer virtuellen Welt, die zum exzessiven Konsum und Kauf verleitet, nicht alleine gelassen werden. Gemeinsam – Erziehungsberechtigte, Anbieter*innen, Plattformen, die Freiwillige Selbstkontrolle und die KJM – tragen wir die Verantwortung, ihren Medienalltag sicherer zu machen.“ Und weiter: „Viele Anbieter*innen und die USK sind um einen guten Jugendschutz bemüht. Wir erwarten insbesondere von den schwarzen Schafen der Games-Branche mehr Engagement und Initiative. In enger Abstimmung mit der USK, der freiwilligen Selbstkontrolleinrichtung für Games, werden wir nun Einzelfälle und systematische Probleme angehen.“
Selbes Spiel, anderer Store: unterschiedliche Altersangabe
Die Medienanstalten haben knapp 70 Spiele vertiefend geprüft. In 47 Fällen wurde ein Anfangsverdacht auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) gesehen.
Eine Erkenntnis der Untersuchung ist, dass sich Alterseinstufungen für dieselben Spiele zwischen den verschiedenen Plattformen unterscheiden. In vielen Fällen sind die Altersangaben auch zu niedrig.
Dr. Marc Jan Eumann: „Kinder, Eltern und Pädagog*innen brauchen verlässliche Alterskennzeichnungen bei Games. Wie soll man verantwortlich entscheiden, wenn zwischen den wichtigen Stores im Schnitt Unterschiede von mehr als 3,5 Jahren bei Kennzeichnungen liegen?“
Kaufdruck, Casino-Elemente und exzessive Nutzung
Zudem locken – speziell in Free2Play-Angeboten – Kauf- und Werbeangebote, denen Kinder und Jugendliche sich schwer entziehen können. Glücksspielähnliche Elemente wie Glücksräder und sogenannte Slot-Machines sind selbst in Kinderspielen weit verbreitet und führen Minderjährige an das Glücksspiel heran. Die Schwerpunktanalyse hat auch gezeigt, dass häufig der Konsum von Werbung belohnt wird.
Die Medienanstalten fanden zahlreiche Gestaltungselemente, die ein exzessives Nutzungsverhalten befördern können. Dazu zählen beispielsweise Push-Nachrichten zu neuen Aufgaben und Herausforderungen, Zeitdruck sowie Belohnungen für häufiges Spielen. Dies war nicht nur in Multiplayer- oder Action-Games der Fall, sondern auch in expliziten Kinderspielen.
Dr. Marc Jan Eumann: „In vielen Spielen herrscht ein regelrechter Kaufdruck, dem sich Kinder und Jugendliche oft nicht entziehen können. Digitale Glücksspielautomaten sind in manchen Genres längst Standard. Elemente, die den ausschweifenden Konsum fördern, sollte sich der Gesetzgeber genau anschauen, um den Trend zur exzessiven Nutzung zu stoppen.“
Hakenkreuze und Pornografie bei Steam
Neben diesen Interaktionsrisiken wurden auch problematische Inhalte entdeckt. Bei einem Spiel auf der Plattform Steam fanden sich Hakenkreuze als Menü-Button und Liedgut aus der NS-Zeit. Zudem förderte die Schwerpunktanalyse Pornografie und Darstellungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltungen zutage. Steam ist kein USK-Mitglied und nutzt kein Altersverifikationssystem. Alle Inhalte sind somit für alle Nutzer*innen frei zugänglich. Steam sperrte das betroffene Spiel für Nutzer*innen aus Deutschland und entfernte von Nutzer*innen eingestellte pornografische Bilder und unzulässige Posendarstellungen auf Betreiben der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, die für die Plattform zuständig ist.
Dr. Marc Jan Eumann: „Hakenkreuze, Pornografie und Co.: Spielen soll Spaß machen und nicht verstörend und desorientierend sein. Steam hat Fehler eingeräumt und gehandelt. Das erwarten wir bei solchen Inhalten auch. Eine entsprechende Reaktion im Sinne des Kinder- und Jugendmedienschutzes muss es daher auch bei den anderen Anbieter*innen geben, bei denen unsere Analyse Gefahren für Kinder und Jugendliche festgestellt hat.“
Zu einer Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse geht es hier.
Hier finden Sie einen Bericht zur Schwerpunktanalyse.
Hintergrund: Games haben es schon lange aus der Nische in die breite Masse geschafft: 72 Prozent der 12- bis 17-Jährigen spielen regelmäßig, der Durchschnitt liegt bei knapp zwei Stunden täglich. Auch in den jüngeren Altersgruppen, bei den 6- bis 12-Jährigen, spielen 60 Prozent regelmäßig (vgl. KIM 2020, JIM 2021).
Der breite Einsatz von Elementen, die die exzessive Nutzung fördern, ist umso problematischer, als sich der Anteil der exzessiven Nutzer*innen seit 2019 bereits verdoppelt hat (Längsschnittuntersuchung der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, 11/2021).
Die Kommission für Jugendmedienschutz ist ein Organ der Landesmedienanstalten und ein Expertengremium aus Vertreter*innen von Bund, Ländern und Landesmedienanstalten. In Deutschland ist die KJM die zentrale Aufsichtsstelle für den Jugendschutz im privaten Rundfunk und Internet.
Weitere Informationen über die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) und ihre Mitglieder finden Sie hier, Informationen zu den Medienanstalten finden Sie hier.
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