Trotz Krise: Nicht kirre machen lassen

"Wir leben in bewegten Zeiten. Weltweite Pandemie, Krieg in Europa, Zusammenbruch von Lieferketten, Energiekrise und eine beginnende Rezession." Mit diesen Worten beschrieb Präsident Henry Forster auf der diesjährigen Jahrestagung des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung die Situation, in der sich Gesellschaft und Wirtschaft befinden und mit der sich auch die Unternehmen der Recycling- und Entsorgungsbranche auseinander setzen müssen. Dabei seien Befindlichkeiten und Betroffenheiten der Branchenunternehmen "extrem unterschiedlich".

Sehr deutlich zeige sich jedoch, dass die Energiekrise die Sekundärrohstoffmärkte unter Druck setze. Geld, das für explodierende Energiekosten aufgewendet werden muss, fehlt für Investitionen. Energieintensive Branchen leiden nicht nur, weil deshalb die Nachfrage zurückgeht, sondern auch, weil die hohen Produktionskosten nicht mehr an die Kunden weitergegeben werden können. Deshalb sind "unsere Unternehmen", die im Bereich Papier- oder Glasrecycling arbeiten oder im Kunststoffrecycling engagiert sind, viel stärker betroffen als Unternehmen, die ihren Schwerpunkt im Dienstleistungsbereich haben oder insgesamt "breiter aufgestellt" sind.

Henry Forster erklärte, dass er nach vielen Gesprächen der vergangenen Woche glaube, dass "wir es nicht nur mit einer kleinen Talsohle zu tun haben". Forster machte aber auch deutlich, dass dies nun die Gelegenheit sei, zu hinterfragen, ob "wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht über unsere Verhältnisse gelebt haben". Er fügte hinzu: "Wir leben in Europa in einem verschwenderischen Konsumrausch und beuten dabei deutlich mehr Rohstoffe aus, als sie uns zustehen und als diese Erde verkraften kann."

Forster betonte, dass man dies auch im Abfallbereich feststellen könne. "Wir sind weit entfernt davon, eine wirkliche Kreislaufwirtschaft zu betreiben", erklärte der bvse-Präsident und kritisierte, dass immer neue Produkte in unsere Märkte und in unsere Umwelt gelangen und viele davon hätten nur ein "One-Way-Ticket". Gleichzeitig würde immer noch eine Unmenge an Energie vergeudet. So gebe es immer noch viele Landkreise, die keine Biotonne eingeführt haben. Dabei könnte Biogas nach neuesten Berechnungen 25 % des Gasbedarfs in Deutschland decken. "Wir sind gar nicht so abhängig. Weder von russischem Gas, noch von kanadischem Wasserstoff, noch von saudischem Öl oder Gas aus Katar. Wir müssen aber endlich unsere Möglichkeiten ausschöpfen und da sehe ich für den Mittelstand riesige Chancen."

bvse-Präsident Henry Forster rief dazu auf, sich nicht kirre machen zu lassen von all den Bad-News, die jeden Tag verbreitet werden. Es gebe keinen Grund, sich in die Reihen der Schwarzmaler einzureihen. "Genau in diesen Krisen sind Innovationen, Risikobereitschaft, Unternehmertum und positive Grundhaltung die größte Chance. Vielleicht ist es das, was den Mittelstand auszeichnet. Der Mittelstand unserer Branche musste schon immer mit volatilen Märkten, mit ruinösen Preiskämpfen, mit schädlichen politischen Entscheidungen, mit Rohstoffkrisen und mit Wettbewerbsmonopolen kämpfen", erklärte Forster.

Henry Forster ging in seiner Rede bei der bvse-Jahrestagung aber auch auf die politischen Rahmenbedingungen ein. "Natürlich brauchen wir auch politische Unterstützung, aber wir betteln nicht um Schutzschirme", erklärte der bvse-Präsident. Es gehe vielmehr darum, dass auch in der Krise Kreislaufwirtschaft möglich bleibt. Deshalb lehnt der bvse auch das momentan diskutierte Exportverbot von Abfällen ab, da hierunter auch Sekundärrohstoffe fallen. "Das ist absurd. Wir stellen ja auch nicht den Import von Sekundärrohstoffen ein", so der bvse-Präsident.

Abschließend bekräftigte Henry Forster in Berlin noch einmal die Forderung seines Verbandes, dass auch Müllverbrennungsanlagen in den Brennstoffemissionshandel einbezogen werden. "Wer Treibhausgas emittiert, muss auch dafür bezahlen. Es kann nicht sein, dass ein Zementwerk, das Ersatzbrennstoff einsetzt, dafür bezahlen muss und ein Müllheizkraftwerk nicht."

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