Handwerk: Mindestlohn ist Sache der Tarifpartner, nicht des Staates!

Zu der vom Bund geplanten Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro äußert sich Handwerk Schleswig-Holstein kritisch. Präsident Thorsten Freiberg sagt: „Wir sind der Meinung, dass die Festsetzung von Löhnen in die Hände der Tarifpartner gehört. Niemand kann besser über Löhne verhandeln als Arbeitnehmer und Arbeitgeber – weil nur diese wissen, was in einer Branche erwirtschaftet wird und überhaupt umverteilt werden kann. Politische Löhne hingegen verteuern alles pauschal nach oben. Auch die Tarifgitter.“

In der Vergangenheit habe dieses Prinzip gut funktioniert, „denn auch in diesen Runden haben wir immer wieder Lohnsteigerungen und höhere Mindestlöhne festgelegt, was angesichts steigender Lebenshaltungskosten auch absolut notwendig ist für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Freiberg weiter. „Jede Arbeitnehmerin, jeder Arbeitnehmer soll von Arbeit gut leben können!“

Handwerk Schleswig-Holstein gehe es nicht darum, ob 12 Euro ein angemessener Lohn sind, sondern darum, „dass das ein politischer Lohn ist, der aus unserer Sicht problematisch ist, weil er das bisher bewährte Verfahren mit dem Instrument der Mindestlohnkommission ad absurdum führt.“ Die Politik verliere so auch Glaubwürdigkeit, habe sie doch allen Tarifparteien bei Einführung des gesetzlichen Mindestlohnsystems versichert, dass sie sich aus der Festlegung heraushalten würde. Skeptisch blickt Freiberg daher auf die nächsten Wahlen: „Stellt sich dann wieder eine Partei hin und fordert einen höheren Mindestlohn, 15 oder 16 oder 17 Euro…?“ Politik könne begrenzte Wertschöpfung von Unternehmen nicht einfach ausblenden, erst recht in einer pandemiebedingten Krisenzeit. „Wir vermissen hier auf Bundesebene das Vertrauen der Politik in unsere auch tarifpolitische Arbeit“, so Freiberg. „Schließlich sind wir in jedem Einzelfall ohnehin auf zufriedene Mitarbeiter angewiesen, erst recht angesichts des weit verbreiteten Fachkräftemangels.“

Zudem verweist Freiberg insbesondere auf die Baubereiche des Handwerks, „wo wir ohnehin Tariflöhne von 20 Euro und mehr zahlen. Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass der gesetzliche Mindestlohn hier ohne Auswirkungen bleibt.“ Wie sich gerade beim Bau zeige, müssten sich die Arbeitgeber fragen, ob es sich dann noch lohnt, einen eigenen Mindestlohn zu vereinbaren. „Wir sehen mit Sorge, dass es gut in das Argumentationsschema der Gewerkschaften passt, den ursprünglichen Lohnabstand zum Mindestlohn durch entsprechende Aufschläge in ihre Forderungen bei Lohnanpassungen einzupreisen“. Das würde vielfach die Flucht aus den Tarifverträgen noch beschleunigen – und damit hätte die Politik allen Tarifpartnern einen Bärendienst erwiesen. Anpassungen in weiteren Branchen seien ohne Frage erforderlich, beispielsweise bei den Friseuren, aber insbesondere in diesem kritischen Bereich hänge das davon ab, ob der Kunde bereit sei, einen deutlich höheren Preis für einen Haarschnitt zu zahlen. „Der Staat verteuert damit den Friseurbesuch, und zwar für alle, also auch für all jene, die selbst den Euro zwei Mal umdrehen müssen.“ Den Mindestlohn auf einen Schlag um mehr als zwei Euro zu erhöhen, sei realitätsfern und verliere das Lohnabstandsgebot aus dem Blick.

Freiberg abschließend: „Wir hoffen auf eine gerichtliche Prüfung dieser unserer Meinung nach unzulässigen Regelung. Und wir fordern das klare politische Bekenntnis, sich zukünftig aus der Lohnfindung herauszuhalten. Denn die Politik sollte sich besser der Kernfrage zuwenden, wie die Tarifbindung gestärkt werden kann, statt die Tarifflucht zu begünstigen.“

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