1404 Erfahrungen mit Covid-19

Am 27. Januar 2020 war Patient 1 in Deutschland positiv auf das neuartige Virus Sars-Cov-2 getestet worden. Im Februar kam der erste Patient, 51 Jahre alt, mit Symptomen ins Klinikum Darmstadt. Er blieb 55 Tage auf Station. Im darauffolgenden Monat März wurden bereits 25 Covid-19-Patient*innen aufgenommen – im Durchschnitt waren diese 67 Jahre alt; im April kamen 43 Neuaufnahmen dazu. 13,8 Tage lagen sie im Mittel im Krankenhaus.

Das sind die nüchternen Zahlen, mit denen die Pandemie im Klinikum Darmstadt 2020 begann.

Inzwischen haben die Spezialist*innen des Klinikums Darmstadt in den zwei Kalenderjahren insgesamt 1404 Corona-Patient*innen behandelt – darunter 341 kritisch kranke Intensivpatient*innen.

Im Rückblick ist Vieles in den zwei Jahren Pandemie Routine geworden; aber jede der mittlerweile fünf Wellen hatte so seine Eigenarten.

Zwei Paar Handschuhe, Kittel, FFP 2- oder 3-Maske/Mund-Nasen-Schutz, Visier – bevor Ärzt*innen und Pflegekräfte überhaupt in die seit zwei Jahren abgetrennten Bereiche oder in die Zimmer reinkönnen, fängt die Arbeit an. Mittlerweile, so sagt Dr. Cihan Celik, Sektionsleiter Pneumologie und zuständig für die Corona-Isolierstationen im Klinikum Darmstadt, ist das absolute Routine; darüber denke man gar nicht mehr nach. Als sogar selbst Betroffener von Covid-19 – er war im September 2020 schwer an Corona erkrankt und lag mehrere Tage bei den Kollegen*innen der Anästhesiologie auf der Intensivstation – wurde Dr. Celik mit der Pandemie zum Medienstar und vielgefragten Experten und Talkshowgast bundesweit.

„Wir haben in diesen vergangenen zwei Jahren sehr viel gelernt. Zunächst über das Virus und das Krankheitsbild, aber auch wie wir in den verschiedenen Krankheitsphasen zielgerichtet behandeln. Dabei gab es nie einen Stillstand, denn positive Effekte der Impfkampagne, neue Varianten und immer ausgefeiltere Behandlungsmöglichkeiten müssen immer wieder aufs Neue berücksichtig werden und verändern die Situation auf den Stationen. Wir sind mittlerweile sehr flexibel und haben vor allem gelernt, innerhalb kürzester Zeit alle Hebel in Bewegung zu setzen, um alle Patient*innen gut versorgen zu können. Auch wenn es uns viel Kraft kostet“, betont Dr. Cihan Celik, der im März 2022 erneut – diesmal leicht – an Corona erkrankt ist.

Besonders herausfordernd war für alle im Krankenhaus die zweite Welle: 229 Covid-19-Patient*innen hat das Team von Dr. Celik allein im Dezember 2020 neu auf den damals drei Corona-Isolierstationen aufgenommen – Rekordzahl eines Monats in den Pandemiejahren. Im Januar 2021 ist die Zahl dann schon etwas abgeflacht auf 140. Ein Jahr später im Januar 2022 lag sie wiederum bei 131, dem Beginn der fünften Welle – doch diesmal ist bei einem Großteil der Patient*innen Corona (nur) eine Nebendiagnose, das unterscheidet diese Welle von den vorangegangenen.

Der Großteil aller Corona-Patient*innen, schlug und schlägt zuerst in der Zentralen Notaufnahme auf – dem Einfallstor Erkrankter ins Krankenhaus. Direktorin Dr. Sabine Jobmann hat mir Ihren Teams in der Notaufnahme einen Verdachtsbereich geschaffen und diesen in der Größe immer wieder den Gegebenheiten angepasst. Dort werden alle jene Verdachtspatient*innen zunächst aufgenommen und behandelt, bis das Ergebnis des Schnelltests bzw. des PCR-Abstrichs da ist. Erst dann können sie sicher in die geeignete Aufnahmestation weitergeleitet werden.

