FondsSuperMarkt: Seit unserem letzten Interview im Spätsommer des letzten Jahres haben sich Marktumfeld und Stimmung an den Finanzmärkten tiefgreifend verändert. Inflation und geopolitische Spannungen haben die Covid-Pandemie als Top-Thema abgelöst und die Börsenkurse nach unten gezogen. Haben Sie in dieser Zeit, abgesehen von der üblichen Umschichtung einzelner Titel, im Portfolio grundsätzlichere Anpassungen vorgenommen?
Ufuk Boydak: An den Märkten herrscht eine ausgeprägte Kapitalflucht in die USA. Das ist ein starker Indikator für die hohe Risikoabneigung, die derzeit den dominierenden Faktor für die Kapitalmärkte darstellt. Die grundsätzliche Ausrichtung des Portfolios war schon während der Corona-Pandemie defensiv. Das hat sich nicht verändert und soll auch vorerst so bleiben. Unser Ansatz zur Auswahl von Unternehmen ist langfristig wertorientiert. Bei einem ausreichend hohen Abschlag zum fairen Wert des Unternehmens investieren wir nach den Prinzipien eines vorausschauenden Unternehmers, der sich langfristig an einer Geschäftsidee beteiligt. Deshalb bleibt die Zusammensetzung in unseren Fonds über lange Zeiträume hinweg stabil. Infolge der hohen Energiekosten und der kriegsbedingten Unsicherheit haben wir jedoch kleinere Anpassungen bei Positionen vorgenommen, die hier einem höheren Risiko ausgesetzt waren.
FondsSuperMarkt: Mit Blick auf die aktuelle Problemlage der Unternehmen kann man zwischen operativen und finanziellen Faktoren unterscheiden. Beginnen wir mit der operativen Ebene: Wie waren und sind Unternehmen aus dem Fondsportfolio von Lieferproblemen und – speziell in Europa – von Energieengpässen betroffen?
Ufuk Boydak: Am stärksten trifft es energieintensive Produzenten ohne Ausweichmöglichkeit im Ausland und konsumnahe Unternehmen. Diese sind jedoch nur in geringem Umfang im Portfolio vertreten.
FondsSuperMarkt: Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärft mit dem West-Ost-Konflikt auch die im Zuge der Pandemie entstandenen Deglobalisierungsbestrebungen. Welche Auswirkungen hat dies auf die von Ihnen beobachteten Unternehmen?
Ufuk Boydak: Die Auswirkungen bekamen vor allem deutsche und französische Konzerne zu spüren, die in Russland engagiert waren und kurzfristig den Rückzug antraten, wo es wirtschaftlich verkraftbar war. Diese Umsatzeinbußen können nicht einfach ausgeglichen oder ersetzt werden. Somit stehen Arbeitsplätze in der EU auf dem Spiel. Daher geht jeder Schritt einer Deglobalisierung auch mit Wohlstandsverlusten einher. Das angespannte Verhältnis zwischen China und Taiwan zwingt uns zu der nächsten Neubewertung globaler Aktivitäten. Hier droht eine weitere Eskalation in Richtung Abschottung. Großbritannien wiederum beherbergt vergleichsweise mehr Industrien und Geschäftsmodelle, die autark bestehen können. Das erklärt auch den hohen Anteil britischer Aktien im Fonds. Die meisten dieser Portfoliounternehmen sind hochspezialisiert. Mit ihren Produkten oder Leistungen besetzen sie vorwiegend profitable Nischengeschäfte in Branchen, die nicht so sehr auf globalen Austausch angewiesen sind. Wir beobachten zunehmend auch eine Bewegung der Unternehmen in Richtung USA. Niedrigere Energiepreise und gut verfügbare Arbeitskräfte sind ein verlockendes Argument für den Sprung über den Teich.
FondsSuperMarkt: Wie wirkt sich der Zinsanstieg der letzten Monate auf Ertrag und Bewertung der Unternehmen aus?
