Pannermayr: „Viele Krankenhäuser rutschen in eine gefährliche finanzielle Schieflage. Dies liegt an höheren Kosten wegen der Inflation, höheren Kosten für Medikamente, Material, Gerätschaften und den steigenden Energiepreisen – dies alles kann über die Fallpauschalen nicht refinanziert werden. Wegen des Personalmangels müssen teilweise Stationen schließen, so dass weniger Patientinnen und Patienten aufgenommen werden können.“ Einige Krankenhäuser sind aktuell existenziell gefährdet, jedes fünfte Haus in Deutschland ist laut Schätzungen von der Insolvenz bedroht.
Die Kommunen müssen bisweilen hohe Beträge zuschießen, damit die medizinische Versorgung der Menschen sichergestellt wird, sagt Pannermayr: „Kommunen dürfen nicht zu Ausfallbürgen werden, die Defizite ausgleichen müssen, weil die Bundespolitik ihre Hausaufgaben nicht erfüllt hat. Jetzt müssen vor allem die versprochenen sechs Milliarden Euro des Bundes aus dem Härtefallfonds rasch und unbürokratisch bei den Krankenhäusern ankommen. Neben den hohen Energiekosten müssen auch die gestiegenen Sachkosten für Lebensmittel, Medikamente und medizinisches Material sowie die Erlösausfälle ausgeglichen werden. Nötig ist schnelles Handeln, damit sich die Lage nicht weiter zuspitzt. Ansonsten ist die Gesundheitsversorgung unseres Landes gefährdet, weil einige Kliniken die Ergebnisse der Reform nicht mehr erleben werden.“
Reformen der Krankenhausfinanzierung sind notwendig und überfällig. Es ist zu begrüßen, wenn Bund und Länder gemeinsam die Krankenhausreform angehen und bis Sommer ein Gesetz auf den Weg bringen wollen. Bund und Länder müssen sich darüber hinaus über ein gemeinsames Konzept für eine funktionierende Krankenhausplanung verständigen. Pannermayr: „Die Versorgung der Patientinnen und Patienten muss sichergestellt werden, gerade in Anbetracht des Fachkräftemangels in der Pflege und im Medizinbereich. Ohne zusätzliche Fördermittel von Bund und Freistaat werden sich die Herausforderungen in der Krankenhauslandschaft nicht beheben lassen.“
Der Deutsche Städtetag hat bereits Positionen an den Bund formuliert: Um die strukturelle Unterfinanzierung zu beenden, müssen die Vorhaltekosten auf mindestens 60 Prozent angesetzt werden. Allein das Pflegebudget macht rund 30 Prozent aus. Dazu gehört auch, die vollständige Refinanzierung der künftigen Kostensteigerungen sicherzustellen. Nötig ist eine Reform der mangelhaften Investitionsfinanzierung der Länder. Der Bund sollte mit eigenen Haushaltsmitteln in die Investitionsfinanzierung einsteigen. Die möglicherweise nötige Reduzierung von Krankenhausstandorten muss geplant und langfristig erfolgen. Ungeplante Schließungen durch Insolvenzen müssen vermieden werden.
Bund und die Länder müssen Defizite der kommunalen Krankenhäuser auffangen, die eine ganze Region weit über die Stadtgrenze hinaus versorgen. Universitätskliniken und Großkrankenhäuser müssen als Maximalversorger gleichbehandelt werden. Pannermayr: „Kommunale Krankenhäuser sind das Rückgrat der Gesundheitsversorgung. Städte halten ihre Krankenhäuser auch für das Umland vor. Patientinnen und Patienten kommen zum Beispiel auch aus benachbarten Orten, um sich in einem städtischen Krankenhaus versorgen zu lassen. Es ist eine dramatische Fehlentwicklung, wenn regionale Gesundheitsversorgung aus städtischen Haushalten finanziert werden muss. Hier müssen Bund und Länder die flächendeckende Versorgung sicherstellen.“
Bei einer Reform muss auch die Sicherung der ambulanten Versorgungsstrukturen im Blick stehen. Die ambulante Versorgung stößt an manchen Orten an die Leistungsgrenze. Gerade die ambulante Notfallversorgung war in den Hochphasen der Corona-Pandemie und der Grippe-Welle am Jahresende 2022 an Grenzen gestoßen, weil trotz gestiegenen Bedarfs weniger Personal bereitstand.
Krankenhäuser in der Krise – Beispiele aus Rosenheim und Ingolstadt
Der Rosenheimer Oberbürgermeister Andreas März sagt zur geplanten Krankenhaus-Reform:
„Die Idee, dass nicht jedes Krankenhaus beliebig die ganze Bandbreite der Medizin anbieten soll, ist an sich richtig. Strukturvorgaben und der Nachweis medizinischer Erfahrung für die Behandlung definierter Leistungsgruppen sind sinnvoll. Leistungsgruppen zwanghaft an Krankenhaus-Level zu binden, ist allerdings ein viel zu starres Vorgehen. Es gibt etliche sogenannte kleine Krankenhäuser, die schon lange in ausgewählten Disziplinen wie zum Beispiel der Orthopädie echte Spitzenmedizin anbieten. Es wäre verheerend, wenn alle Level 1 Krankenhäuser jetzt verzweifelt das Level 2 anstreben würden, um die richtigen strategischen Entscheidungen der Vergangenheit erhalten zu können.“
Der Ingolstädter Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf fasst seine Position zusammen:
„Die Situation kommunaler Krankenhäuser ist vielfach dramatisch. Die Jahre der Corona-Pandemie waren nicht nur eine große Belastung für Ärzteschaft und medizinisches Personal, sondern auch finanziell für die Einrichtungen sehr schwierig. Allgemein steigende Kosten und eine hohe Inflation verschärfen die Situation in den Häusern zunehmend. Hohe Kosten der stationären Gesundheitsversorgung auf der einen Seite, gleichzeitig eine unzureichende Finanzierung des Systems auf der anderen. Als Folge müssen viele Städte als Träger zunehmend ihre Krankenhäuser stützen, um die negativen wirtschaftlichen Ergebnisse auszugleichen. Der Reformbedarf des bisherigen Systems ist hoch, die Zeit drängt! Erforderlich ist in der jetzigen Situation neben einer kurzfristigen Sicherstellung der Liquidität der bedrohten Krankenhäuser durch den Gesetzgeber vor allem eine umfassende Reform der Krankenhausfinanzierung und Krankenhausplanung. Die Krankenhausplanung muss der Freistaat Bayern aktiv in die Hand nehmen und ein Gesamtkonzept für die Krankenhausstruktur im Freistaat entwickeln. Die Träger in den Städten und Landkreisen dürfen mit dieser Aufgabe nicht alleine gelassen werden.“
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