Gurtner sitzt seit dem 24. März 2023 in Untersuchungshaft. Alle Konten des Verbandes FEDECOCAGUA wurden eingefroren. Der bisher finanziell solvente Kooperativenverband ist aus diesem Grund derzeit zahlungsunfähig. Die Folgen sind insbesondere für die überwiegend indigenen Kleinbäuerinnen und -bauern der im ganzen Land angeschlossenen Kooperativen gravierend. Denn sie erhalten aktuell kein Geld von ihrem Verband für den von ihnen produzierten Kaffee.
Vorwurf der Geldwäsche wurde schon 2012 widerlegt
Die guatemaltekische Generalstaatsanwaltschaft wirft Gurtner und der FEDECOCAGUA vor, an Geldwäsche beteiligt zu sein. Beweise dafür wurden bisher nicht vorgelegt. Die Untersuchungen erfolgen nach offiziellen Angaben unter Vertraulichkeit. Auch 20 Tage nach der Festnahme Gurtners wurde eine erste Anhörung noch nicht angesetzt. FEDECOCAGUA hat keine Informationen darüber, wie genau die Anklage lautet und worauf sie basiert.
Gurtner und der Kooperativenverband können die Anschuldigungen nicht nachvollziehen. Der verhaftete Geschäftsführer hatte leitende Angestellte der Kreditbank Banrural zunächst vor unlauteren Praktiken gewarnt. Schließlich ließ er im Verwaltungsrat eine Untersuchung wegen Geldwäsche gegen die Direktion einleiten. Der gebürtige Schweizer vertritt in dieser Bank seit vielen Jahren die Stimmen der kleinbäuerlichen Anlegerinnen und Anleger. Ein Teil der Aktien der Banrural ist im Besitz der Mitglieder der FEDECOCAGUA. Mehrere Tausend weitere meist indigene, kleinbäuerliche Betriebe haben zudem hier ihr Geld angelegt oder erhalten Kredite für ihre Betriebe.
Nun richtet sich der Verdacht der Staatsanwaltschaft aber gegen Gurtner selbst. Die aktuell gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen wurden bereits 2012 einmal erhoben, jedoch in einem Prozess rechtskräftig widerlegt.
„Wir sind überzeugt, dass sich die juristischen Vorwürfe in Luft auflösen werden“, betont Exportmanager Gerardo de León, der ebenfalls der Geschäftsführung von FEDECOCAGUA angehört. „Doch der angerichtete Schaden ist bereits jetzt sehr groß.“
FEDECOCAGUA muss gerettet und wieder arbeitsfähig werden
„Wir haben die Sorge, dass Ulrich Gurtner in Guatemala keine Aussicht auf ein rechtsstaatliches Verfahren hat“, sagt Thomas Antkowiak, Geschäftsführer von Misereor. „Deshalb appellieren wir an die Handelsexpertinnen und -experten des Europaparlaments, sich für eine faire Behandlung von Gurtner einzusetzen und einzufordern, dass FEDECOCAGUA wieder zahlungs- und damit handlungsfähig wird.“ Bei der GEPA gibt es zudem die Befürchtung, „dass mit dem Vorgehen gegen Gurtner auch FEDECOCAGUA als kleinbäuerliche Genossenschaft und gleichzeitig bedeutender Exporteur und Akteur des Fairen Handels in Guatemala geschwächt und vom Markt gedrängt werden soll“, so Dr. Peter Schaumberger, Geschäftsführer des Fair Handelsunternehmens mit Sitz in Wuppertal.
Die UNO-Menschenrechtskommission hat kürzlich eine alarmierende Erosion der Rechtsstaatlichkeit in Guatemala festgestellt.
Der Dachverband FEDECOCAGUA wurde 1969 gegründet und vertritt derzeit 23.000 kleinbäuerliche Betriebe. Er ist mit 134 Millionen Dollar Umsatz einer der größten Kaffee-Exporteure Guatemalas. Von den jährlich knapp 1000 Containern Kaffee gehen fast ein Zehntel nach Deutschland. 140 Container Kaffee hätten im März das FEDECOCAGUA-Zentrallager nahe Guatemala-Stadt verlassen sollen. 180 wären es im April und ähnliche Mengen in den Folgemonaten.
Das Unternehmen exportierte den weltweit ersten fairen Kaffee überhaupt – seit 1970 in die Niederlande und von dort aus seit 1973 nach Deutschland.
Die GEPA (bzw. auch schon ihre Vorläuferorganisation) hat mit dem Verband eine fast 50-jährige Handelsbeziehung. Misereor hat Mitgliedskooperativen von FEDECOCAGUA seit 1962 bis in die 1990er Jahre hinein gefördert. Kaffee von FEDECOCAGUA wird in vielen der bundesweit rund 900 Weltläden verkauft.
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