Ufuk Boydak: In der Eurozone betragen die Renditeaufschläge im Vergleich zu vor einem Jahr zwischen 2,5 Prozent für deutsche Anleihen und über 4 Prozent für italienische Staatspapiere. Hier werden vor allem bezogen auf Italien ökonomisch relevante Marken gerissen, da in den nächsten zwei Jahren viele italienische Schuldtitel zur Refinanzierung anstehen. Wir sehen bei der EZB im Vergleich zur Fed daher weniger Spielraum bei der Inflationsbekämpfung durch Zinserhöhungen. Sie ist aufgrund der teilweise prekären Lage der südeuropäischen Staatshaushalte zur Vorsicht gezwungen. Die Belastung aus den hohen Erzeugerpreisen wird sich zunächst fortsetzen. Mit einer Beruhigung rechne ich erst nächstes Jahr, wenn sich die aktuell rückläufigen Rohstoffpreise auch in den Erzeugerpreisen wiederfinden. Angesichts gestiegener Zinsen stehen hoch verschuldete Unternehmen bei der Geldbeschaffung vor hohen Hürden. Deshalb sind solche Titel an der Börse entsprechend stark abgestraft worden. Dieses Re-Rating lässt die Aktien billig aussehen. Anleger sollten jedoch beim Kauf von Unternehmen mit schwachen Bilanzen aufpassen. Solange sich keine Konjunktur- und damit einhergehend eine Ertragsverbesserung abzeichnet, ist es für solche Spekulationen noch zu früh.
FondsSuperMarkt: Sind Aktien derzeit aus Ihrer Sicht eines wertorientierten Investors günstig? An welchen Kenngrößen machen Sie das fest?
Ufuk Boydak: Generell betrachtet, haben Aktien nach der Kurskorrektur nur ihre Überbewertung abgebaut. Nehmen wir ein breites Weltaktienportfolio wie den MSCI World, dann wiesen Aktien noch vor einem Jahr eine Überbewertung von ungefähr 25 Prozent auf. Per heute haben sie ihren Zehn-Jahres-Durchschnitt wieder erreicht. Aber das ist nur eine oberflächliche Betrachtung. Vergleicht man die darunterliegenden Maße nach Large und Small Caps getrennt, dann sieht man, dass der Bewertungsrückgang voll zulasten der kleineren Unternehmen ging. Die volle Bewegung von der Spitze zum Boden umfasst eine Veränderung von 40 Prozent. Das ist historisch selten bis einmalig. Dahinter steckt zum einen die Korrektur einer Kursblase bei unprofitablen Technologieunternehmen, aber nicht nur. Es wurden auch Firmen nach unten gezogen, die solide und profitabel sind. Deren Börsenwerte sind so günstig wie selten. Wertorientierte Investoren finden hier sehr günstige Einstiege in Unternehmen mit sehr viel Liquidität in der Bilanz, deren Geschäftsstrategien sich schon in der Corona-Pandemie als krisenfest erwiesen haben. Häufig sind das Namen, die eher Spezialisten bekannt sind.
FondsSuperMarkt: Unter den fünf größten Aktienpositionen, die zusammen immerhin rund ein Viertel des Portfolios ausmachen, befindet sich kein uns bekannter Name. Können Sie bitte kurz skizzieren, um welche Unternehmen es sich handelt?
Ufuk Boydak: Max Automation ist eine Beteiligungsgesellschaft, deren Tochtergesellschaften zusammenaddiert den aktuellen Börsenwert des Unternehmens deutlich übersteigen. Wir erwarten, dass sich durch gezielte Unternehmensverkäufe in den nächsten Jahren der Bewertungsabschlag zum fairen Wert signifikant reduzieren kann.