Hoffnung und Sicherheit im ersten Winter

Die schlimmste Welle im Winter 2020/21 brachte zugleich eine neue Hoffnung und Sicherheit für die Mitarbeitenden: die Corona-Impfung. Ende Dezember konnte das Team um die Betriebsärztin Dr. Catherine Golisch die ersten Mitarbeitenden aus Pflege und Ärzteschaft in den eigenen Räumen impfen. Bis heute wurden 4400 Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen hausintern durchgeführt. Im März und auch im April sind weitere Impfungen geplant (inkl. Novavax und 2. Auffrischimpfung).

Schon im März 2020 war die Corona-Pandemie auf der anästhesiologischen Intensivstation unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Welte angekommen, die fortan zur Corona-Intensivstation des Hauses bestimmt war. Die ersten 9 Corona-Intensivpatient*innen lagen im Mittel 23 Tage. Schnell hat der eine Bereich der Intensivstation nicht mehr ausgereicht. Auch die Intensivstation war besonders frequentiert im ersten Corona-Winter: 36 Intensivpatient*innen wurden von dem interdisziplinären Team im November betreut und behandelt, im Dezember waren es sogar 54. Insgesamt wurden auf den Stationen 18A und B 341 Menschen wegen kritischer Verlaufsformen von Covid-19 intensivmedizinisch behandelt und gepflegt; im ersten Pandemiejahr 155 Covid-19-Patient*innen, im zweiten Jahr 186.

Zwei Drittel der Covid-19-Intensivpatienten*innen haben ihre schwere Erkrankung überlebt, einem knappen Drittel konnte trotz aller medizinischen und pflegerischen Bemühungen nicht mehr geholfen – eine hohe Sterblichkeit, wie sie aber vom Akuten Lungenversagen (ARDS) und septischen Schock durchaus bekannt ist. Besonders belastend war für Angehörige aber auch das Behandlungsteam, dass viele Patienten*innen pandemiebedingt ohne die Möglichkeit eines Abschieds verstarben.

26 Menschen mittels ECMO-Therapie behandelt

Allen Patient*innen musste zusätzlich Sauerstoff zugeführt werden, alle brauchten eine Form der nicht-invasiven Atemunterstützung (Hoch-Fluss-Sauerstofftherapie [HFOT] oder nichtinvasive Beatmung [NIV]), über 281 mussten invasiv beatmet werden. Bei 26 Menschen reichte auch das nicht aus, sie wurden mittels ECMO-Therapie behandelt – der extrakorporalen Membranoxygenierung, „der künstlichen Lunge“. Das geschieht in Fällen, in denen die Lunge selbst nicht mehr in der Lage ist, den zugeführten Sauerstoff in ausreichender Menge ins Blut abzugeben. Das Blut wird dann außerhalb des Körpers in einem sog. Oxygenator mit Sauerstoff angereichert und in den Körper zurück gepumpt. Dieses hoch invasive Verfahren ist selbst nicht ohne Risiko, aber 9 der Patienten*innen haben auf diese Weise die lebensbedrohliche Erkrankung überlebt. 

Am längsten wurde ein Patient 47 Tage lang mit Hilfe der ECMO-Therapie behandelt. Die längsten Beatmungsdauern lagen bei 70 bzw. 64 Tagen. Ein 51 Jahre alter Mann konnte nach 56 Beatmungstagen entlassen werden.

„Wir haben kaum zuvor so viele schwer kranke Patienten*innen mit nur einem einzigen Krankheitsbild gleichzeitig behandelt: dem akuten Lungenversagen, ARDS, infolge der Lungenentzündung ausgelöst durch die SARS-CoV-2-Infektion! Wir haben sehr schnell gelernt, dass es bei den kritisch Kranken, die auf die Intensivstation kommen, sehr rasch, d.h. innerhalb von Stunden, zu einer dramatischen Verschlechterung der Lungenfunktion kommt. Das haben wir vor allem gesehen, wenn Risikofaktoren vorhanden waren, allen voran höheres Alter, kardiovaskuläre und pulmonale Begleiterkrankungen, aber auch Übergewicht und ganz dramatisch in den letzten beiden Wellen: nicht geimpft zu sein! Relativ schnell wurde uns auch klar, dass diese Erkrankung keine kurzzeitige Episode bleiben würde, sondern dass wir sozusagen im März 2020 am Beginn eines Marathons standen“, berichtet Klinikdirektor Prof. Dr. Martin Welte. Und erzählt weiter: „Die wirklich kräftezehrenden Anstrengungen des ganzen Teams wurden aber auch immer wieder belohnt, wenn schwer Kranke nach langer Beatmung oder gar ECMO-Therapie sich dann doch stabilisierten, wieder selbst atmen konnten, von der Station entlassen wurden oder uns gar nach Krankenhausentlassung besuchten.“ Er erinnert sich an einen Patienten der ersten Welle, der wochenlang beatmet wurde, ein Nierenersatzverfahren brauchte, der etliche Episoden eines septischen Schock überstanden hatte, und der schließlich doch entlassen wurde: „Zu Weihnachten schickte uns seine Enkelin ein Fotoalbum, in dem er zu sehen war, wie er auf seinem Moped am Strand des Mittelmeers entlang fuhr“.

