Wieder Leben in alten Ortskernen

Die Situation ist in vielen Dörfern gleich: Am Ortsrand wird gebaut, im alten Ortskern hingegen stehen mehr und mehr Gebäude leer. Was soll passieren mit den alten Fachwerkhäusern? Mit Scheunen und Wirtschaftsgebäuden? Wie kann es gelingen, wieder Leben in die Dörfer zu bekommen? Diesen Fragen geht die Gemeinde Freiensteinau nach, die bereits ein aktives Baulücken- und Leerstandsmanagement betreibt, das nun noch weiterentwickelt werden kann – mit einem Zuschuss in Höhe von 50.000 Euro aus Mitteln der Dorferneuerung. Den entsprechenden Bescheid konnte Bürgermeister Sascha Spielberger jetzt aus den Händen des Ersten Kreisbeigeordneten Dr. Jens Mischak entgegennehmen.

Damit nicht genug: Insgesamt sechs Maßnahmen werden in der Großgemeinde Freiensteinau im Rahmen der Dorfentwicklung gefördert – und zwar mit der stolzen Summe von 127.000 Euro, wie Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak bei der Übergabe der sechs Bescheide betont. Insgesamt investiert werden rund 216.000 Euro in die verschiedenen Projekte in der Großgemeinde – die niedrigste Summe liegt bei 5000 Euro, die höchste immerhin bei 100.000 Euro.

Innenentwicklung der Gemeinde

Zurück zum Leerstandsmanagement: Potenzielle Leerstände, die während der IKEK-Erstellung in Freiensteinau erhoben wurden, sollen nun in dieses Kataster aufgenommen werden. Zudem sollen „Vermittlungshilfen“ für leerstehende Gebäude angeboten werden. Dazu zählen auch zahlreiche ehemals landwirtschaftliche Nebengebäude. „Das Projekt soll die Eigentümer der Scheunen zum Verkauf beziehungsweise zur Umnutzung in Wohnraum anregen“, erklärte Dr. Mischak. Und Bürgermeister Spielberger ergänzte: „Die Gemeinde möchte zudem zukünftig ihren Fokus auf die Umwandlung von Leerständen zu gemeinschaftlich nutzbaren Einrichtungen wie zum Beispiel Vereinsräume legen, um Ressourcen gegenüber einem Neubau zu sparen und den Flächenverbrauch zu verringern.“

Das Projekt soll laut Dr. Mischak dazu beitragen, „die Ortskerne zu stärken und attraktiven Mietwohnraum schaffen“.

Geplant sind öffentliche Veranstaltungen, zum Beispiel zum Thema „Sanieren im Bestand“, bei denen Möglichkeiten zur Nachnutzung von Leerständen aufgezeigt werden. „Die Eigentümer sollen aber auch bei Umbau, Renovierung und Rückbau planerisch unterstützt werden“, so der Erste Kreisbeigeordnete.

Knapp 100.000 Euro wird diese „Innenentwicklung der Gesamtkommune Freiensteinau“ kosten, die Hälfte der Summe kann aus Mitteln der Dorfentwicklung beglichen werden.

Bereich um das Torbogenhaus

Wie kann der Bereich um das historische Torbogenhaus im Zentrum Freiensteinaus entwickelt werden? Ist die nächste Frage, die in der Dorfentwicklung eine Rolle spielt. Erste Ideen wurden von den Bürgern bereits in der IKEK-Phase entwickelt: Schaffung von kommunalem Mietwohnraum, Errichtung eines Coworking Spaces oder ein Raum für die Direktvermarktung von regionalen Produkten. „Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie sollen solch verschiedene Nutzungen in Betracht gezogen werden“, erläuterte der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Mischak.

Zusätzlich soll die Vorplatzgestaltung in der Studie mitbetrachtet werden. Je nach Art der Umnutzung des Bereiches um das Torbogenhaus können verschiedene Ziele aus dem IKEK realisiert werden. So zum Beispiel der Ausbau alternativer Versorgungsangebote, die gezielte Aufwertung öffentlicher Räume und Gebäude oder die Stärkung der Ortskerne durch eine aktive Innenentwicklung und Deckung der Wohnraumnachfrage. Kostenpunkt für die Studie: knapp 30.000 Euro, mehr als 17.000 Euro gibt es aus Mitteln der Dorfentwicklung.

