Immobilie aus dem Bestand oder neu gebaut? Welche Preisaufschläge auf Käufer*innen in deutschen Regionen zukommen

Ob die eigene Immobilie eine moderne Neubauwohnung oder ein älteres Objekt wird – das ist auch eine Frage des Geldbeutels. In manchen Regionen Deutschlands rechnet sich im Durchschnitt der Kauf einer Altbauwohnung – auch wenn diese noch aufwändig umgebaut oder energetisch saniert werden muss. In anderen wiederum sind Neubauten die bessere Investition, da sie nur geringfügig teurer als Bestandswohnungen sind. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat die Immobilienangebote in den 401 Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands untersucht und gibt im Postbank Wohnatlas 2022 einen Überblick über die regionalen Preisabstufungen zwischen Eigentumswohnungen im Bestand und Neubauobjekten, die zwischen 2019 und 2021 fertiggestellt wurden.

Insbesondere im Großraum München, im Bundesland Sachsen und der Metropolregion Rheinland sind Neubauten deutlich teurer als Bestandswohnungen. Die mit Abstand größten Preisunterschiede zeigen sich im oberbayerischen Landkreis Miesbach, der direkt an die Landeshauptstadt München angrenzt. Dort kostet der Quadratmeter einer vor 2018 fertiggestellten Wohnung im mittleren Preissegment 7.300 Euro, in einem Neubau hingegen knapp 12.371 Euro. Beim Kauf einer 70 Quadratmeter großen Wohnung ergibt sich damit in dem Landkreis eine rechnerische Preisdifferenz von rund 355.000 Euro. Im bundesweiten Mittel über alle Landkreise und kreisfreien Städte liegt der Preisaufschlag für eine 70 Quadratmeter große Neubau-Wohnung gegenüber einer Immobilie aus dem Bestand im mittleren Preissegment bei 93.694 Euro. Bei hochpreisigen Objekten, also den teuersten zehn Prozent aller Angebote, ist der Preisabstand mit 70.151 Euro geringer.

Neubau bedeutet meist einen Aufpreis

Jenseits der drei genannten Regionen fällt der Aufschlag für Neubauten mit jeweils mehr als 200.000 Euro im mittleren Preissegment auch in den Städten Stuttgart und Darmstadt kräftig aus. Wer sich in der baden-württembergischen Landeshauptstadt mit ihren Weinbergen und dem Neckar für einen Neubau entscheidet, muss für eine 70-Quaratmeter-Wohnung etwa 213.000 Euro mehr ausgeben. In Darmstadt beträgt die Differenz etwa 209.000 Euro. Vor zwei Jahren gehörte die hessische Großstadt noch nicht zu den zehn Städten mit den größten Preisunterschieden zwischen Neubau und Bestand.

Schon bei den mittelpreisigen Wohnungen hat Garmisch-Partenkirchen einen ordentlichen Aufschlag für Neubauten. Im oberen Preissegment liegt der Landkreis mit einem Neubau-Aufschlag von mehr als 350.000 Euro sogar bundesweit an der Spitze. Luxuswohnungen mit traumhaftem Blick auf die Berge, hochwertiger Ausstattung und Details wie Whirlpool oder Kamin finden hier mutmaßlich vor allem als Ferienwohnung zahlungskräftige Käufer*innen. Im Süden weisen weitere Städte und Landkreise große Preisdifferenzen von mindestens 225.000 Euro im oberen Preissegment auf. So sind in den Top 10 auch die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach sowie die Stadt Kempten (Allgäu) zu finden. In der Ostseeregion haben die Städte Kiel und Lübeck sowie der Landkreis Rostock besonders hochpreisige Neubauten: Sie sind mehr als 284.000 Euro teurer als Bestandsbauten im Luxussegment. Auch in drei der sieben größten Städte Deutschlands – in München, Stuttgart und Frankfurt am Main – müssen Käufer*innen im Luxussegment für Neubauwohnungen Preisaufschläge zwischen 243.000 Euro und 233.000 Euro akzeptieren.