EDAG ist einer der führenden deutschen Ingenieursdienstleiter. Die Autobauer haben in den letzten Jahren ihre Forschung und Entwicklungsbudgets zurückgehalten. Wenn man aber in der Elektrifizierung nicht weiter den Anschluss verlieren möchte, müssen diese Budgets signifikant erhöht werden. Das zeichnet sich mittlerweile ab, weshalb bei knapper Ingenieurskapazität eine größere Nachfrage auch deutlich höhere Profite erwarten lässt.
AcadeMedia ist der größte Privatschulen-Betreiber in Schweden. Durch politische Diskussionen um die Budgets dieser Schulen kam es zu einem großen Abschlag. Nun bildet sich eine neue Regierung, und diese Diskussionen sind vom Tisch. Das sollte in den nächsten Monaten Entlastung bringen.
Mears ist ein Anbieter von Hausmeisterdienstleistungen in UK. Es ist ein Geschäft mit stabilen Umsätzen und einer sehr starken Cash-Generierung. Das Unternehmen wird in den nächsten Jahren mehr Geld zur Verfügung haben, als es braucht, was für steigende Dividenden und Aktienrückkäufe genutzt werden könnte.
Bei all den genannten Unternehmen erwarten wir eine operative Verbesserung in den nächsten 1-3 Jahren. Daher fühlen wir uns auch in einem herausfordernden Marktumfeld mit diesen Positionen sehr wohl.
FondsSuperMarkt: Verglichen mit dem STOXX 600 Europe-Index, der im Fondsfactsheet als Benchmark aufgeführt ist, sind IT und Industriewerte über-, Finanz- und Gesundheitstitel im Fonds untergewichtet. Gibt es hierfür makroökonomische Gründe, oder ergibt sich dieser Befund eher zufällig aus Ihrer Einzeltitelauswahl?
Ufuk Boydak: Dahinter steht keine aktive Entscheidung über ein Branchengewicht. Wir wählen einzelne Unternehmen grundsätzlich nach der Qualität ihres Geschäftsmodells und ihrer Bewertung aus. Jedes Engagement in einer Aktie überprüfen wir auf die Robustheit des Geschäftsmodells und seine Profitabilität. Unsere Aufmerksamkeit gilt vor allem seiner Bewertung an der Börse. Das Gewicht der IT- und Industriewerte setzt sich überwiegend aus Dienstleistern zusammen. Diese Unternehmen stechen aus der Masse hervor, weil sie von Lieferkettenproblemen nicht betroffen sind und stabile Absatzzahlen vorweisen. Makroökonomische Faktoren wirken indirekt auf unsere Entscheidungen ein, aber die Analyse der Unternehmen setzt bei der individuellen Entwicklung einer Firma an. Dort stellt sich die Frage, wie stark sich allgemeine Einflussgrößen auf das Geschäftsmodell auswirken. Nur so findet man wirklich krisenfeste, resiliente Unternehmen.
FondsSuperMarkt: LOYS Aktien Europa hat mittlerweile, wie in unserem letzten Interview von Ihnen angedeutet, einen offiziellen Nachhaltigkeitsstatus als Finanzprodukt mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen erhalten. Bitte skizzieren Sie kurz, welche Faktoren im Fonds konkret Berücksichtigung finden.
Ufuk Boydak: Die LOYS AG hatte bereits im Jahr 2020 die Prinzipien für verantwortliches Investieren des Umweltprogramms der Vereinten Nationen unterzeichnet. In diesem Jahr wurden messbare ESG-Kriterien, wo es die Anlagestrategie ermöglicht, auch formal in den Anlageprozess integriert. Bisher fokussierte die Anlagepolitik stark auf das Thema Governance, bei dem es um die Frage geht, ob das Management vorausschauend und generationsübergreifend handelt. Die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsrisiken auf den Ebenen Umwelt und Soziales stellt aus unserer Sicht einen ebenso wichtigen Baustein in der Unternehmensbewertung dar. Das setzen wir in einem dreistufigen Prozess um. Zusätzlich gilt für das Portfolio nun der Mindeststandard, dass mehr als die Hälfte der Positionen ein MSCI ESG Rating von BB oder besser haben muss. 70 Prozent des Fonds muss der Ausschlussliste des BVI entsprechen und mindestens bei einem Fünftel der Unternehmen wollen wir sicher sein, dass sie aktiv zur Erreichung eines der UN-Nachhaltigkeitsziele beitragen.
