Laboratorium der Moderne: Kunst von 1924 bis 1945 aus der grafischen Sammlung

Rund 180 Arbeiten aus der Sammlung des Sprengel Museum Hannover vereint die Sonderausstellung „Laboratorium der Moderne“, die einen Überblick bietet über künstlerische Zeichnungen und Druckgrafiken vom Beginn der Goldenen Zwanziger bis zum Ende der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland. Werke von unter anderem Pablo Picasso, Emil Nolde und Paul Klee, von Käthe Kollwitz, René Magritte und Grethe Jürgens erzählen in der Zusammenschau vom Reichtum künstlerischer Handschriften, verschiedener Stile und Ausdrucksweisen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Zwischen 1924 und 1945 zeigt sich die Kunst in vielen unterschiedlichen Stilen, die „Laboratorium der Moderne“ zusammenführt: Tradition und Avantgarde treffen hier aufeinander und bieten Einblicke in die Entwicklung der verschiedenen Kunstrichtungen im Laufe der Jahrzehnte. Bis zum Ende der Weimarer Republik 1933 setzen sich in Deutschland die bereits bestehenden Stile Naturalismus (Käthe Kollwitz), Kubismus (Pablo Picasso) und Dadaismus (Otto Dix) sowie Expressionismus (Ernst Ludwig Kirchner) weiter fort, hinzu kommen Abstraktion (Kurt Schwitters), Konstruktivismus (El Lissitzky), Bauhaus (Paul Klee) und Surrealismus (René Magritte). Außerdem zeigt sich ab Mitte der 1920er-Jahre mit zunehmender Urbanisierung die Ausbildung der Neuen Sachlichkeit (Grethe Jürgens).

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 gelten viele Künstler*innen als „entartet“, sie erhalten Berufsverbot, sind gezwungen ins Exil oder die Innere Emigration zu gehen, einige passen sich jedoch den neuen künstlerischen Vorgaben an.

Kuratorin Karin Orchard: „Die Werke spiegeln die politischen Umstände wider. Während die Nationalsozialisten hauptsächlich Kunst im naturalistischen beziehungsweise poetisch realistischen Stil erlauben, zeugen die Arbeiten der zur gleichen Zeit im Ausland lebenden Künstler*innen von avantgardistischen Ideen und Einflüssen – im Nebeneinander ist das unübersehbar.“

HANNOVER ZWISCHEN 1933 UND 1945
Auch Hannovers Kunst- und Kulturszene spürt die Auswirkungen des Nationalsozialismus. So gelingt es Carl Buchheister in der Zeit weiterhin künstlerisch tätig zu sein, indem er von seiner abstrakten Arbeit Abstand nimmt und sich stattdessen gegenständlicher Kunst zuwendet. Andere Künstler*innen wie Grethe Jürgens oder Ischi von König können weiterarbeiten, da sie bereits gegenständlich arbeiten. Andere wiederum ziehen sich in die Innere Emigration zurück – Otto Gleichmann oder Ella Bergmann-Michel – oder stellen ihr künstlerisches Wirken ein, wie Robert Michel.
Nicht nur für Kunstschaffende auch für Museen bedeuten die Vorgaben der Nationalsozialisten eine große Veränderung. Alexander Dorner, Leiter der Kunstabteilung des Provinzial-Museum (ab 1933 Landesmuseum, seit 1950 Niedersächsisches Landesmuseum Hannover), besitzt seit 1923 bereits eine umfangreiche Sammlung von Avantgardekunst und passt ab 1933 seine Ankauf- und Ausstellungspolitik an die neuen Gesetze der Nationalsozialisten an. Dadurch kann er sein Amt noch bis 1937 behalten. Auch sein Nachfolger, Ferdinand Stuttmann, der zusätzlich noch das Kestner-Museum (seit 2007 Museum August Kestner) leitet, passt sich beruflich an. In beiden Museen beschlagnahmen die Nationalsozialisten 1937 insgesamt 264 Werke auf Papier, die nicht ihrer politischen Ideologie entsprechen.

Farbige Bildbeschriftungen weisen in „Laboratorium der Moderne“ auf die zwischen 1933 und 1945 erworbenen Werke hin.

EIN LABORATORIUM DER MODERNE
Die Zeit der 1920er- bis 1940er-Jahre ist geprägt von politischen Umbrüchen, wirtschaftlichen Krisen, Armut und Arbeitslosigkeit. Auf der einen Seite versprechen die Goldenen Zwanziger (1924 bis 1929) während der Zeit der Weimarer Republik politische Stabilität und wirtschaftlichen Aufschwung, woraus wiederum neue Formen der Unterhaltung wie Kino, Rundfunk oder Sportveranstaltungen entstehen. Auf der anderen Seite ist die Zeit aber auch geprägt von den Folgen des Ersten Weltkriegs und den daraus resultierenden wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten. Diese Phase der starken Gegensätze innerhalb der Gesellschaft ermöglicht unter anderem künstlerisches Experimentieren wie in einem Laboratorium.

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