PEN-Zentrum Deutschland und PEN International fordern Aufhebung der Urteile gegen die kurdisch-türkischen Autoren Selahattin Demirtaş, Nedim Türfent und Gulgeş Deryaspî

Vor fast zwei Jahren wurde PEN-Mitglied und Schriftstellerin Gulgeş Deryaspî wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ zu sechs Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Ihre Berufung vor dem Kassationsgerichtshof der Türkei ist noch anhängig. PEN Deutschland und PEN International sind der Ansicht, dass Gulgeş Deryaspî wegen ihrer Schriften zur Förderung der kurdischen Sprache und Kultur verfolgt wird, und fordern erneut die Aufhebung ihres Urteils.

Gulgeş Deryaspî wurde am 25. Juli 2019 bei einer der Razzien in der Provinz Bitlis in der Osttürkei festgenommen, wo auch acht weitere Personen in Haft kamen. Sie wurde am 29. Juli 2019 formell wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ angeklagt und in das geschlossene Gefängnis Bitlis Typ E eingewiesen. Sie bestreitet jegliches Fehlverhalten. Am 4. Februar 2020 fand die erste Anhörung statt; am 30. März 2020 wurde sie, im Rahmen von Bemühungen der türkischen Behörden, Ausbrüche von COVID-19 in den überfüllten Gefängnissen des Landes zu verhindern, aus der Untersuchungshaft entlassen. Am 3. Dezember 2020 wurde Gulgeş Deryaspî zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Ihre Anwälte legten am 28. Februar 2021 offiziell Berufung ein. Das Urteil über ihre Berufung steht noch aus.

Gulgeç Akdeniz – Künstlername Gulgeş Deryaspî – wurde 1978 geboren und studierte kurdische Sprache und Kultur an der Muş-Universität im Osten der Türkei. Sie veröffentlichte drei Romane in kurdischer Sprache. Tariya Bi Tav (Dunkelheit mit Sonnenschein) von 2010, schildert das Leben in kurdischen Dörfern und erforscht das Phänomen kultureller Entfremdung. Xezal (Gazelle) von 2013 schildert den Widerstand einer Frau gegen das Patriarchat und staatliche Unterdrückung. Ez Ne Ezim (Ich bin nicht, wer ich bin) von 2018, untersucht existenzielle und philosophische Fragen. Seit 2013 ist Gulgeş Deryaspî Mitglied des kurdischen PEN.

Die kurdische Kultur und Sprache werden in der Türkei nach wie vor massiv unterdrückt. Viele kurdische Journalisten sitzen wegen angeblicher Terrorakte hinter Gittern, darunter der Dichter, Journalist und PEN-Ehrenmitglied Nedim Türfent mit einer Haftstrafe von acht Jahren und neun Monaten. Selahattin Demirtaş, der Oppositionspolitiker der prokurdischen Demokratischen Volkspartei (HDP), der im Hochsicherheitstrakt zum Schriftsteller wurde, wird seit November 2016 festgehalten, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zweimal seine sofortige Freilassung forderte. Demirtaş droht eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung.

Aus dem Gefängnis schickte Selahattin Demirtaş, Ehrenmitglied des deutschen PEN, ein Foto von sich mit geschorenem Kopf und eine Solidaritätserklärung an kurdische und iranische Frauen, die nach dem Tod von Mahsa (Jina) Amini und trotz der Polizei-Attacken auf Demonstrant*innen mutig protestieren.

Bitte richten Sie Appelle an die türkischen Behörden:

Fordern Sie die Aufhebung der Verurteilung von Gulgeş Deryaspî und die Freilassung von Selahattin Demirtaş und Nedim Türfent.

Fordern Sie ein Ende der Verfolgung und Inhaftierung von Journalisten und Schriftstellern allein aufgrund ihrer Texte oder ihrer angeblichen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation.

Fordern Sie die Freilassung aller Personen, die wegen friedlicher Meinungsäußerung inhaftiert sind.

Fordern Sie, das Recht des kurdischen Volkes zu respektieren, seine eigene Sprache und Kultur zu sprechen und zu fördern.

Senden Sie Appelle an den Justizminister der Türkei

Bekir Bozdağ
Justizministerium
Adalet Bakanlığı, 06659 Ankara, Türkiye
Kontakt: info@adalet.gov.tr

Schicken Sie Kopien an den Botschafter der Türkei in Deutschland:
Ahmet Başar Şen
Tiergartenstraße 19-21, 10785 Berlin

Und an die deutsche Außenministerin
Annalena Baerbock
Werderscher Markt 1
10117 Berlin
Postanschrift: 11013 Berlin

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