„Medizin für Menschen mit Behinderungen ist bisher kein regulärer Bestandteil des Medizinstudiums an deutschen Universitäten. Im Modellstudiengang an der neuen Medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld wird die Thematik erstmals mit Studienbeginn in die Lehre integriert“, erklärt Professorin Sappok. Behindertenmedizin stelle weltweit ein Randgebiet der Medizin dar und stehe wenig im Fokus der universitären Forschung. Dabei sei eine spezialisierte medizinische Ausrichtung hier besonders wichtig: „Menschen mit einer kognitiven oder schweren Mehrfachbehinderung sind häufig krank: Nahezu jeder hat mindestens eine weitere körperliche Erkrankung und etwa jeder Dritte leidet an einer psychischen Krankheit.“
Deshalb wird das Zentrum für Behindertenmedizin im Krankenhaus Mara zu einer Universitätsklinik für Inklusive Medizin weiterentwickelt. Dabei handelt es sich um mehr als ein neues Etikett: „Bisher wurden Menschen mit Behinderungen internistisch und chirurgisch versorgt. Wir wollen zusätzlich ein psychiatrisches Behandlungsangebot etablieren,“ verrät Professorin Sappok. „Ich bin froh und dankbar für die Möglichkeiten, die mit dieser Professur einhergehen“, sagt sie.
Dr. Rainer Norden, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, ist im Vorstand für die Universitätsmedizin zuständig. „Mit dieser W3-Professur entspricht die Medizinische Fakultät voll und ganz dem Konzept, das sie sich von Beginn an gegeben hat. Die Behindertenmedizin gehört zum Forschungsschwerpunkt der Universität und ist gleichzeitig ein traditionelles Arbeitsfeld in Bethel – hier verknüpft sich also die DNA Bethels mit der Lehre und Forschung der Medizinischen Fakultät.“
Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld, übergab die Berufungsurkunde in der Universität Bielefeld. Er hebt hervor: „Auch mit dieser Professur gehen wir neue Wege in der Medizinischen Fakultät OWL: Wir freuen uns auf die innovative Forschung und Lehre gemeinsam mit dem Klinikum im Bereich der Medizin für Menschen mit Behinderungen – ein Thema von hoher medizinischer und gesellschaftlicher Relevanz.“
Professorin Dr. med. Claudia Hornberg, Dekanin der Medizinischen Fakultät OWL: „Wir begegnen den komplexen Anforderungen chronischer Erkrankungen und Behinderungen mit unserem Forschungsprofil an der Fakultät: Wir treiben die Grundlagenforschung in diesem Gebiet, aber vor allem auch die klinische Forschung und Versorgungsforschung voran. Die neue Professur ist ein großer Schritt auf diesem Weg, insbesondere auch, um die Versorgungssituation von Menschen mit Behinderungen mehr in den Blick zu nehmen und langfristig zu verbessern.“
Professorin Tanja Sappok (52) wechselt vom Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH) in Berlin ans Krankenhaus Mara nach Bielefeld-Bethel. Im KEH war die Fachärztin für Neurologie, Nervenheilkunde und Psychiatrie und Psychotherapie Chefärztin des Behandlungszentrums für psychische Gesundheit bei Entwicklungsstörungen. In dieser Funktion richtete sie 2021 als Präsidentin des Europäischen Kongresses zu psychischer Gesundheit bei intellektueller Entwicklungsstörung einen internationalen Wissenschaftskongress mit großer Bedeutung für die Verbesserung der Diagnostik und Behandlung dieser Patientengruppe aus. Als Privatdozentin lehrte die gebürtige Heidelbergerin an der Berliner Charité. Die Mutter von drei erwachsenen Kindern verlegt ihren Lebensmittelpunkt in die Leineweberstadt und schafft zudem wieder etwas mehr räumliche Nähe zu ihrem Mann, der eine Professur für Pathologie in Marburg innehat.
Das Krankenhaus Mara in Bielefeld ist gemeinsam mit seinem Verbundkrankenhaus, dem Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB), Teil des Universitätsklinikums OWL (UK OWL). Schwerpunkte sind die Epileptologie und die Behindertenmedizin. Die Klinik für Epileptologie ist bereits im November 2020 durch die Berufung von Professor Dr. Christian Bien universitär geworden. Weitere Träger des UK OWL sind das Klinikum Bielefeld und das Klinikum Lippe.
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