In zwölf Rundfunkräten** beaufsichtigen Vertreter*innen der Gesellschaft die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland und sichern deren Unabhängigkeit. Die NdM-Studie geht der Frage nach, ob Rundfunkräte dem Anspruch gerecht werden, der seit Bredow in zahlreichen Gesetzestexten und Gutachten festgehalten worden ist: Als Kontrollgremien der öffentlich-rechtlichen Medien alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland mit einzubeziehen.
Mehr Bauern und Bäuerinnen in Rundfunkräten als eingewanderte Menschen
Insgesamt 542 Rundfunkratsmitglieder werden von verschiedenen Organisationen, Verbänden und von der Politik in die Rundfunkräte entsandt. Doch wer die Rundfunkrät*innen delegieren darf, wird fernab der Öffentlichkeit entschieden. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass Rundfunkräte einen Querschnitt der Gesellschaft abbilden. Die neue Studie belegt: Dieses Ziel wird nicht erfüllt – große Gruppen der Gesellschaft werden ausgeschlossen.
So sind beispielsweise Bauern und Bäuerinnen (weniger als 1 Prozent der Bevölkerung) genauso zahlreich in Rundfunkräten vertreten wie Eingewanderte und ihre Nachkommen (mehr als 27 Prozent der Bevölkerung) und Jäger*innen haben zahlenmäßig mehr Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Repräsentant*innen der anerkannten nationalen Minderheit der Rom*nja und Sinti*zze.
Weitere Ergebnisse
– Queere Menschen sind erst seit 2015 in Rundfunkräten vertreten, sie fehlen bis heute in der Hälfte aller Rundfunkräte
– Menschen mit Behinderung haben nur in sieben der zwölf Rundfunkräte einen festen Sitz – allein in Sachen Barrierefreiheit im TV sollten sie aber überall mitbestimmen können – Paritätsregeln sorgen für durchschnittlich 44 Prozent Frauen* in Rundfunkräten, unter den ersten Vorsitzenden ist aber nur noch ein Drittel weiblich
– Alle Rundfunkräte sind stark überaltert: Auf jede Person unter vierzig Jahren kommen zwei, die älter sind als siebzig
– Staatsnahe Mitglieder (z. B. Regierungsmitglieder, politische Beamt*innen, Landrät*innen) bilden die mit Abstand größte Gruppe in den Rundfunkräten – trotz des gesetzlichen Gebots der Staatsferne
Wie mehr Diversität in Rundfunkräten erreicht werden kann
Die Debatte darüber, wer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kontrolliert – und wer nicht – gehört in die Öffentlichkeit und nicht hinter die verschlossenen Türen von Staatskanzleien. Denn gerechte Repräsentation scheitert in der Regel nicht am Platz im Gremium oder einem Mangel an Möglichkeiten, sondern am fehlenden politischen Willen.
Die Studie liefert Empfehlungen und zeigt, dass in einigen Rundfunkräten bereits Strategien existieren, mit denen sich unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen einbinden lassen. Rundfunkrät*innen selbst liefern in zahlreichen Interviews weitere Ideen und Einblicke in die Praxis, sprechen über mangelnde Sensibilität oder politische Abhängigkeiten.
Die Untersuchung wurde durchgeführt von den Neuen deutschen Medienmacher*innen. An der Veröffentlichung beteiligte Organisationen sind: Leidmedien (Sozialhelden e. V.), Lesben- und Schwulenverband (LSVD), MaLisa Stiftung, ProQuote Medien e. V. und Queer Media Society. Die Neuen deutschen Medienmacher*innen werden freundlich unterstützt von der Google News Initiative.
** Der Rundfunkrat beim Deutschlandradio heißt „Hörfunkrat”, der des ZDF „Fernsehrat”. Wenn hier allgemein von „Rundfunkräten” die Rede ist, sind sie immer mitgemeint.
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