Der Deutschen liebstes Obst
Seit diesem Frühjahr ist es amtlich. Bananen sind der Deutschen liebstes Obst – und haben damit aktuell den Apfel von Thron gestoßen. Rund zwölfeinhalb Kilo der Südfrüchte essen wir Deutschen im Schnitt pro Jahr, mit leicht steigender Tendenz. Das macht in Summe eine Million Tonnen. Dass sich die Banane damit in der Beliebtheitsskala vor den Apfel schiebt, hat verschiedene Gründe. Einer davon ist ein Trend bei jungen Menschen zur „natürlich verpackten“ Zwischenmahlzeit: Statt teurer Lifestyle-Riegel oder zuckriger Schokosnacks setzen viele auf die von Mutter Natur arbeits- und ausflugstauglich umhüllte Banane. Der Markt reagiert darauf mit „single finger“-Bananen, d.h. mit bereits im Anbauland einzeln verpackten Früchten, statt der üblichen fünf bis sieben am Strunk. Und spätestens seit Boris Becker während seiner legendären Spiele in Wimbledon 1985 und 1986 auf der Bank Bananen aß, wissen alle Deutschen, dass Bananen gesund sind – so gesund, dass sogar Krankenkassen sie empfehlen. Inzwischen gibt es auch Snack-Bananen für den kleinen Hunger, Kochbananen und rote Luxus-Bananen für große Portemonnaies.
Angebot nachhaltig erzeugter Bananen und Ananas steigt
Ein anderer Grund für den Erfolg der Banane liegt darin, dass die großen Supermarktketten zunehmend auf den Wunsch der Verbrauchenden nach nachhaltiger hergestellten Produkten reagieren. Bananenfans kennen die Bilder von Sprühflugzeugen über den Plantagen und wissen um die Berichte über gravierende Umweltauswirkungen, schlechte Bezahlung und Gesundheitsschäden bei Arbeiterinnen und Arbeitern und kleinbäuerlichen Familien in Lateinamerika. Von dort kommen fast alle Bananen nach Deutschland in den Handel. Vor allem die inzwischen gängigen Nachhaltigkeitszertifizierungen und das Prinzip des Fairen Handels haben die Situation in vielen Anbauländern verbessert, wenn auch Bananenarbeiter und -bäuerinnen samt ihren Familien nach wie vor zu den ärmsten Bevölkerungsgruppen gehören.
Gemeinsame Verantwortung für Mensch und Natur entlang der Lieferkette
Auf rund 350 km² Anbaufläche wachsen in den Anbaugebieten Costa Ricas und der Dominikanischen Republik eine Million Tonnen Bananen – so viel werden jedes Jahr in Deutschland konsumiert. Das ist etwas mehr als die deutsche Apfelanbaufläche und größer als das Bundesland Bremen – Bananenmonokulturen soweit das Auge reicht. Ein riesiges Gebiet, für dessen nachhaltige Nutzung die Konsumentinnen und Konsumenten, letztlich alle Beteiligten entlang der Lieferketten gemeinsam verantwortlich sind. Aber wie kann es gelingen, neben sozialen Kriterien auch die negativen Umweltauswirkungen des Anbaus zu vermindern, idealerweise ganz zu vermeiden? Die Anbauländer, etwa Costa Rica, stehen sinnbildlich für außerordentliche Biologische Vielfalt, sowohl auf dem Land als auch im Meer. Was können wir tun, um diese kostbare Biodiversität zu schützen? Wie kann der Artenvielfalt auf den Plantagen Raum gegeben werden, wie können Korridore entstehen, damit die Monokulturen kein kilometerlanges Hindernis darstellen? Wie können wir schließlich die umliegende Landschaft, Flüsse, Wälder und Küsten bewahren – und welche Rolle spielt die Lieferkette dabei?
