Nie war die Abhängigkeit von China so groß

Im vergangenen Jahr betrug das deutsche Handelsdefizit mit China 84 Milliarden Euro, zeigen neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Diese Entwicklung ist gefährlich – Deutschland muss bei Importen dringend unabhängiger von China werden.

Schon 2021 importierte Deutschland deutlich mehr aus China als andersherum – damals kam die Bundesrepublik auf ein Handelsdefizit von 39,4 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2022 hat sich die Zahl nun noch einmal mehr als verdoppelt. So überstieg die Summe der Importe aus China die der Exporte um mehr als 84 Milliarden Euro.

Schuld an der höheren Abhängigkeit ist vor allem ein außergewöhnlich hohes Wachstum bei den Warenimporten, sie legten 2022 um über 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Zum Vergleich: Im Handel mit allen Ländern lag das Wachstum bei 24 Prozent. Die Exporte nach China schwächelten hingegen mit einem Zuwachs von gerade einmal drei Prozent, während die Ausfuhr in die Welt insgesamt um 14 Prozent anstieg. China fiel damit sogar von Rang zwei auf vier der wichtigsten deutschen Exportpartner, sein Exportanteil sank mit nur noch 6,8 Prozent sogar unter das Niveau von 2018.

Deutsche Abhängigkeit von China wächst

Vor der Corona-Pandemie hatte sich das Handelsdefizit meist im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich bewegt. Der starke Anstieg im vergangenen Jahr dürfte ein Zeichen dafür sein, dass die Entwicklung nicht nur Corona-bedingt war, sondern länger anhält.  Deutschland macht sich so zunehmend abhängiger von China. „Diese Entwicklung ist höchst problematisch“, sagt IW-China-Experte Jürgen Matthes. „Unsere importseitige Abhängigkeit ist ein geopolitisches Risiko. Denn die deutsche Wirtschaft wäre im Falle eines bewaffneten Konflikts um Taiwan erpressbar.“

Handel mit anderen Partnern nötig

Nach Ansicht des Experten sprechen vor allem drei Gründe dafür, dass China die Entwicklung politisch mitgesteuert hat – und dass sie langfristig angelegt ist:

  • China bietet auch aufgrund massiver staatlicher Subventionen billig an. Der Kostendruck der Energiekrise dürfte deutsche Firmen hierzulande stärker dazu veranlassen, auf günstige chinesische Vorleistungen, statt auf teurere deutsche zu setzen.
  • Generell versucht China aus geostrategischen Gründen, sich unabhängiger von Importen aus dem Westen zu machen und mehr im eigenen Land zu produzieren – und erschwert deshalb Importe immer mehr.
  • Die chinesische Regierung übt immer mehr politischen Druck auf deutsche Tochterunternehmen in China aus, chinesische Unternehmen in ihre Lieferketten einzubinden. Zudem wollen die deutschen Firmen in China den Markt zunehmend mit Produktion vor Ort statt mit Exporten bedienen. Beides schwächt die deutschen Exportperspektiven.

„Die chinesische Wirtschaft ist zu groß, um sich ganz von ihr zu entkoppeln. Das will niemand und es ist auch nicht sinnvoll.“, sagt Jürgen Matthes. „Gleichzeitig sind die Zahlen Alarmsignale. Da bewegt sich etwas in die völlig falsche Richtung. Wir müssen Wege finden, uns von China zu emanzipieren. Berlin und Brüssel sollten den Handel mit neuen Partnern in Asien oder Südamerika dringend erleichtern“. 

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