Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg: „Senior*innen in Pflegeheimen, Tagespflegegäste und behinderte Menschen, die in besonderen Wohnformen leben, in einer Werkstatt arbeiten oder in eine Fördergruppe gehen, müssen ab Oktober bis zu sechzehn Stunden pro Tag eine FFP2-Maske tragen. Das ist diskriminierend, menschenunwürdig und ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungs- und Teilhaberecht der Betroffenen. Für die hier lebenden und/oder arbeitenden Menschen ist es ihr Zuhause, ihr Alltag. Durch dieses Gesetz werden bestimmte Personengruppen als vulnerabel stigmatisiert und vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt. Der Wegfall der Selbsttests für das Betreuungs- und Pflegepersonal stellt zudem die ganze Branche der Pflege und der Behindertenhilfe unter Generalverdacht. Die neuen Corona-Regelungen sind politisch und gesellschaftlich nicht tragbar und müssen sofort aufgehoben werden. Pflege- und Wohneinrichtungen, die Tagespflege sowie Behindertenwerkstätten müssen von der Maskenpflicht ausgenommen werden. Es geht um den Erhalt und die Förderung eines selbstbestimmten Lebens, gesellschaftliches Miteinander und Teilhabe sowie die Vermeidung von Isolation und Vereinsamung in den Einrichtungen. Auch dem ohnehin völlig überlasteten Personal sind solche Arbeitsbedingungen nicht zuzumuten. Eine weitere Abwanderungswelle ist dann nicht mehr aufzuhalten. Antworten auf die Refinanzierung der Maßnahmen und haftungsrechtliche Fragen stehen noch aus.“
Hans-Josef Hotz, Landesverbandsvorsitzender des VdK Baden-Württemberg: „Es ist mehr als verwunderlich, dass sich beim Oktoberfest oder auf dem Cannstatter Wasen fremde Menschen ohne Masken treffen und feiern dürfen, wohingegen die Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen ab sofort eine FFP2-Maske tragen sollen. Gleichzeitig fordert die Landesregierung, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte zu beenden und eine Infektion mit dem Coronavirus wie eine andere Infektionskrankheit zu behandeln. Das passt nicht zusammen!“
Jörn Fuchs, Geschäftsführer der Paritätischen Sozialdienste gGmbH in Heidelberg: „Die ab 1. Oktober verschärften Regelungen des Infektionsschutzgesetzes degradieren die pflegebedürftigen Menschen in Einrichtungen zu Objekten staatlicher Schutzmaßnahmen. Das Tragen von FFP2-Masken behindert die Atmung und Kommunikation gerade bei alten Menschen erheblich. Die Maskenpflicht wird zu einem Rückzug der Betroffenen in die Isolation führen, viele werden den Lebenswillen verlieren, wie die Isolationsmaßnahmen zu Beginn der Krise gezeigt haben. Die Regelungen sind evidenzfrei. Bislang sind die Einrichtungen vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekommen – auch ohne FFP2-Masken bei Bewohner*innen. Daten hierzu liegen vor. Aber weder Wissenschaft noch Politik interessieren sich dafür. Die verschärften Regelungen für Beschäftigte wie der Wegfall der Selbsttests zeigen offen, dass die Politik kein Vertrauen in die Kompetenzen dieser Menschen hat. Ein weiterer Baustein zur Verschärfung des Pflegenotstandes.“
Tobias Braun, Geschäftsführung der Karl-Schubert-Gemeinschaft e.V. in Filderstadt: „Die permanente FFP2-Maskenpflicht in Behindertenwerkstätten ist für die Beschäftigten unzumutbar und schon allein unter Arbeitsschutzaspekten wie Tragepausen gar nicht umsetzbar. Auch das Tragen von Masken im gemeinschaftlichen Wohnumfeld ist untragbar. Menschen mit Behinderung leben auch in den besonderen Wohnformen in eigenen Wohnumgebungen, die aus mehr Fläche bestehen als nur der eigene Schlafraum. Auf diesen sollen nun Masken getragen werden. Die Regelungen spiegeln in keiner Weise den Bezug zur Wirklichkeit wieder und stehen in keinem Verhältnis zu den Regeln für die allgemeine Bevölkerung und Gesellschaft und zu Aufwand und Nutzen von Maßnahmen. Die überwachte Schnelltestpflicht für Mitarbeitende ist eine Misstrauensbekundung gegenüber diesen Personen und bedeutet in der Arbeitsorganisation einen immensen Mehraufwand. Zudem ist es aus Infektionsschutzaspekten doch viel sinnvoller, wenn eine mit Corona infizierte Person dies bereits beim Selbsttest zu Hause feststellt und nicht positiv in die Arbeit kommt.“
Michael Auen, Vorstand und Hauptgeschäftsführer der Hagsfelder Werkstätten und Wohngemeinschaften Karlsruhe gGmbH: „Die mit dem Gesetz verbundenen praktischen Auswirkungen auf den Bereich der Eingliederungshilfe sind nicht zumutbar und unverhältnismäßig. So gut wie keine Organisation wird nach Inkrafttreten des Gesetzes in der Lage sein, dieses zu erfüllen. Das hierzu das Personal fehlt, ist noch das kleinste Problem. Wäre es da, würde es zuvorderst in den Hilfen zur Begleitung, Betreuung und Beratung benötigt und nicht zur Erfüllung nicht nachvollziehbarer und wirklichkeitsfremder Regeln. Werkstattbetriebe werden mit dem Gesetz faktisch stillgelegt. Die Zeiten sind vorbei, dass Menschen mit Behinderung rund um einen Tisch sitzen und Tüten kleben. Werkstätten sind hochkomplexe Fertigungsräume. Hier arbeiten Dienstleister und Menschen mit Behinderung oft Hand in Hand. Das Testen und durchgängige FFP2-Masken tragen in diesen Bereichen ist schlichtweg unmöglich. Ein CAP-Markt der Behindertenhilfe müsste bspw. alle Kund*innen vor dem Betreten testen. Das ist schlichtweg absurd. Als Vorstand und Geschäftsführer einer großen Lebenshilfe-Organisation plädiere ich an die Vernunft des Gesetzgebers und fordere eine sofortige Anpassung der gesetzlichen Regelungen.“
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Paritätische Sozialdienste gGmbH in Heidelberg,
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E-Mail: joern.fuchs@psd-ggmbh.de
Karl-Schubert-Gemeinschaft e.V. in Filderstadt
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E-Mail: Tobias.Braun@ksg-ev.eu
Hagsfelder Werkstätten und Wohngemeinschaften Karlsruhe gGmbH
Telefon: +49 (721) 6208-110
E-Mail: auen@hwk.com
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