RSF trifft gambischen Präsidenten

Eine Delegation von Reporter ohne Grenzen (RSF) unter der Leitung von Generalsekretär Christophe Deloire hat in dieser Woche Gambia besucht und dort mit Präsident Adama Barrow die großen Fortschritte, aber auch die Defizite seines Landes in Bezug auf die Pressefreiheit diskutiert. Seit dem Sturz von Diktator Yahya Jammeh im Jahr 2017 haben sich die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende in dem kleinen westafrikanischen Land deutlich verbessert. Hoffnung macht auch, dass der Mord an dem RSF-Korrespondenten Deyda Hydara in Gambia im Dezember 2004 aktuell vor einem deutschen Gericht aufgearbeitet wird.

Das Treffen zwischen RSF-Vertretern und dem Präsidenten fand in dessen Privathaus in dem Dorf Mankamang Kunda 300 Kilometer östlich der Hauptstadt Banjul statt. Auch die gambische Informationsministerin Lamin Queen Jammeh nahm an dem einstündigen Treffen teil. Neben Generalsekretär Christophe Deloire wurde RSF von Sadibou Marong, dem Direktor des Afrika-Büros der Organisation in Dakar, und dem prominenten gambischen Journalisten Pap Saine vertreten, der seit der Ermordung seines Vorgängers Deyda Hydara RSF-Korrespondent in dem Land ist.

Die RSF-Delegation lobte Gambias beispiellosen Aufstieg auf der Rangliste der Pressefreiheit. Seit 2017 ist das Land von Platz 143 auf Platz 50 geklettert, den achthöchsten Rang auf dem afrikanischen Kontinent. Unter Diktator Yahya Jammeh wurden drei Medienschaffende getötet und viele weitere inhaftiert oder ins Exil gezwungen. Inzwischen genießen Journalistinnen und Journalisten in Gambia ein nie dagewesenes Maß an Freiheit.

Die RSF-Delegation erinnerte den Präsidenten allerdings daran, dass einige Reformen noch ausstehen. Da die neue Verfassung noch nicht verabschiedet ist, sind die verfassungsrechtlichen Garantien für die Pressefreiheit noch nicht in Kraft getreten. Die aus der Jammeh-Ära übernommenen drakonischen Gesetze, die Gefängnisstrafen für den vage definierten Straftatbestand der „Aufwiegelung“ vorsehen, wurden noch nicht aufgehoben. Das neue Informationsfreiheitsgesetz von 2021 ist eine positive Entwicklung, wurde jedoch noch nicht umgesetzt. Zugleich ist der Staat mit den Zahlungen für Anzeigen, die er in Medien schaltet, immer wieder im Rückstand, was die Medien wirtschaftlich schwächt.

Auch betonten die RSF-Vertreter, dass alles getan werden müsse, um die Anstifter und Täter der Morde an den drei Journalisten in der Jammeh-Ära vor Gericht zu stellen. Der mutmaßliche Fahrer der Mörder von Deyda Hydara muss sich seit April dieses Jahres im niedersächsischen Celle nach dem Weltrechtsprinzip wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Verbindung mit Mord und versuchtem Mord verantworten. Die mutmaßlichen Auftragsmörder selbst sind in Gambia auf freiem Fuß. Ex-Diktator Yahya Jammeh lebt unbehelligt im Exil in Äquatorialguinea.

„Jammeh muss an Gambia oder an ein Drittland ausgeliefert werden und dort vor Gericht gestellt werden, um ein starkes Zeichen zu setzen“, sagte Christophe Deloire.

Präsident Barrow bedauerte „einen gewissen Mangel an professioneller Berichterstattung“ und eine „negative“ Voreingenommenheit von Journalistinnen und Journalisten gegen ihn und sagte, RSF müsse „als Schiedsrichter fungieren“. RSF reagierte mit dem Vorschlag, Gambia dabei zu unterstützen, unabhängigen und vertrauenswürdigen Journalismus zu fördern, etwa durch die von RSF initiierte Journalism Trust Initiative (JTI), eine Plattform, die vertrauenswürdige Nachrichtenquellen identifizieren und stärken soll.

RSF forderte Gambia zudem auf, sich der Partnerschaft für Information und Demokratie anzuschließen, einem von RSF initiierten zwischenstaatlichen Zusammenschluss von inzwischen 50 Ländern, der darauf abzielt, demokratische Garantien im digitalen Bereich zu etablieren. Zuletzt sind im September die Vereinigten Staaten und Uruguay sowie im November Albanien und Niger beigetreten.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Gambia auf Platz 50 von 180 Staaten.

Mehr zur Lage der Pressefreiheit in Gambia: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/gambia

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