Unterschiede bei den größten sieben Metropolen

In vielen Großstädten – insbesondere in den sieben größten Städten Deutschlands samt ihrem Umland – sind die Preisaufschläge für Neubauten hoch. Nur in Hamburg liegt die Preisdifferenz zwischen Neu- und Bestandsbauten im mittleren Preissegment mit 99.800 Euro knapp unter der 100.000-Euro-Marke. Im Hochpreissegment beträgt der Unterschied für die Hansestadt laut Postbank Wohnatlas knapp 106.000 Euro. Zum Vergleich: In Stuttgart sind die Preisunterschiede in beiden Segmenten mehr als doppelt so hoch. In München sind die Aufpreise im mittleren Preissegment vergleichsweise niedrig, hochpreisige Wohnungen jedoch haben den größten Preisunterschied der top sieben deutschen Großstädte. Köln ist die einzige Stadt, in der der Aufschlag für den Neubau im oberen Segment geringer als im mittleren Segment ausfällt.

Wo Neu- und Altbau gleichviel kosten

Während die Aufpreise für Neubauten in den Großstädten noch recht stark ausfallen, liegen sie in jeder vierten Region Deutschlands im Durchschnitt unter 75.000 Euro. Besonders in vielen ländlichen Gebieten sind die Preisdifferenzen verhältnismäßig gering, so dass die Wahl zwischen Neubau oder Bestandsimmobilie nicht nur vom Kaufpreis abhängig gemacht werden kann. So geht es im mittleren Preissegment im Landkreis Aurich um einen Aufschlag von rund 4.000 Euro und in Leer um gut 12.000 Euro für 70 Quadratmeter für eine neu errichtete Immobilie.

"Die Vorteile eines Neubaus können kleinere Preisaufschläge aufwiegen. Höhere Energieeffizienz und neue Heizanlagen sparen bei den laufenden Kosten bares Geld. Renovierungsmaßnahmen bleiben den Käufer*innen in den ersten Jahren zumeist erspart. Dazu kommen Annehmlichkeiten wie moderne Bäder und Küchen", sagt Eva Grunwald, Leiterin Immobiliengeschäft Postbank. Kaufinteressent*innen sollten sich trotzdem nicht sofort auf ein Neubauvorhaben festlegen. Denn oft ist das Objekt zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung noch nicht fertiggestellt, Verzögerungen oder Abweichungen von der Planung sind wahrscheinlich. Gleichzeitig bieten Bestandsimmobilien den Vorteil, die Wohnung vollständig in Augenschein nehmen zu können, anstatt sich nur vorzustellen, wie hell, ruhig oder geräumig die Traumimmobilie später einmal sein wird. "Wichtig ist gerade hier ein Blick auf alle Details – auch diejenigen, die nicht sofort sichtbar sind. Bausubstanz, Elektroinstallationen und Sanierungsbedarf können Profis besser beurteilen. Käufer*innen sollten Sachverständige oder Gutachter*innen hinzuziehen, um Mängel mit einpreisen zu können", rät Postbank-Expertin Grunwald.

Hier kommen Wohnungen im Bestand teurer

In einigen Regionen sind die begehrten Lagen längst bebaut. Wer hier wohnen will, wird kaum ein Neubauobjekt finden – und wenn, dann häufig auf einem nicht so ansprechenden Grundstück. Hier macht der gepflegte Altbau das Rennen. Dies gilt vor allem für Ferienregionen an der Nordsee oder in Ostseenähe, aber auch für die Städte Amberg (Bayern) und Heidelberg (Baden-Württemberg) mit ihren historischen Altstädten. Beispielsweise sind in den Landkreisen Nordfriesland und Wittmund Bestandsbauten im Durchschnitt teurer als Neubauten. Hierzu gehören die Nordseeinseln Amrum und Sylt beziehungsweise Langeoog und Spiekeroog. In Nordfriesland kosten Bestandswohnungen im mittleren Preissegment durchschnittlich mehr als 230.000 Euro mehr als Neubauten.

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2022

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), wurde die Immobilienpreisentwicklung in den 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.

 

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