Arbeit auf der Baustelle oft nicht kompatibel mit Stechuhrjobs
Eine Pilotstudie aus Großbritannien wird im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Vier-Tage-Arbeitswoche immer wieder zitiert. Dort hatten Ende vergangenen Jahres mehr als 70 Firmen für ein halbes Jahr dieses Arbeitszeitmodell getestet. Sie zahlten 100 Prozent des Lohns für 80 Prozent der Arbeitszeit mit der Vorgabe an die Arbeitnehmer, dass trotzdem am Ende der Woche 100 Prozent der Arbeit erledigt sein mussten. 2/3 der Firmen meldeten, dass es dadurch einfacher wurde, Fachkräfte zu halten. 78 Prozent der Arbeitnehmer waren weniger gestresst. Der Umsatz der beteiligten Firmen stieg in diesem Zeitraum im Schnitt um 35 Prozent. Ein Erfolgsmodell auch für die Bauwirtschaft? „Das sehen wir so nicht“, analysiert BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka.
„Wir haben immer weniger Fachkräfte und dafür immer mehr Bürokratie in Deutschland – wie soll da eine generelle Vier-Tage-Woche funktionieren?“ Vor allem die Bauwirtschaft würde ein solches Arbeitszeitmodell laut Gilka vor erhebliche Probleme stellen. „Die Arbeitsabläufe auf einer Baustelle sind nicht mit einer Stechuhrtätigkeit kompatibel“, erklärt Gilka. Bereits bei Betonagen, erst recht aber beispielsweise bei Bahnbaustellen seien die komplexen Bauaufgaben nicht mit solchen Einschränkungen zu bewerkstelligen.
„Die Firmen müssten in diesem Fall dann die komplette Baustellenmannschaft mittendrin austauschen, damit keiner über vier Arbeitstage pro Woche kommt, das ist völlig unrealistisch – organisatorisch ebenso wie finanziell“, so Gilka weiter. „Im Ergebnis würde die Zahl der Arbeitstage auf vier pro Woche sinken, aber dafür deutlich mehr Überstunden anfallen“, hält er die Idee auch nicht für arbeitnehmerfreundlich.
BVMB fordert flexiblere Arbeitszeitmodelle
Die Folgen dieses Modells liegen für die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen auf der Hand: „Bei einer Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich und Fortbestehen des geltenden Arbeitszeitgesetzes ist davon auszugehen, dass die Baukosten weiter steigen. Eine Vier-Tage-Woche wird die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft und von Angebot und Nachfrage nicht aushebeln.“ Nachdem aktuell die Lage auf dem Bau durch die explodierenden Baustoff- und Finanzierungskosten bereits mehr als angespannt sei, wäre eine solche Entwicklung mehr als kontraproduktiv. „Der Bauwirtschaft würde es mehr helfen, wenn die Arbeitszeiten flexibler gestaltet werden dürften“, fordert Gilka. So könnten sich die Bauunternehmen auf die gestellten Bauaufgaben in Abstimmung mit ihren Mitarbeitern noch besser abstimmen: „Das wäre die klassische Win-win-Situation: Die Firma kann noch flexibler bauen, und die Arbeitnehmer können ihre eigenen Einsätze noch besser ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen.“
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