Die multilaterale Zusammenarbeit des Museums hat sich unumkehrbar verändert. Der Dialog mit staatlichen russischen Institutionen war schon seit Längerem schwierig, weil diese die Geschichte des Zweiten Weltkrieges mehr und mehr zu ihren Zwecken instrumentalisierten. Seit 2014 missbraucht die russische Regierung Geschichte als Propaganda für einen verbrecherischen Krieg. Die historisch unterlegten Ausführungen des russischen Präsidenten vor einem Jahr, mit denen er das Bombardement militärischer wie ziviler Ziele in der gesamten Ukraine rechtfertigte, sind eine Verdrehung der Geschichte. Auf dieser Basis sehen wir keine Möglichkeit eines Dialogs.
Unsere Aufmerksamkeit und Hilfe konzentrieren sich auf die Ukraine und die dort vom Krieg betroffenen Menschen sowie auf die zu uns gekommenen Kriegsflüchtlinge. Im Rahmen eines von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanzierten Stipendienprogramms nahmen wir im vergangenen Jahr ukrainische Kolleg:innen auf. Zudem haben wir ukrainischen Museen sowie den dort um das nationale Kulturgut der Ukraine kämpfenden Mitarbeiter:innen geholfen. Rund 50 Museen, Gedenkstätten und Archive unterstützten wir darin, ihre Sammlungen vor russischen Angriffen zu schützen, Kriegsschäden an Gebäuden zu reparieren und Sicherungskopien ihrer Bestände anzufertigen. Die gezielten Angriffe der russischen Armee auf ukrainische Kultureinrichtungen sowie der Raub von ukrainischen Kulturgütern sind nicht hinnehmbar. Sie sind ein Bruch des Völkerrechts.
In Russland und Belarus werden systematisch Menschen, die den Krieg ablehnen, verfolgt und verhaftet. Deshalb mussten viele ihr Land verlassen. Einige von ihnen haben wir mit Stipendien unterstützt. Wir wenden uns allen Emigrant:innen und Kriegsgegner:innen in der Hoffnung zu, mit ihnen den Dialog weiterführen zu können.
Zukünftig wird mehr denn je Expertise gebraucht, um Geschichte wissenschaftlich fundiert zu vermitteln. Unser Kernthema, der Blick auf den deutsch-sowjetischen Krieg 1941–1945, den das Deutsche Reich als brutalen Vernichtungskrieg führte, gehört zu den einschneidenden Ereignissen in der Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Es gilt nach wie vor diese Geschichte historisch einzuordnen. Bei der Kommentierung der Gegenwartsbezüge hilft es, dass wir in unserer Arbeit schon immer verschiedene Perspektiven berücksichtigen und die Entwicklung der nationalen Erinnerungsnarrative in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion miteinbeziehen. Daran knüpfen wir in diesem Jahr mit einer Veranstaltungsreihe an, die Raum für eine kritische Diskussion der
unterschiedlichen Geschichtsdeutungen bieten soll. Unter dem Titel „Geschichte im Konflikt“ diskutieren wir mit unseren internationalen Gästen über die immer diverser werdende Erinnerung an Krieg und Besatzung im östlichen Europa.
In Berlin-Karlshorst bot sich die einzigartige Gelegenheit, dass ehemalige Kriegsgegner am historischen Ort der Kapitulation gemeinsam erinnern. Das war alles andere als selbstverständlich. Das Museum Berlin-Karlshorst hat weiterhin die unverzichtbare Aufgabe, die nationalsozialistischen Massenverbrechen im öffentlichen Bewusstsein wachzuhalten, an deren Opfer zu erinnern sowie den konstruktiven Austausch über die unterschiedlichen Perspektiven auf die Geschichte des Zweiten Weltkrieges zu ermöglichen.
Völkerrechtliche Prinzipien wie staatliche Souveränität, territoriale Integrität und Menschenrechte wie Freiheit der Meinung, der Wissenschaft und Kunst sowie der Schutz der Kulturgüter sind unverzichtbare Grundlagen unseres Zusammenlebens. Wir fordern von der russischen Regierung, zu diesen Prinzipien zurückzukehren und den Krieg gegen die Ukraine sofort zu beenden.
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