Deportiert ins Ungewisse

Eine Fotoinstallation am Gedenkort „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ im Lohsepark in der HafenCity macht auf die Zielorte der Deportationen vom Hannoverschen Bahnhof aufmerksam. Vom Hannoverschen Bahnhof wurden in den Jahren 1940 bis 1945 über 8000 Jüdinnen und Juden, Sintizze und Sinti sowie Romnja und Roma in Ghettos und Lager ins deutsch besetzte östliche Europa deportiert. In der „Fuge“ – dem Verbindungsstück zwischen Lohseplatz und Gedenkort – werden nun sechs Großfotos mit Eindrücken von den heutigen Orten in Polen, Lettland, Belarus und Tschechien gezeigt.

Wann? Mittwoch, 24. August bis Montag, 31. Oktober 2022
Wo? „Fuge“ am Lohseplatz, 20457 Hamburg (HafenCity)

Auf den Namenstafeln am denk.mal Hannoverscher Bahnhof werden die Namen der von Deutschen während des Zweiten Weltkriegs errichteten Ghettos und Lager genannt: Auschwitz, Belzec, Litzmannstadt/Lodz, Minsk, Riga, Theresienstadt. Wie sehen diese Orte aus? An einigen dieser Orte gibt es heute Gedenkzeichen oder Gedenkstätten. So wie in Bełżec in Polen, 20 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. 1940 wurden dort für einige Wochen Sinti und Roma aus Hamburg und Norddeutschland in ein improvisiertes Zwangsarbeitslager gesperrt und mussten Panzergräben ausheben. Seit 2012 besteht dort ein Mahnmal mit Informationen zum Schicksal der Deportierten.

Ein Foto dieses Gedenkortes sowie von fünf weiteren Orten ehemaliger Zielorte der Deportationen aus Hamburg werden bis Ende Oktober am denk.mal Hannoverscher Bahnhof zu sehen sein. Seit Juli zeigt bereits eine weitere Installation „(Letzte) Lebenszeichen“ Postkarten, mit denen Deportierte aus Ghettos und Konzentrationslagern Kontakt zu Verwandten und Bekannten in Hamburg aufnahmen. Mit diesen und weiteren geplanten Interventionen im Lohsepark werden Erkenntnisse aus dem Projekt Dokumentationszentrum „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ an den Gedenkort gebracht. Die aktuellen Installationen wurden durch die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte in Kooperation mit der HafenCity Hamburg GmbH realisiert.

Das denk.mal Hannoverscher Bahnhof im Lohsepark besteht aus mehreren Elementen: es umfasst neben dem zentralen Gedenkort am historischen Bahnsteigrelikt des ehemaligen Bahnhofs eine begehbare sogenannte „Fuge“. Diese durchquert die Grünanlage und zeichnet den historischen Gleisverlauf nach: vom ehemaligen Bahnhofsvorplatz bis zum denkmalgeschützten Relikt des Bahnsteigs mit den Namenstafeln der Opfer.

Dr. Oliver von Wrochem (Vorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte): „Die Fotoinstallation ist Teil der Auseinandersetzung mit dem Gedenken an die Deportationen aus Hamburg in den ehemals deutsch besetzten Ländern im östlichen Europa. Diese Perspektive wird im Dokumentationszentrum vertieft werden. Einige der Fotos sind in transnationalen Projekten entstanden. Dort haben sich Jugendliche aus Deutschland und den Zielländern der Deportationen über die Gedenkkulturen in ihren Herkunftsländern ausgetauscht. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine erschwert zurzeit derartige Projekte. Wir können noch nicht ermessen, welche Auswirkungen er auf die Gedenkkultur in Europa haben wird.“

Dr. Kristina Vagt (Kuratorin im Projekt Dokumentationszentrum „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“): „Die aus Hamburg deportierte und mittlerweile verstorbene Holocaust-Überlebende Lucille Eichengreen sagte anlässlich der Einweihung des Gedenkorts vor fünf Jahren: ‚Wir wussten nicht wohin, warum, oder was uns erwartet‘. An den Zielorten waren die Menschen in eine katastrophale Situation geworfen. Mittels der Fotoinstallation wollen wir zeigen, dass die Deportationen konkrete Zielorte hatten. Das kommende Dokumentationszentrum wird vertiefend darstellen, was an den Zielorten mit den Deportierten passierte.“

Dipl.-Ing. Andreas Schneider (Landschaftsarchitekt, Senior Projektmanager HafenCity Hamburg GmbH): „Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust ist eine bleibende Verpflichtung und die auf Veranlassung der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte umgesetzte Installation trägt dazu bei, dass dieses ungeheuerliche Verbrechen nicht vergessen wird. Sie leistet darüber hinaus einen wichtigen Beitrag, weil sie den Gedenkort und die Fuge als Bestandteil des Lohseparks noch einmal stärker in die öffentliche Wahrnehmung rückt und damit die Erinnerung an die Lebens- und Leidenswege der vom Hannoverschen Bahnhof aus deportierten Menschen aufrechterhält.“

Hinweis Website

Zum Gedenkort und den aktuellen künstlerischen Interventionen siehe: https://hannoverscher-bahnhof.gedenkstaetten-hamburg.de/

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