Als Gesellschaft mit den Schwächsten verbunden bleiben
Menschen brauchen Gemeinschaft und persönliche Begegnung, das wissen wir nicht erst seit der Corona-Pandemie. Auch für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ist es wichtig, mit anderen verbunden zu bleiben. Doch über die persönliche Ebene hinaus ist es wesentlich, dass die Gesellschaft ihre Verbindung zu den Schwächsten, zu Älteren und gesundheitlich Beeinträchtigten nicht verliert. In den letzten Jahren geraten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zunehmend unter Druck. Unterstützung durch Pflege- und Betreuungsdienste, Tages- und Kurzzeitpflegeangebote oder Pflegeheime ist immer schwieriger zu finden.
„Viele betroffene Familien sind jetzt zusätzlich durch die Energiekrise und die überall steigenden Preise in großer Bedrängnis. Nicht nur Eigenanteile fürs Pflegeheim steigen um bis zu 1.000 Euro pro Monat. Auch Pflegedienste legen steigende Kosten auf ihre Kunden um. Bei den Entlastungspaketen der Bundesregierung werden diese Menschen aber weitgehend vergessen“, erklärt Monika Kaus, die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. „Auch die seit Jahren versprochene Pflegereform ist immer noch nicht in Angriff genommen. Selbst die im Gesetz festgelegte Dynamisierung des Pflegegeldes wird immer wieder aufgeschoben. Seit der letzten Anpassung 2017 ist die Kaufkraft deutlich gesunken. Die Erhöhung des Pflegegeldes kann aber nur ein erster Schritt sein. Wichtig ist ebenso die Einführung eines Entlastungsbudgets, mit dem die Betroffenen alle zur Verfügung stehenden Mittel bedarfsgerecht nutzen können. Deutschland ist ein Sozialstaat, er ist in der Verantwortung seine pflegebedürftigen Bürger und ihre An- und Zugehörigen nicht zu vergessen!“
Gerade in dieser Zeit – Demenzkranke schützen
Die Auswirkungen des demographischen Wandels auf unsere Gesellschaft sind in allen Bereichen zu spüren: Es fehlen Fachkräfte in den Krankenhäusern und der ambulanten und stationären Pflege. Sie fehlen auch aufgrund von Überlastung, Krankheit und Quarantäneanordnungen. Viele haben in der Pandemie den Beruf gewechselt. Gleichzeitig stellen die Qualitätsprüfungen der Heimaufsichten und des Medizinischen Dienstes einen bürokratischen und personellen Aufwand dar, der an der Realität in der ambulanten und stationären Altenhilfe vorbeigeht.
Nach dem Auslaufen des Pflege-Rettungsschirmes erstatten Kostenträger, also Pflegekassen und Sozialhilfeträger, die rasant gestiegenen Strom- und Gasabschläge in vielen Fällen nicht. Für kleinere Träger in der stationären Altenhilfe kann dies das Aus bedeuten. Auch die Kosten für Klimaanpassung werden die Heime stark belasten. Eine Zentralisierung auf wenige finanzstarke Träger wird aber nicht mit einer Verbesserung der Pflege- und Behandlungsqualität einhergehen.
„Gerade in dieser Zeit gilt es, psychisch kranke alte Menschen zu schützen. In den letzten 15 Jahren hat die klinische Versorgungsforschung gezeigt, welche Erfolge bei guter nichtmedikamentöser Therapie und Pflege sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Altenhilfe hinsichtlich Lebensqualität und Alltagsfertigkeiten erzielt werden können. Eine strukturelle Entrechtung, die systemisch qualitative Therapie und Pflege unmöglich macht, darf nicht wieder stattfinden.
In der ambulanten Altenhilfe muss auch für psychisch kranke Ältere und insbesondere Demenzkranke ein Zugang zu einer berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung ermöglicht werden. Wir brauchen aufsuchende, rehabilitativ angelegte multiprofessionelle ambulante Behandlungsmöglichkeiten für psychisch kranke Ältere und Menschen mit Demenz. Dadurch werden sowohl Angehörige als auch die stationäre Altenhilfe und nachfolgend die Kommunen entlastet.
Eine gute Pflege, insbesondere von Demenzkranken in der stationären Altenhilfe, erfordert eine angemessene, gute Personal- und Arbeitssituation sowie strukturelle Anpassungshilfen. Dazu gehört auch eine entsprechende Finanzierung.
