Finanzlöcher in der gesetzlichen Krankenversicherung – Liegt der schwarze Peter tatsächlich bei den Krankenhäusern?

In seiner Pressemitteilung vom 07.07.2022 brüstet sich der GKV-Spitzenverband öffentlich damit, dass es ein Armutszeugnis sei, dass Pfleger*innen in Deutschland dafür streiken müssten, dass die Krankenhäuser genug Pflegepersonal einstellen. Patient*innen ebenso wie Pflegekräfte würden unter der Personalpolitik vieler Krankenhäuser leiden. Dabei werde den Krankenhäusern jede Pflegekraft von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert.

Aussagen, die an der Realität mehr als vorbei gehen.

„Die Krankenkassen selbst sind diejenigen, die eine vollständige Finanzierung der Pflege in unseren Krankenhäusern verhindern. Seit dem Inkrafttreten des Pflegepersonalstärkungsgesetzes im Jahr 2020 sollen die Personalkosten in der Pflege über ein gesondertes Pflegebudget vollständig refinanziert werden. Dabei handelt es sich um eine zugegeben gut klingende Theorie. Bei den konkreten Verhandlungen vor Ort zeigt sich jedoch ein gänzlich anderes Bild: Verhandlungen werden von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen nicht nur stark verzögert und mit einer bisher nicht erlebten Anzahl von Verhandlungsterminen geführt, sondern mancherorts sogar kategorisch blockiert. Aktuell haben weniger als ein Drittel der Krankenhäuser in Deutschland ein Pflegebudget für das Jahr 2020 vereinbaren können. Mangels Einigung für dieses Basis-Jahr stehen auch die Vereinbarungen für die Folgejahre aus. Festzuhalten bleibt, dass unseren Krankenhäusern infolge dieser nicht nachvollziehbaren Verhandlungsstrategien wichtige Liquidität fehlt, welche aus anderen Quellen generiert werden muss.“, so der geschäftsführende Direktor der HKG, Herr Prof. Dr. Steffen Gramminger Die Personalkosten in der Pflege sollten bewusst unabhängig von den Fallpauschalen vergütet werden. Dadurch sollte es zu spürbaren Entlastungen im Alltag der Pflegekräfte durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen erreicht werden, um die Pflege und Betreuung der Patient*innen weiter zu verbessern.

Herr Prof. Dr. Gramminger weiter: „Dieser Grundgedanke wird durch das tatsächliche Agieren seitens der gesetzlichen Krankenversicherungen durch die Hintertür konterkariert. Es wird Krankenhäuser geben, die aufgrund des dadurch noch weiter verstärkten Kostendrucks aufgeben müssen und werden. Die Krankenhäuser leiden bereits massiv unter fehlenden Investitionsmitteln seitens der Länder. Hinzu kommt der durch den Ukraine-Krieg inflationäre Anstieg der Kosten, welche die Krankenhäuser nicht einfach – wie etwa Handel und Industrieunternehmen – durch eine Erhöhung ihrer Produktpreise kompensieren können. Für die Behandlung der Patient*innen erhalten die Krankenhäuser einen festgelegten Betrag. Die Grundlage für die Vergütung der Krankenhausleistungen, der sog. Landesbasisfallwert, vermag auf solche Änderungen nur mit erheblichem zeitlichem Verzug zu reagieren. Parallele Spielchen, wie die verzögerte Verhandlung des Pflegebudgets werden viele Krankenhäuser in die Knie zwingen. Das MUSS aufhören. Wir müssen uns Gedanken über die künftige Gesundheitsversorgung der Bevölkerung machen. Die Regierungskommission tagt. Das Taktieren der gesetzlichen Krankenkassenvertreter ist nicht nachvollziehbar und hat unser Gesundheitssystem bereits fast an die Wand gefahren – auf Kosten unserer Patient*innen und Mitarbeiter*innen.“

Auch die Bundesregierung scheint diese Tatsachen noch immer nicht verstanden zu haben. Das (zweifelsohne) nicht für jedermann zweifelsfrei bestehende 17 Mrd. €-Loch der gesetzlichen Krankenversicherungen („eigene Berechnungen“) kann nicht durch eine Anpassung bei der Pflegefinanzierung, so wie es der aktuelle Referentenentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorsieht, gestopft werden. Ab 2024 soll nunmehr „sonstiges Personal“, darunter sind Beschäftigte zu verstehen, die nicht über eine klassische Pflegeausbildung verfügen, aber mit ihren Kompetenzen seit vielen Jahren einen wichtigen Beitrag zur Patientenversorgung leisten, von der direkten Patientenversorgung, der sog. „Pflege am Bett“ abgezogen werden. Es steht zu befürchten, dass durch das vom GKV-Spitzenverband immer wieder – quasi jeden Abend vorm Zubettgehen – erzählte Märchen der Doppel-Finanzierung dazu führen wird, dass den bundesdeutschen Krankenhäusern rund 1 Mrd. Euro entzogen werden. Denn ob die „Rückführung“ dieser Beträge in den DRG-Bereich wirklich gelingen wird, steht in den Sternen.

„Unsere Krankenhäuser sind durchgehend auf der Suche nach qualifizierter personeller Verstärkung. Medizinische Fachkräfte sind rar gesät und eine sehr wichtige Komponente in der Patientenbehandlung. Ein Inkrafttreten dieses Gesetzesvorhabens hätte zur Konsequenz, dass unsere Krankenhäuser dringend benötigtes Personal entlassen müssen, da diese aus dem Pflegebudget herausfallen und somit künftig nicht mehr finanziert werden. Die noch verbliebenen Pflegekräfte, denen wir zu Recht immer wieder unseren Respekt und Dank aussprechen, werden die daraus resultierende Mehrarbeit auffangen müssen. Die Frage ist nur, wie lange unsere absolut engagierten Pflegekräfte dieses „Spiel“ noch mitspielen werden. Und dies aus gutem Grund, wie die vom GKV-Spitzenverband in seinem Eingangsstatement erwähnten Streiks zur ENTLASTUNG der Pflege zeigen. Wann verstehen die Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherungen endlich, dass eine solch‘ völlig verfehlte Lobbyarbeit uns nicht aus der Misere helfen wird. Wir als Vertreter der hessischen Krankenhäuser betonen immer wieder, dass es einen Wandel im deutschen Gesundheitswesen geben muss. Davor verschließen wir uns nicht. Dafür müssen wir aufhören, uns auf Nebenkriegsschauplätzen zu tummeln und endlich das zentrale Thema angehen: ein intersektorales Zusammenarbeiten, durch das sowohl die Sozialleistungsträger ihre Ziele erreichen und Kosten einsparen könnten, aber auch gerade die medizinische Versorgung der Bevölkerung nachhaltig gesichert wird“, betont Herr Prof. Dr. Gramminger.

Über Hessische Krankenhausgesellschaft e. V

Die Hessische Krankenhausgesellschaft e.V. (HKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in Hessen. Sie ist Interessenvertretung der Krankenhäuser in der gesundheitspolitischen Diskussion, nimmt gesetzlich übertragene Aufgaben im Gesundheitswesen wahr und unterstützt ihre Mitglieder durch individuelle Beratung. Des Weiteren nimmt sie die durch Satzung oder Vertrag übernommenen Aufgaben wahr. Die Hessische Krankenhausgesellschaft unterstützt ihre Mitglieder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und pflegt und fördert den Erfahrungsaustausch der Mitglieder untereinander.

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