Stavanger Maritime Museum: Hafen als lebendiges Bild der Geschichte

Im Hafen der norwegischen Stadt Stavanger eröffnet am 13. Mai die neue Dauerausstellung „Homeport Stavanger“, gestaltet von ATELIER BRÜCKNER. Sie befindet sich in historischen Speichergebäuden, die noch bis Ende des 20. Jahrhunderts direkt von Handels-Schiffen angefahren wurden. Seit 1988 ist hier das Stavanger Maritime Museum untergebracht ­– ein idealer Ort für alle Themen rund um die Geschichte von Schifffahrt, Schiffsbau und Handel.

ATELIER BRÜCKNER hat die Ausstellung als zweiteilige Inszenierung konzipiert, deren Struktur und Gestaltung in Referenz zur architektonischen Bausubstanz stehen. Inhaltlich geht es um die Fragen „What is a Harbour?“ und „Who is a Harbour“. Massive Holzbalkendecken und Dielenböden prägen die Ausstellungsräume. Die strenge, schlanke Ausstellungsmöblierung basiert auf anthrazitgrauen Stahlrahmen; sie setzt sich davon ab.

Besucher betreten zunächst den Ausstellungsraum „What is a Harbour?“ im Erdgeschoss des ersten Speicherhauses. Ein lebendiger Eindruck des Hafens von Stavanger entsteht über großformatige Bilder, Fotografien und Illustrationen. An der rechten Längswand wird der Hafen vorgestellt: Es geht um den „Heimat Hafen“, den Hafen als Handelszentrum und globalen Umschlagplatz, um Maritime Industrie mit ihren Redereien und um den Hafen als Arbeitgeber. Thematisch zugeordnete Exponat-Tische laden die Besuchenden zum Ausprobieren und Anfassen ein: Seemannsknoten lassen sich hier knüpfen und Textilmuster, als ein Beispiel der zahlreichen Handelsgüter, liegen aus.

Dem Hafen gegenüber liegt das Meer; im Ausstellungsraum abgetrennt durch historische Stützbalken. Ein Leuchtbild des Gemäldes Mot Strømsteinen („View to Strømsteinen“) aus dem Jahr 1869, aufgezogen über acht Meter Länge, bildet das Hintergrundmotiv für 16 Schiffe, die hier in See zu stechen scheinen. Die Flotte besteht aus detailgetreuen Schiffsmodellen. Sie spiegeln die Vielfalt an Schiffen wider, die in den vergangenen 200 Jahren in Stavanger anlandeten und aus den hiesigen Redereien stammen.

Direkte Verbindung zum Außenraum bringt eine Kanone. Sie steht in der Fensteröffnung des Raumes, der gleich einem Schaukasten ausformuliert ist. Passanten am viel besuchten Kai können diesen Teaser auf das Museum jederzeit einsehen.

Der zweite Raum „Who is the Harbour“ ist – im Gegensatz zum ersten Raum ­–­ chronologisch aufgebaut und erzählt die Geschichte des Hafens aus der Perspektive einzelner Protagonisten. Fünf Themeninseln beleuchten jeweils einen relevanten Zeitraum anhand persönlicher Geschichten und Exponate. Die Replik eines handgeschriebenen Briefes von Elise Eskildsdatter ist beispielsweise der Aufhänger des Mittelalter-Kapitels. Elise lebte im 15. Jahrhundert und war als Piratin bekannt. Den Brief richtete sie im Jahr 1455 an den König, den Hanse-Rat in Lübeck und den Papst in Rom, um eine Entschädigung für den Tod ihres Mannes und ihres Sohnes zu fordern. Die Schiffsbauer „Hans und Henrica“, der schiffsbrüchige „Thomas“, der es zurück nach Stavanger schaffte, und die Funkerin Frida bieten weitere Geschichten, über die die Ausstellungsbesucher in verschiedene Epochen eintauchen. Frida war eine der ersten weiblichen Funkerinnen. Ihre Uniform ist, gemeinsam mit entsprechenden Fotografien, ausgestellt. Die Station „You“ erzählt schließlich die aktuelle Geschichte des Hafens. Die Besuchenden, Touristen wie Einheimische, werden zu Protagonisten des Kapitels. Sie sehen sich selbst in einem Spiegel.

Einen Überblick über die historischen Zeiten bietet ein Medientisch in der Raummitte. Karten, Fotografien und Schriftstücken lassen sich, sortiert nach Themen und Kategorien, digital ansteuern. Zeitgleich werden sie auf die dahinterliegende Wand projiziert. Sie treten – aus der Vergangenheit in den aktuellen Raum – für den sie grundlegend sind. Die Ausstellung selbst schließt mit einem Augenzwinkern: Was wissen Sie über Seeleute aus der Geschichte und aus Legenden? Auf der einen Seite eines Drehpaneels stehen die Fragen, auf den Rückseiten werden sie mittels Text und Illustrationen aufgelöst.

ATELIER BRÜCKNER zählt zu den weltweit führenden Ausstellungsdesignern. Das vor 25 Jahren, 1997 gegründete Büro mit Sitz in Stuttgart und Seoul wird von Shirin Brückner, Prof. Eberhard Schlag, Britta Nagel und René Walkenhorst geleitet. 120 Mitarbeiter_innen tragen zur Entwicklung narrativer Räume für Museen, Marken- und Besucherzentren bei. Der Fokus liegt auf der Vermittlung von Inhalten, emotional als nachhaltiges Erlebnis.

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