„Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine stellt eine geopolitische Zäsur dar.“ So heißt es in einer heute veröffentlichten Erklärung des ZdK-Präsidiums. Es beschloss den von den Ständigen Arbeitskreisen „Nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung“ und „Europäische Zusammenarbeit und Migration“ erarbeiteten Text einstimmig.
Das Zusammentreffen von Pandemieerfahrung, Krieg in Europa und Klimakatastrophe müsse Bestärkung sein, die notwendigen grundlegenden Veränderungen voranzutreiben. „Gerade jetzt müssen wir aus unserem Glauben heraus ein Zeichen des Mutes gegen Resignation und Verzagtheit setzen“, heißt es in der Erklärung. Im Kontext von Krieg, Klimakrise und eskalierenden Konflikten um fossile Energieträger und die Nahrungsmittelversorgung bedeute dies, „Kirchenland ökologisch zu bewirtschaften, kirchliche Gebäude mit energieeffizienten und erneuerbaren Heizungssystemen auszustatten, Mobilität konsequent klimafreundlich auszurichten, in die Erzeugung von erneuerbaren Energien einzusteigen und diese massiv auszubauen.“
Der russische Angriffskrieg habe deutlich gemacht, dass weder die diplomatischen Instrumente noch die angepassten militärischen Konzepte der NATO dieses Völkerunrecht verhindert hätten. „Es muss nach Wegen gesucht werden, das Friedensprojekt Europa zu erhalten und seiner Verantwortung für die Welt gerecht zu werden.“
Aus Sicht des ZdK bedeute dies, dass es „keine einseitige Fokussierung auf die militärische oder die diplomatische Seite geben“ dürfe. „Das angekündigte Sondervermögen für die Ausrüstung der Bundeswehr und die Einhaltung des zugesagten Zwei-Prozent-Ziels der NATO sind eine Seite der Medaille. Die andere Seite – Investitionen in Diplomatie und internationale Zusammenarbeit – darf deswegen nicht missachtet werden.“ Es sei darauf zu achten, „den entwicklungspolitischen Etat gemäß dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung an die Verteidigungsausgaben zu koppeln und nicht, wie im aktuellen Regierungsentwurf vorgesehen, um über 12 Prozent zu kürzen.“ Darüber hinaus seien auch die aktuell vorgesehenen Kürzungen bei der humanitären Hilfe dringend zu korrigieren „und gleichzeitig längerfristige Formen der zivilen Krisenprävention zu stärken“.
Der Arbeitskreis „Nachhaltige Entwicklung und globale Verantwortung“ unter Leitung seiner Sprecherin Annegret Kramp-Karrenbauer legt den Fokus auch auf die weltweite Nahrungsproduktion und -verteilung. „In den letzten dreißig Jahren hat sich der globale Warenstrom fast verfünffacht“, heißt es in der Erklärung. „Die Nahrungs- und Futtermittelproduktion ist globalisiert. Die militärische Aggression gegen die Ukraine hat daher auch Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit der ganzen Welt.“ Bereits wenige Tage nach Kriegsausbruch seien beispielsweise in Tunesien, in Ägypten, im Libanon oder in Kenia die Preise für Mehl und Speiseöl nach oben geschnellt, da diese wie viele andere Länder den Großteil ihres Bedarfs an Weizen und Sonnenblumenöl aus der Ukraine und aus Russland deckten. In Somalia sowie in Äthiopien herrsche nach erneuter extremer Dürre eine Hungersnot, jetzt noch einmal verschärft durch die ausbleibenden Düngerimporte aus der Ukraine und Russland. Um die Preissteigerungen für Länder des Globalen Südens abzufedern, brauche es kurzfristig eine Erhöhung der Mittel für das Welternährungsprogramm.
Angesichts der russischen Invasion müssten sich Deutschland und Europa auf ein russisches Gasembargo vorbereiten und ein klares Signal setzen, sich von russischen Gas- und Ölimporten unabhängiger zu machen. Dazu sollten russische Energieimporte verstärkt besteuert werden und die Einnahmen in einen Treuhandfonds für den notwendigen Wiederaufbau der Ukraine fließen. „Gleichzeitig müssen wir weiter an einer effektiven europäischen klimapolitischen Architektur mit der CO2-Bepreisung als Kernelement festhalten und arbeiten.“
Das Präsidium ist überzeugt, dass der Verzicht auf russische Energieimporte und die CO2-Bepreisung zwangsläufig zu höheren Energiepreisen führen: „Das birgt gesellschaftliche Sprengkraft, die durch sozialpolitische Reformen abzufedern ist. Eine Möglichkeit stellt dabei ein verbrauchsunabhängiges Energiegeld dar, das zusammen mit dem geplanten Klimageld eingeführt werden kann, um die sozialen Auswirkungen abzufedern.“
Bereits jetzt habe der Krieg in der Ukraine über 10 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Marie von Manteuffel, Sprecherin des Arbeitskreises „Europäische Zusammenarbeit und Migration“, sagt: „Mindestens vier Millionen Menschen haben das Land verlassen, etwa die Hälfte von ihnen fand in Polen Aufnahme. Die Anwendung der Schutzgewährungsrichtlinie 2001/55/EG auf ukrainische Geflüchtete und das damit einhergehende beschleunigte Aufnahmeverfahren sowie der sofortige Zugang zum Arbeitsmarkt sind ausdrücklich zu begrüßen.“ Diese Rechte seien auch Drittstaatsangehörigen diskriminierungsfrei zu gewähren, die sich in der Ukraine aufgehalten hätten und genauso vor dem Krieg hätten fliehen müssen.
Die vollständige Erklärung finden Sie hier.
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