Deshalb unterstützt die DGGPP die Forderungen des Deutschen Berufsverbands für Altenpflege e.V., die Lebensrealitäten in der stationären Altenpflege wahrzunehmen. Außerdem muss der Rettungsschirm erhalten bleiben und das Förderprogramm Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen erweitert werden, um die Heime und deren Bewohner:innen strukturell zu unterstützen“, so Prof. Michael Rapp, Berlin, Präsident der Deutschen Alterspsychiater.
Die klinische Forschung beschleunigen
„Wir haben schwierige Zeiten hinter uns, schwierige liegen noch vor uns. Der hohe und oft lange Pflegeaufwand von zurzeit 1,8 Mio Demenzkranken in Deutschland ist mehr denn je eine große Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme. In Kenntnis der Prognosen von mindestens 3 Mio Demenzkranken im Jahr 2050 muss die Entwicklung wirksamer und sicherer Medikamente zur Vorbeugung und Behandlung intensiviert werden, so Frau Prof. Isabella Heuser, Berlin, Vorsitzende der Hirnliga e.V., der Vereinigung der deutschen Alzheimerforscher.
Zwar hat die US Food and Drug Administration (FDA) letztes Jahr in einem beschleunigten Verfahren Aducanumab (Markenname: Aduhelm) zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen. Diese Entscheidung wurde aber von vielen Experten, auch von der Hirnliga als vorschnell kritisiert, die Wirksamkeit des Medikamentes sei nicht überzeugend. Aus diesem Grund hat die Europäische Arzneimittelbehörde EMA sich auch nicht der FDA angeschlossen, sie hat sich gegen eine europäische Zulassung von Aducanumab entschieden.
Dieses Medikament ist somit nicht der „Game-Changer“, den man sich erhofft hatte. Es gehört zu der Klasse der sogenannten „anti-Amyloid“-Substanzen, die der Ablagerung von schädlichem Amyloid im Gehirn entgegenwirken sollen und so eine Verschlechterung des kognitiven Zustandes von Alzheimer-Kranken verhindern sollen.
Es ist tatsächlich so, wie in vielen Untersuchungen an Patienten mittlerweile bestätigt, dass die Beladung des Gehirns mit Amyloid bei Menschen, die Medikamente wie Aducanumab einnehmen, vermindert wird. Dies führt aber bei Patienten, anders als bei Labormäusen, nicht regelhaft zu einem Stillstand oder gar einer Verbesserung der Gedächtnisleistung und der allgemeinen Kognition. Es müssen noch andere Faktoren und Mechanismen bei der Entstehung der Alzheimer Erkrankung eine Rolle spielen wie z.B. Entzündungen oder Veränderungen im neuronalen Stoffwechsel und der zellulären „Müllbeseitigung“. Es gibt eine Reihe von im Labor entwickelten Hypothesen dazu, die möglichst rasch weiterentwickelt werden sollten, damit sie bald in klinischen Studien überprüft werden können.
„Forschung ist essenziell“, sagt Frau Prof. Heuser, „um den Herausforderungen einer deutlichen Zunahme von Menschen mit Demenz wirkungsvoll zu begegnen“.
Kontaktdaten:
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Tel.: 02262 / 999 99 17
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Tel.: 030 / 25 93 79 5-0
Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und –psychotherapie e.V. www.dggpp.de
Tel.: 02262 / 79 76 83
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft engagiert sich für ein besseres Leben mit Demenz.
Sie unterstützt und berät Menschen mit Demenz und ihre Familien. Sie informiert die Öffentlichkeit über die Erkrankung und ist ein unabhängiger Ansprechpartner für Medien, Fachverbände und Forschung. In ihren Veröffentlichungen und in der Beratung bündelt sie das Erfahrungswissen der Angehörigen und das Expertenwissen aus Forschung und Praxis. Als Bundesverband von mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften unterstützt sie die Selbsthilfe vor Ort. Gegenüber der Politik vertritt sie die Interessen der Betroffenen und ihrer Angehörigen.
Die DAlzG setzt sich ein für bessere Diagnose und Behandlung, mehr kompetente Beratung vor Ort, eine gute Betreuung und Pflege sowie eine demenzfreundliche Gesellschaft.
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