Mehr als 1.000 Menschen hat das Erdbeben der Stärke 5,9 das Leben gekostet, rund 3.700 weitere wurden verletzt. Wichtige Infrastruktur in den betroffenen Gebieten ist weitreichend beschädigt oder ganz zerstört, darunter 4.500 Häuser, mindestens sieben Schulen sowie Gesundheitseinrichtungen und Wasserversorgungsnetze. Zahlreiche Menschen sind von heute auf morgen obdachlos geworden. Gleichzeitig erschweren die dürftigen Straßenverhältnisse und Schäden an Kommunikationsnetzen in der Region die Durchführung von Rettungsaktionen und Hilfslieferungen.
Dramatische Gesamtlage
Die Katastrophe trifft ein Land, in dem die große Mehrheit der Menschen ohnehin nicht mehr weiß, wie sie sich ernähren soll. „Das Beben verschärft in Afghanistan die humanitäre Lage, die wegen des Abzugs der westlichen Truppen und der Machtübernahme der Taliban im August letzten Jahres bereits katastrophal war,“ meint Sven Weber, Geschäftsführer von LandsAid. Die Gesamtlage sei dramatisch. Das Land könne die Auswirkungen mit eigenen Kräften kaum bewältigen. Das gelte sowohl für die unmittelbare Katastrophenhilfe als auch für die Versorgung der Menschen, aber noch viel mehr für den Wiederaufbau. Externe Hilfe von verschiedenen Seiten sei daher wichtig und sinnvoll.
„Mit den „Hilfskits“, die durch unseren Projektpartner verteilt werden – sie enthalten unter anderem Weizen, Reis, Linsen, Öl, Zucker, Milchpulver, Suppe, Seife und eine Decke – können die begünstigten Familien sich für rund einen Monat versorgen“, erklärt Weber. In den hügeligen Gebieten Afghanistans blieben die Nächte im Sommer kalt und in etwa einem Monat würde es noch kälter werden, daher seien auch Decken ins Hilfsprogramm aufgenommen worden.
Die Hilfsgüter werden über den Projektpartner in Pakistan eingekauft, im Anschluss direkt in die afghanische Provinz Khost verbracht und dort – gemeinsam mit einem weiteren Partner, der Organisation Afghan Youth Forum, sowie dem UNHCR in Kabul – verteilt, so Weber weiter. Diese Zusammenarbeit sei wichtig – auch, um zu gewährleisten, dass es bei der Verteilung von Sachgütern an die Erdbebenopfer nicht zu doppelten Verteilungen komme.
Hintergrund
Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben in der Region am Hindukusch und den Nachbarländern, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinandertreffen. Am 21. Juni hat ein schweres Erdbeben mit der Stärke 5,9 den Osten Afghanistans heimgesucht. Insgesamt sind 17 Distrikte betroffen – die meisten davon in abgelegenen Berggebieten. Am stärksten betroffen sind die Gebiete Barmal und Giyan (Provinz Paktika) sowie Spera (Provinz Khost). Mindestens 362.000 Menschen in den Provinzen Paktika und Khost benötigen humanitäre Hilfe. In diesen drei Bezirken halten sich 6.400 Menschen im Freien auf, davon allein 3.200 im Bezirk Barmal. Es fehlt den Menschen in den betroffenen Regionen an allem. Extrem wichtig ist nach Angabe der Vereinten Nationen derzeit die Errichtung von Notunterkünften, Nahrungsmittelhilfe sowie die Bereitstellung von Wasser und sanitären Einrichtungen – auch, um die Gefahr, sich mit übertragbaren Krankheiten zu infizieren, zu reduzieren.
Die Naturkatastrophe trifft das Land mit rund 38 Millionen Einwohnern mitten in einer schweren Wirtschaftskrise, die bereits Millionen von Menschen in tiefe Armut gestürzt hat. Mehr als eine Million Kinder sind von schwerer Unterernährung bedroht. Die humanitäre Lage in Afghanistan ist, auch ohne Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überflutungen, fast überall schlimm – nun wird die Lage noch ernster.
Pakistanischen Angaben zufolge waren die Erschütterungen in weiten Teilen des angrenzenden Landes – so auch in der Hauptstadt Islamabad und selbst in Lahore im Osten des Landes – zu spüren. Mancherorts brach Panik aus, über Schäden oder Verletzte in Pakistan war nach ersten Angaben jedoch nichts bekannt.
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