Der Blick in die Statistiken des Medizincontrollings, das die Abrechnungsdaten für diesen Rückblick ausgewertet hat, zeigt auf, dass sich der Altersdurchschnitt der Corona-Patient*innen in den fünf Wellen verändert hat. In der dritten Welle (ab Februar 2021) waren auch viele junge Menschen zwischen 20 und 39 Jahren betroffen (107); in der zweiten Welle (ab Oktober 2020) besonders viele Menschen zwischen 60 und 79 Jahren (261) und ab 80 Jahren (194). Die ältesten Patient*innen waren in den Wellen zwischen 93 und 99 Jahren alt. Mit 95 Jahren hat die älteste Patientin die erste Welle überlebt, ebenso die ältesten Patient*innen der 3. und 4. Welle haben überlebt; die der zweiten Welle ist mit 98 Jahren verstorben.

Zu den Erfahrungen der letzten beiden Jahre gehören auch Entbindungen von Corona-positiven Müttern dazu. 37 Geburten unter erschwerten hygienischen Bedingungen hat das Team der Geburtsklinik gestemmt. Weitere 17 alleine im Januar 2022 zu Beginn der mittlerweile fünften Welle.

Vom Mangel bis zur Logistikherausforderung

In den Anfangszeiten war alles knapp: Schutzmaterialien wie Masken, Visiere aber auch die Lösungen zur Händehygiene. Laut Dr. Marcel Fiegen hat die hauseigene Apotheke 3000 L Desinfektionsmittel selbst hergestellt und verteilt. In zwei Jahren hat der Zentraleinkauf – so erzählt es deren Leiterin Sonja Oppitz – knapp 500.000 Schutzkittel, mehr als 300.000 OP-Hauben, 470.000 FFP-2-Masken und mehr 33 Millionen Untersuchungshandschuhe eingekauft und ausgegeben.

Zu Pandemie-Hochzeiten hat das Klinikum als koordinierendes Haus für Südhessen, als das es vom Hessischen Sozialministerium auserkoren wurde, dazu auch als Warenumschlagsort fungiert. Vor der Pandemie hatte eine Lagerfläche von 500 Quadratmeter ausgereicht, „aufgrund der Veränderungen hinsichtlich des Bestell- und Vorhalteprozesses haben wir nun fortwährend eine zu bewirtschaftende Fläche von 1500 qm. Die Räume bieten jetzt 650 Paletten Platz, zuvor nur für 152“, so Oppitz weiter.

Neben den Mengensteigerungen kamen die Kostensprünge dazu. Vor der Pandemie kostete ein Schutzkittel weniger als 50 Cent. Im Juli 2020 jeder Kittel 2.75 Euro. Der Preissprung pro Handschuhpaar Größe S wuchs von 0,03 Cent auf 12 Cent im Sommer 2021.

Der größte Teil der im Klinikum Darmstadt behandelten Covid-19-Patient*innen kam aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg (619), gefolgt von Darmstädter*innen (488) und Menschen aus anderen Landkreisen und Städten, 12 Patient*innen aus dem Ausland wurden im koordinierenden Krankenhaus des Versorgungsgebietes 6, Südhessen, behandelt.

