Beitrag von Holger Clemens Hinz, Leiter Corporate Finance bei der Quirin Privatbank AG
Aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage halten sich KMU mit einem IBO (Initial Bond Offering) zurück. Doch sollten mittelständische Unternehmen auch die Finanzierung nach der Krisenzeit im Blick haben. Vor allem, da Kredite für Mittelständler weiterhin mitunter schwierig zu bekommen sind, und die Vorbereitung eines Börsengangs ihre Zeit braucht. Es kann sich daher trotz des derzeit schwierigen Marktumfeldes lohnen, bereits jetzt die Weichen für die erste Mittelstandsanleihe zu stellen.
Die angespannte Lage am Kapitalmarkt wirkt sich auch auf deutsche KMU-Anleihen aus. Ähnlich wie bei den IPOs (Initial Public Offering) ging auch die Zahl der Anleihe-Emissionen im ersten Halbjahr 2022 deutlich zurück. Laut einer Studie der Investor-Relations-Beratung IR.on AG hat sich die Zahl der IBOs mit neun Anleihen von neun Emittenten im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Das platzierte Volumen verringerte sich sogar um zwei Drittel von 727,7 Mio. auf 247,6 Mio. EUR.
Vor allem die herausfordernde Gemengelage dürfte das eine oder andere Unternehmen davon abhalten, gerade jetzt eine Anleihe auf den Markt zu bringen. Gestiegene Energiepreise und Lieferkettenschwierigkeiten infolge des Krieges in der Ukraine und der Corona-Pandemie lassen zwar den Finanzierungsbedarf wachsen. Allerdings führt die generelle Unsicherheit auch dazu, dass geplante Emissionen zurückgehalten werden. Zumindest hatten von IR.on befragte Experten zu Jahresbeginn noch durchschnittlich 25 Ausgaben für das Jahr 2022 erwartet. Diese Zahl wird bis zum Jahresende aller Voraussicht nach nicht mehr erreicht werden.
EZB startet Zinserhöhungszyklus
Dass die Zeiten der Nullzins-Politik vorerst vorbei sind, kommt erschwerend hinzu. Nachdem die US-amerikanische Notenbank Fed im laufenden Jahr mehrfach den Leitzins angehoben hat – auf aktuell 3,75 bis 4 Prozent –, leitete Mitte Juli auch die bis dahin zögerliche Europäische Zentralbank (EZB) die Zinswende ein. Konkret bedeutet dies: Erstmals seit rund elf Jahren hat die EZB unter Leitung ihrer Vorsitzenden Christine Lagarade den Leitzins angehoben – und zwar auf zuletzt 2 Prozent.
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