FondsSuperMarkt: Abschließend: Wie fällt alles in allem Ihr Marktausblick für die kommenden Monate aus? Haben Aktionäre und Fondsanleger das Schlimmste schon überstanden?
Ufuk Boydak: Die ganze Welt ist sehr pessimistisch. Das ist auch zu verstehen. Wir sind in einer Situation, in der der Kapitalmarkt ein neues Gleichgewicht finden muss zwischen Inflationserwartungen und Leitzinserhöhungen. Dieser Prozess vollzieht sich unter hohen Schwankungen. Bis die Inflation fällt und die Notenbanken ihr Ziel erreicht haben, kann sich das vorerst noch fortsetzen. Aber die Abschläge bei einzelnen kleineren Unternehmen erscheinen inzwischen enorm. Wenn man von einer normalisierten Welt in 1 bis 3 Jahren ausgeht, leiten wir daraus sehr attraktive Chancen für die Kursentwicklung dieser Unternehmen ab.
Fondsdetails: LOYS Aktien Europa P
ISIN LU1129454747
WKN HAFX68
Fondskategorie Europäische Aktien
Ausgabeaufschlag 5,00% (FondsSuperMarkt-Rabatt 100%)
Ertragsverwendung Ausschüttend
Managementvergütung p.a. 0,80 %
Performancegebühr bis zu 10 % (High Watermark)
Laufende Kosten 1,78 %
Auflegung 01.12.2014
Fondsvolumen 92,5 Mio. EUR (per 31.08.2022)
Performance seit Auflage 55,3 % (per 31.08.2022)
Risiko- und Ertragsprofil (SRRI) 6 von 7
Über LOYS
Die inhabergeführte LOYS AG ist ein Spezialist für wertorientiertes aktives Aktienfondsmanagement. Mit Hauptsitz in Deutschland ist LOYS auch in der Schweiz, Österreich und Luxemburg tätig. Kernkompetenz des Hauses ist die Analyse und Selektion von gelisteten Unternehmen mit Hilfe proprietärer fundamentaler Bewertungsmodelle. Gegründet 1995, betreut die LOYS AG heute ein Anlagevolumen von etwa einer Milliarde Euro.
Mehr unter www.loys.de
FondsSuperMarkt ist mit mehr als 24.000 angebotenen Produkten und sieben Partnerbanken – darunter comdirect und ebase – eine der führenden Fondsplattformen im Internet. Rund 15.000 Kunden vertrauen bereits auf das Angebot des unabhängigen Vermittlers von Investmentfonds ohne Ausgabeaufschlag. Dabei richtet sich FondsSuperMarkt an Anleger, die kostenbewusste Selbstentscheider sind und bietet diesen neben einer einzigartigen Zahl von Fonds mit 100 % Rabatt auf den Ausgabeaufschlag u. a. umfangreiche Analysetools zur Fondsauswahl. Zu den dauerhaft günstigen Konditionen zählt neben dem komplett entfallenden Ausgabeaufschlag bei den meisten Fonds beispielsweise ein kostenloses ebase-Depot bereits ab einem Depotvolumen von 1.500 Euro. FondsSuperMarkt gehört zur Miltenberger Finanzgruppe, die aktuell Kundenvermögen von rund 866 Mio. Euro betreut. Weitere Informationen unter www.fonds-super-markt.de. Stand: Januar 2022
FondsSuperMarkt
Engelplatz 59-61
63897 Miltenberg
Telefon: +49 (9371) 94867256
Telefax: +49 (9371) 9486710
https://www.fonds-super-markt.de/
Marketing und Presse
Telefon: +49 (9371) 9486720
E-Mail: jutta.kiffe@infos.com