Gerade im Blick darauf, dass sich der Leistungsgedanke im 21. Jahrhundert deutlich verändert habe, sei es ausdrücklich wünschenswert, weniger auf Quantität, dafür auf Qualität der Arbeit zu setzen. Dieser Ansicht ist der Psychosoziale Berater des BBuD, Dennis Riehle. Prävention vor seelischen Erkrankungen und einem beruflich bedingten ‚Ausgebrannt-sein‘ setze heute bei einem neuen Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit an: „Viele Beschäftigte sind gerne bereit, gewisse Einkommenseinbußen hinzunehmen, dafür aber mehr Raum der Familie, Hobbys und sinnstiftender Betätigung außerhalb des Arbeitsplatzes zu geben. Zwar stellt der Beruf weiterhin einen ganz wesentlichen Teil persönlicher Erfüllung dar. Parallel ist für viele Menschen jedoch ein Anteil von 5/7 der Woche, der auf den Job entfällt, nicht mehr erstrebenswert und zeitgemäß. Und tatsächlich ist der Gedanke einer kürzeren Arbeitswoche auch mit einer zunehmenden Technologisierung, Digitalisierung und Automatisierung von Wirtschaft, Handel und Dienstleistungen sehr gut vereinbar“, sagt Riehle. Nachweislich könne ein verlängertes Wochenende auf drei Tage den regenerierenden Effekt eines Kurzurlaubes haben und damit die Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern deutlich mehr steigern als eine Ruhepause lediglich am Samstag und Sonntag, meint der Coach.
„Daher ist es nicht nur aus Sicht der Mitarbeiter ein Gewinn, sondern auch für die Chefetage eines Betriebes, wenn man sich auf die Vier-Tage-Woche einigt. Immerhin sind Produktivität und Ergebnis von erbrachter Arbeit weitaus größer, wenn die Kraftreserven der Angestellten regelmäßig aufgeladen werden, was in zwei Tagen Wochenende kaum machbar ist. Im Kern geht es um nachhaltige und anhaltende Gesundheitsförderung sowie ein Ausbalancieren veränderter Ansprüche von allen Seiten. Schließlich kann die Effektivität von Unternehmensleistungen nicht nur durch den Schutz vor Burnout und einer ständigen Überforderung der Belegschaft ansteigen, sondern vor allem durch eine entspanntere Stimmung, weniger Zeitdruck und ein deutlich ausgeglicheneres Leistungsklima, welches durch die Anpassung von Arbeitsbedingungen am ehesten erreicht werden kann“, betont Dennis Riehle – und führt abschließend dazu aus: „Fälschlicherweise wird in der öffentlichen Auseinandersetzung oft berichtet, die Menschen wollten heute lediglich weniger arbeiten, seien also ‚fauler‘ als früher. Dafür gibt es aber keine Anzeichen. Stattdessen sind wir nachsichtiger mit uns und unserer Lebensqualität. Wir können es uns auch leisten, mehr Rücksicht auf private Belange zu nehmen, weil wir den Mehrwert gesunder Arbeit erkannt haben“.
Hintergrund: In Deutschland haben bereits drei Prozent der Bevölkerung zumindest einmal im Leben die Diagnose eines sogenannten „Burnouts“ erhalten. Dieses Syndrom bezeichnet einen Erschöpfungszustand, welcher sich in verschiedenen Phasen von der Überlastung und Überforderung bis zum mentalen Zusammenbruch äußern kann, vor allem Berufsleben und soziale Kontakte betrifft und insbesondere psychosomatische Beschwerden auslöst. Hingegen erlitten mindestens fünf Millionen Deutsche bereits eine ernstzunehmende depressive Episode, die als schwere psychiatrische Erkrankung anzusehen ist und sich in Perspektivlosigkeit, Freudlosigkeit, Traurigkeit über beträchtliche Körpererscheinungen und einen massiven Rückzug aus dem persönlichen Umfeld ausdrückt. Beide Krankheitsbilder sind allerdings der Psychotherapie und medikamentösen Behandlungsansätzen zugänglich. Daneben helfen niederschwellige Maßnahmen wie Entspannungstraining, Lichttherapie, Selbsthilfemaßnahmen, Sozialberatung oder Coaching.
Der Bundesverband Burnout und Depression e.V. ist die bundesweite Selbsthilfeorganisation für Menschen mit stressinduzierten Problembildern wie Burnout oder Depression. Seine Mitglieder sind eigens betroffen und wollen ermutigen, selbst wieder aktiv zu werden und für sich und andere Erkrankte Verantwortung zu übernehmen.
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