Ständig neue Herausforderungen gemeistert

Die letzten beiden Jahre waren nicht nur durch Covid-19-Patient*innen geprägt. Das ganze Haus und die 3.350 Mitarbeitenden in allen Berufsgruppen waren von vielfältigen Begleiterscheinungen beeinflusst. Fortlaufend mussten neue Testkonzepte aufgestellt und nachgehalten werden. Das Labor musste seine Test- und PCR-Strecken immer wieder neu aufsetzen. Die Dialyse, das Herzkatheterlabor, die Endoskopie, die Radiologie, der Zentral-OP – alle Bereiche mussten gewährleisten, auch Infizierte zu untersuchen und zu behandeln. Tangiert waren auch alle durch die Besuchsverbote für Angehörige, die zu Einsamkeit von Patient*innen und viel Kommunikation der Mitarbeitenden führte. Durch neue Wegeleitungen und Einlasskontrollen und Sicherheitschecks am Haupteingang. Durch immer wieder neue Regelungen und Verordnungen des Landes Hessen. Durch die stetigen Abstimmungen mit dem Krisenstab der Stadt Darmstadt und intern in der Corona-Krankenhausleitung. Durch die zusätzliche doppelte Verantwortung, die das Klinikum Darmstadt als einziger Maximalversorger in Südhessen nicht nur für die Versorgung von Non-Covid-Patient*innen hatte, sondern eben auch als koordinierendes Krankenhaus für weitere 15 Krankenhäuser auf sich genommen hat.

Patient*innen bestmöglich gesteuert

Die Geschäftsführer der Klinikum Darmstadt ziehen das Fazit: Das gute Zusammenspiel und die funktionierenden Abstimmungen über die Häuser hat dazu geführt, dass die Patient*innen über die verschiedenen Versorgungsstufen und Spezialisierungen der Krankenhäuser bestmöglich gesteuert und versorgt werden konnten – auch in der Pandemie-Hochphase im Winter 2020. Gestärkt durch die Teams, die immer wieder über sich hinausgewachsen sind, eingesprungen sind, sich selbst zurückgenommen haben, um für das Team und die Patient*innen da zu sein, konnte das Klinikum Darmstadt Triage-Situationen vermeiden und alle Notfälle und dringliche Patient*innen versorgen.

„Mit den bevorstehenden Herausforderungen und vielfältigen medizinischen, logistischen und personellen Fragestellungen haben wir uns in der Geschäftsführung schnell zu Beginn der Pandemie dazu entschlossen, den Krankenhauseinsatzplan, hier das Kapitel 6 Gefährdung durch biologische Stoffe/Infektionen zu aktivieren und zu modifizieren. Hierdurch konnten die vielfältigen zu bewältigenden Aufgaben in dafür vorgesehen Strukturen gegeben und klare Zuständigkeiten und Kommunikationswege geschaffen werden. Die Krankenhausleitung wurde um Expert*innen aus dem Klinikum erweitert; in der Anfangsphase wurde täglich getagt, um die neuen Erkenntnisse zu Beginn der Pandemie unmittelbar in die Umsetzung geben zu können“, berichtet der medizinische Geschäftsführer Prof. Dr. Nawid Khaladj.

„Durch die Einberufung des Planungsstabes Covid-19 durch Staatsminister Kai Klose und die Ernennung des Klinikum Darmstadt zum koordinierenden Level-1 Krankenhaus für das Versorgungsgebiet 6 kamen vielfältige Aufgaben hinzu, von der Steuerung von Patient*innen in und zwischen den Versorgungsgebieten bis hin zu logistischen Fragestellungen“, ergänzt Geschäftsführer Clemens Maurer. „Wir sind stolz auf das, was unsere Mitarbeitenden in den letzten 24 Monaten geleistet haben. Die Balance in der Versorgung zwischen Non-Covid- und Covid-Patient*innen war die größte Herausforderung – da wir als Klinikum der höchsten Versorgungsstufe ja auch für alle Notfälle und dringlichen Krankheitsbilder immer Kapazitäten vorhalten mussten.“

Sechs Interviews

Corona ist für mich….Vier Fragen an die Leitungen der Corona-Isolier- und Intensivstationen

Prof. Dr. Martin Welte, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin

Was war Ihre größte Herausforderung?
Prof. Dr. Martin Welte: Angesichts der hohen Belastung, auch der persönlichen Ängste, der zunehmenden Erschöpfung und auch des offensichtlichen Mangels an Fachkräften dem pflegerisch-ärztlichen Team immer wieder den Rücken zu stärken, es zusammen zu halten, das war eine große Herausforderung. Dass uns das gelungen ist, war eine große Leistung und ich bin dem gesamten Team zu Dankbarkeit verpflichtet. Für mich ganz persönlich gilt: In den letzten Jahren einer langen Berufslaufbahn noch mal auf eine völlig neue Erkrankung zu treffen, das war Herausforderung aber auch Motivation!