Sanierung Gehweg

Um die Verkehrssicherheit in Weidenau zu verbessern, soll ein Gehweg entlang der Hauptstraße im südlichen Bereich Richtung Reinhards entstehen. Die Vorplanung des Gehwegs wird gefördert und soll auch bei der Abstimmung mit Hessen Mobil helfen, um die beiden Bauprojekte, zum einen die Sanierung der Landesstraße 3292 und zum anderen den Gehwegbau, aufeinander abzustimmen, führte Dr. Mischak zum nächsten Projekt aus. Die Vorplanung wird mit knapp 36.000 Euro zu Buche schlagen, der Zuschuss liegt bei knapp 24.000 Euro.

Umgestaltung von Dorfplätzen

Für die Umgestaltung von Dorfplätzen soll in Freiensteinau ein Leitfaden erstellt werden. Der wird rund 20.000 Euro kosten, bezuschusst wird das Vorhaben mit gut 14.000 Euro. Im IKEK Prozess wurden an mehreren Dorfplätzen Sanierungsbedarfe festgestellt, schilderte Dr. Mischak den Hintergrund. Gleichzeitig äußerte die Bevölkerung den Wunsch, bei der Umgestaltung der Dorfplätze mitzubestimmen. „Der Leitfaden soll einheitliche Handlungsanweisungen und regionaltypische Gestaltungsbeispiele hervorbringen und dabei helfen, die Dorfplatzgestaltung, vor allem für Ehrenamtliche, leichter umsetzbar zu machen“, stellte Bürgermeister Spielberger die Intention heraus. Ein Fachbüro soll den Leitfaden unter Bürgerbeteiligung und Einbindung der Ortsbeiräte und der Verwaltung erstellen. „Die Gemeinde hat für die Leitfadenerstellung die Kriterien Multifunktionalität, Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit und ökologische Gestaltung vorgegeben, um die Dorfplätze zukunftsorientiert aufzuwerten“, so Spielberger.

Nutzungskonzept für den Ober-Mooser Teich

Für das beliebte Naherholungsgebiet am Ober-Mooser Teich soll in einem moderierten Prozess gemeinsam mit den Einwohnern ein Nutzungskonzept erstellt werden, so ein weiteres Projekt der Dorfentwicklung. „Es gibt verschiedene Problemlagen vor Ort, die im Konzept betrachtet werden sollen“, schilderte Bürgermeister Spielberger. So besteht entlang der Landesstraße 3181 vom Parkplatz Ober-Mooser Teich in Richtung Ortskern Ober-Moos eine Gefahrensituation für Fußgänger, da es keinen Fußweg gibt.

Der Parkplatz am Ober-Mooser Teich, ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen im Naturschutzgebiet, ist zu Stoßzeiten überfüllt. Direkt neben dem Parkplatz steht eine sanierungsbedürftige Dreschhalle, die sich im Besitz der Gemeinde befindet. „Das Nutzungskonzept soll mögliche touristische Nutzungen der sanierten Dreschhalle hervorbringen. Insgesamt soll das Projekt die touristische Infrastruktur der Gemeinde aufwerten“, nannte Dr. Mischak die Zielrichtung. Die Kosten für das Nutzungskonzept sind mit rund 25.000 Euro angegeben, aus Mitteln der Dorfentwicklung kommen fast 18.000 Euro.

Willkommensmappe für Neubürger

Und schließlich soll in einem sechsten Projekt eine Willkommensmappe für Neubürger erstellt werden. „Die Gemeinde Freiensteinau verzeichnet Zuzug“, so die positive Nachricht des Bürgermeisters. Die Neubürger sollen, um Gemeinschaft und Integration zu stärken, in der Gemeinde begrüßt werden. Dazu sollen Willkommensmappen mit Informationen zur Gemeinde, Vereinen, Versorgungsmöglichkeiten und Freizeitangeboten angefertigt werden, die bei der Anmeldung in der Gemeinde ausgehändigt werden. Kostenpunkt: knapp 5000 Euro; Zuschuss: fast 3600 Euro.

Hintergrundinformationen

Die Gemeinde Freiensteinau wurde im August 2020 in das Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen aufgenommen. Es folgte eine zweijährige Konzeptphase zur Erstellung des Integrierten kommunalen Entwicklungskonzeptes (IKEK). Das IKEK bildet die Grundlage für die Umsetzung von Förderhaben in der Dorfentwicklung und ist darüber hinaus der Wegweiser für die Gemeinde Freiensteinau für eine zukunftsgerichtete Entwicklung. Das IKEK wurde im Juli 2022 fertiggestellt und durch die WIBank freigegeben. Damit erfolgte der Start in die Förderphase der hessischen Dorfentwicklung. Die Förderphase endet für Freiensteinau im Jahr 2027. Neben den kommunalen Förderanträgen können nun auch Privatpersonen für Umbau- und Sanierungsmaßnahmen an ihren Gebäuden Förderungen beantragen.

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