VBW-Präsidentin Patricia Erb-Korn: „Die Wasserstraße ist systemrelevant. Das ist für uns als Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen keine neue Erkenntnis. In der öffentlichen Wahrnehmung muss sich diese Einsicht bisweilen aber mühselig und manchmal auch schmerzhaft durchsetzen. Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie vulnerabel unsere Lieferketten sind, noch immer sorgt die Zero-Covid-Strategie Chinas für enorme Verwerfungen und Verzögerungen beim Seeverkehr.
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns unsere geopolitische Abhängigkeit von Russlands Öl und Gas sehr plötzlich vor Augen geführt. Unseren Wasserstraßen und Häfen werden in den kommenden Jahren eine enorme Bedeutung dabei zukommen, wenn wir unabhängiger werden und auf erneuerbare, nachhaltige Energieträger setzen wollen.
Mit dem Niedrigwasser im August hatten wir die dritte Krisensituation zur gleichen Zeit. Als VBW werben wir sehr nachdrücklich für smarte wasserbauliche Maßnahmen, um ohne erhebliche Umwelteingriffe besser auf künftige Niedrigwasser reagieren zu können.
Wir sehen ganz deutlich: Unsere Wasserstraßen haben großes Potenzial für das Erreichen unserer Klimaziele und enorme freie Kapazitäten zur Entlastung der Straße und als Standortvorteil für die Versorgung unserer Industrie. Und gerade im Bereich Umweltfreundlichkeit gibt es sowohl bei der Schiffsmodernisierung als auch bei der urbanen Logistik Möglichkeiten, noch sauberer und noch effizienter zu werden.
Wenn es uns jetzt aber nicht gelingt, als größtes Mitgliedsland der EU unsere Wasserstraßeninfrastrukturen zu erhalten und nachhaltig auszubauen, dann gefährden wir nicht nur das Erreichen unserer Klimaziele, sondern ganz klar auch den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deshalb müssen für das Jahr 2023 dringend die fehlenden rund 350 Millionen Euro für Schleusen und Wehre bereitgestellt werden.“
Die Vorsitzenden der VBW-Fachausschüsse Wirtschaft und Logistik, Binnenwasserstraßen und Häfen, Digitalisierung, Binnenschiffe und Recht unterstrichen neben weiteren thematischen Schwerpunkten allesamt die bedarfsgerechte Finanzierung der Infrastrukturen als elementare Voraussetzung für ein zukunftsfähiges, modernes und nachhaltiges System Wasserstraße.
Mit dem Workshop „Pragmatische Beschleunigung von Planungsprozessen und Bauabläufen“, dem Fachgespräch zur Weiterentwicklung der Förderrichtlinie für nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen im August im Haus Rhein, einem Impulspapier zur dringenden Sanierung von Schleusen und Wehren und dem Abschlussbericht der Arbeitsgruppe „Stärkung der Robustheit der Wasserstraßen in außergewöhnlichen Niedrigwassersituationen“ stellt der VBW weiter seine zentrale Rolle als fachwissenschaftlicher Impulsgeber für das System Wasserstraße unter Beweis.
Auch im Bereich der Projektforschung hat der VBW seine Rolle ausgebaut und treibt das Projekt DigitalSOW maßgeblich voran. Zudem hat der VBW im Auftrag der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt zusätzliche Aufgabenbereiche im Projekt DIWA (Digitalization of Inland Waterways) übernommen. Das Projekt DIWA vereint die fünf EU-Staaten Deutschland, Österreich, Niederlande, Belgien und Frankreich. Ziel ist die Erarbeitung eines Masterplans für eine gemeinsame und einheitliche Digitalisierungsstrategie für die Binnenschifffahrt unter Verantwortung der teilnehmenden Wasserstraßenverwaltungen.
Die Zusammenarbeit mit dem BÖB hat der VBW im vergangenen Jahr weiter intensiviert. So wurden am 22. September der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr des BÖB und der VBW-Fachausschuss für Verkehrswirtschaft zu einem gemeinsamen Ausschuss für Wirtschaft und Logistik fusioniert. Seit diesem Jahr besteht auch ein gemeinsamer Fachausschuss für die Digitalisierung. Ein gemeinsamer Rechtsausschuss soll bis Ende des Jahres entstehen.
Hendrik Stöhr (Geschäftsführer bei der Reederei Deymann Gruppe), der seit Oktober 2021 das Präsidium bereits als kooptiertes Mitglied verstärkte, wurde nun auch formal als Vizepräsident gewählt.
Der Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V. (VBW) ist eine seit über 140 Jahren existierende fachwissenschaftliche Organisation zur Förderung des intermodalen Verkehrsträgers Wasserstraße. Seine breite Mitgliederstruktur aus Binnenschifffahrt, Binnenhäfen, verladender Wirtschaft, sowie Verwaltung und zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen bildet alle am System Wasserstraße beteiligten Akteure ab. Kernelement des VBW sind die mit internationalen Experten besetzten Fachausschüsse für Binnenschiffe, Binnenwasserstraßen und Häfen, Binnenschifffahrtsrecht, Wirtschaft und Logistik und Digitalisierung.
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