Was hat sich geändert zwischen Patient 1 und heute?
Prof. Dr. Martin Welte: Die intensivmedizinischen Strukturen unserer Klinik haben sich grundsätzlich auch in der Corona-Pandemie bewährt, wir konnten darauf aufbauen und sie weiterentwickeln. Fachlich haben wir viel dazu gelernt und unser Methodenspektrum erweitert. Als interprofessionelles Team aus Pflegenden und Ärzten*innen sind wir reifer geworden, geschlossener.

Wie schaffen Sie es weiter motiviert zu sein und die Motivation fürs Team zu halten?
Prof. Dr. Martin Welte: Der Zusammenhalt und die professionelle Haltung im ärztlich-pflegerischen Team, das ist schon sehr motivierend.

Corona ist für mich……
Prof. Dr. Martin Welte: … eine unvorhergesehene medizinische und gesellschaftliche Herausforderung, welche die ganze Welt gleichzeitig betrifft, die wir hier gut gemeistert haben, die wir aber nur durch weltweite Bemühungen werden eindämmen können.

Dr. Cihan Celik, Sektionsleiter Pneumologie, Medizinische Klinik II

Was war Ihre größte Herausforderung?
Dr. Cihan Celik: Innerhalb kürzester Zeit und ohne viele Informationen die beste medizinische Versorgung von Covid-Patient*innen zu gewährleisten und ein Sicherheitskonzept zu finden, das unsere Mitarbeitenden nicht gefährdet. Gerade zu Beginn der Pandemie wussten wir nicht viel und mussten trotzdem an vorderster Front unser Bestes geben.

Was hat sich geändert zwischen Patient 1 und heute?
Dr. Cihan Celik: Unsere Therapiekonzepte sind mittlerweile viel ausgefeilter, komplexer und zielgerichteter. In jeder Krankheitsphase unterscheidet sich die Therapie deutlich von der Anfangsphase, als wir nur Sauerstoffversorgung sicherstellen konnten und Komplikationen der Viruserkrankung behandeln konnten.

Wie schaffen Sie es weiter motiviert zu sein und die Motivation fürs Team zu halten?
Dr. Cihan Celik: Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem weitgehendem Regulärbetrieb existiert noch. Natürlich wird diese Erkrankung uns noch weiter begleiten, aber hoffentlich bald in einem Maß, das uns nicht überlastet. Wir leisten hier wertvolle Arbeit, das ist Motivation für unser Team.

Corona ist für mich……Dr. Cihan Celik:
Zweifellos in jedem Aspekt die größte Herausforderung meines Lebens. Privat und beruflich.

Michael Naab, Stationsleiter Intensivstation

Was war Ihre größte Herausforderung?
Michael Naab: Die Schnelligkeit mit der aus vereinzelten Fällen eine Pandemie mit einer Vielzahl von Patienten entstand. Und die daraus resultierende Notwendigkeit mehr Personal zu finden, was vor allem durch die gute Zusammenarbeit mit der PDL und der Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen gelang. So konnte Verhindert werden, dass wir 12-Stunden-Schichten für das Intensivpflegepersonal planen mussten.

Was hat sich geändert zwischen Patient 1 und heute?
Michael Naab: Aus einer großen Unsicherheit was Pflege und Therapie betraf, wurde durch große Erfahrung Routine. Die Krankheitsverläufe auf Intensivstation sind bedauerlicherweise nicht leichter geworden, daher ist die Pflege dieser Patienten und die Betreuung ihrer Angehörigen weiterhin eine große Herausforderung und fordert weiterhin große physische und psychische Anstrengungen.

Wie schaffen Sie es weiter motiviert zu sein und die Motivation fürs Team zu halten?
Michael Naab: Ich bin stolz auf mein Team, wie wir gemeinsam die Herausforderungen und die enorme Arbeitsbelastung angenommen und bewältigt haben. Und wie wir zusammen weiter motiviert sowie engagiert daran arbeiten immer besser zu werden. Dieses Gefühl versuche ich zu vermitteln.

Corona ist für mich……
Michael Naab: …wie eine Lupe. Die Pandemie hat die Schwächen und Stärken im Gesundheitswesen, aber auch (wenn nicht sogar vor allem) in unserer Gesellschaft zum Vorschein gebracht.

Edith Peschel, Stationsleiterin 6K

Was war Ihre größte Herausforderung?
Edith Peschel, Stationsleiterin 6K: Das waren der Dezember 2020 und der Januar 2021. Damals hatten wir die höchste Anzahl von Covid-19-Patient*innen auf unserer Station. Alle 28 Betten waren belegt. Zugleich hatten wir einen hohen Krankenstand und viele Mitarbeitende aus dem Team in Quarantäne. Das heißt, wir mussten neues und unerfahrenes Personal schnell einarbeiten. Das war sehr schwierig, verbunden mit den Ängsten und Sorgen, die wir alle hatten.

Was hat sich geändert zwischen Patient 1 und heute?
Edith Peschel: Wir haben die Krankheit besser kennengelernt und mehr Erfahrung gesammelt. Wir haben Sicherheit im Umgang mit Covid gewonnen und die Verläufe sind nicht mehr so schwer und so dramatisch. Dass Patienten innerhalb von zwei drei Stunden einen Sauerstoffbedarf von 8 bis 10 Litern haben, das konnten wir am Anfang kaum glauben. Das gibt es heute nicht mehr.

Wie schaffen Sie es weiter motiviert zu sein und die Motivation fürs Team zu halten?
Edith Peschel: Ich versuche jeden Tag positiv zu beginnen und meinen Mitarbeitenden wertschätzend zu begegnen und sie mit ihren Nöten auch ernst zu nehmen. Das erzeugt ein positives Klima, das uns trägt.

Corona ist für mich……
Edith Peschel: zum Alltag geworden. Das gehört jetzt zu uns, Covid wird bleiben.

Nina Herring, Stationsleitung 6M

Was war Ihre größte Herausforderung?
Nina Herring: Wir haben im Team über die zwei Jahre gesprochen und alle sagten das Gleiche: Das Schwitzen in der Schutzausrüstung, besonders im Sommer. Das Tragen der FFP-2-Masken. Das Einhalten der Maskenzeiten und der Maskenpausen. Die Mitarbeitergewinnung für die Coronastation. Und auch die psychischen Belastungen waren für uns alle im Team schwer: Was passiert mit mir? Werde ich mich anstecken? Wie reagiert die Familie und wie meine Freunde? Was erwartet mich heute auf der Station? Sterben heute Patienten? Sind heute ausreichend Kollegen im Dienst? Schaffen wir das?

Was hat sich geändert zwischen Patient 1 und heute?
Nina Herring: Die akuten Krankheitsverläufe sind heute reduziert. Dafür sind jetzt gehäuft psychisch auffällige Patienten bei uns, was die Pflege und die Medizin wiederum vermehrt belastet. Die Angst vor Ansteckung hat sich reduziert. Wir haben Erfahrungen gesammelt und damit Sicherheit gewonnen. Und wir hinterfragen viel, was uns zusätzliche Sicherheit und Eigenverantwortung gibt.

Wie schaffen Sie es weiter motiviert zu sein und die Motivation fürs Team zu halten?
Nina Herring: Wir möchten und sind füreinander da, für das eigene Team und berufsgruppenübergreifend. Ein Lächeln, ein Fortschritt in der Genesung, positives Feedback… das motiviert. Denn die Pflege ist unser Beruf des Herzens, was uns immer wieder motiviert, täglich zur Arbeit zu gehen. Wir möchten für die Patienten da sein, wir möchten sie unterstützen und sie auf den Weg der Therapie pflegerisch begleiten.

Corona ist für mich……
Nina Herring: Eine Pandemie, mit der ich gelernt habe zu leben. Mittlerweile ist Corona in meinen Alltag integriert.

Gunnar Gölzenleuchter, Stellv. Stationsleitung Intensivstation

Was war Ihre größte Herausforderung?
Gunnar Gölzenleuchter: Selbst im Gleichgewicht zu bleiben, nicht krank zu werden – weder physisch sowie psychisch; die schönen Dinge des Lebens weiterhin wahr zu nehmen.

Was hat sich geändert zwischen Patient 1 und heute?
Gunnar Gölzenleuchter: Mittlerweile bin ich vertraut im Umgang mit Covid-Patienten, es sind keine Ängste mehr vorhanden. Ich würde es als Konfidenz-Boost bezeichnen.

Wie schaffen Sie es weiter motiviert zu sein und die Motivation fürs Team zu halten?
Gunnar Gölzenleuchter: Ein gewisser Stolz ist im Team vorhanden, das ist motivierend.  Aber es ist auch ein Auf und Ab und immer wieder herausfordernd.

Corona ist für mich……
Gunnar Gölzenleuchter: Nichts ist sicher und stabil in unserem Leben. Dinge können immer passieren mit denen keiner bisher gerechnet hat…

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