Vom Feld auf den Teller: So funktioniert der Einsatz für Biologische Vielfalt
Über die genannten Fragen haben sich Expertinnen und Experten aus Deutschland, Costa Rica und der Dominikanischen Republik in den vergangenen fünf Jahren den Kopf zerbrochen, viele gute Antworten gefunden und mit zahllosen Akteuren vor Ort etliche Lösungen in die Tat umgesetzt. „Del Campo al Plato – Integration der Biodiversität in die Wertschöpfungsketten von Agrarlebensmitteln“ heißt das Projekt, das die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), der Global
Nature Fund und die Bodensee-Stiftung in einem multidisziplinären Team aus allen drei Ländern umsetzen. Neu dabei ist der der Ansatz, vom Feld (span.: „campo“) bis zum Teller (span.: „plato“) zu denken und für den Beitrag der gesamten Wertschöpfungskette Lösungen zu erarbeiten. Neben der Banane wurde auch die Ananasproduktion bearbeitet – bekannt für die starken Umweltauswirkungen vor allem in Costa Rica.
Auf 45.000 Hektar Plantagen werden Biodiversitätsaktionspläne Wirklichkeit
Zunächst ging es darum, mit den Plantagen bessere Werkzeuge für den Biodiversitätsschutz zu finden. Diese fanden sich im „Biodiversity-Check Agriculture (BCA)“ und dem daraus abgeleiteten „Biodiversity Action Plan (BAP)“. Der BCA ist ein ausführlicher Fragebogen, mit dem auf dem landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam mit einer geschulten Beratungsfachkraft Verbindungen und Auswirkungen auf die Biologische Vielfalt im Anbau, auf der Farm und in der umgebenden Landschaft analysiert werden. Aus den Ergebnissen und Empfehlungen stellt die Fachkraft einen Bericht zusammen und bespricht gemeinsam mit den Verantwortlichen des Betriebs Maßnahmen für einen BAP, die dann idealerweise in den folgenden Jahren umgesetzt werden. Das klingt gut? Es hat sich auch bewährt: Fast 150 Bananen- und Ananasbetriebe mit einer Fläche von etwa 45.000 Hektar haben einen BCA durchgeführt und setzen einen BAP um. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Betriebe sinnvolle Maßnahmen selbst auswählen und auch selbst den Zeitplan bestimmen. Für nach Deutschland gelieferte Bananen wurde damit eine Abdeckung von zwei Dritteln erreicht, für Ananas deutlich mehr.
Überall verfügbar: biodiversitätsfreundlich erzeugte Bananen und Ananas
Gerade im internationalen Kontext und vor dem Hintergrund global agierender Einkäufer geht es allerdings nicht ohne allgemeingültige Standards. 17 dieser Standards, darunter alle einschlägigen, deren Labels sich auf Bananen und Ananas in deutschen Märkten finden, wurden hinsichtlich der Kriterien für die Biologische Vielfalt ausgewertet. Fast alle haben auf Basis der daraus abgeleiteten Empfehlungen Anpassungen für mehr Biodiversitätserhalt in ihre Kriterien integriert. Bananen und Ananas mit den Siegeln von Demeter, Fairtrade, Naturland, Rainforest Alliance und Sustainably Grown werden nach Einschätzung der Fachleute inzwischen biodiversitätsfreundlich hergestellt. Das bedeutet, dass gravierende Auswirkungen auf Arten und Lebensräume ausgeschlossen werden können, dass keine Lebensräume zerstört werden und viele Maßnahmen umgesetzt werden, um die Biodiversität zu fördern. Natürlich sind Bioprodukte dabei im klaren Vorteil, weil generell keine Agrochemie, d.h. Pestizide und Kunstdünger, verwendet werden. Derart zertifizierte Bananen und Ananas sind inzwischen in jedem Markt verfügbar.
Beyond Banana – Ideen für den Bananen- und Ananasanbau der Zukunft
Ein Renner im Projekt Del Campo al Plato war ein Ideenwettbewerb, der mehrmals in beiden Ländern durchgeführt wurde: Betriebe konnten eigene Ideen und Projekte für mehr Biologische Vielfalt einreichen, die Gewinner erhielten bis zu 15.000 Euro Förderung, technische Beratung und Material, mussten für die Umsetzung aber auch eigene Ressourcen zur Verfügung stellen. Über 650.000 Euro wurden auf diese Weise mobilisiert. Von klassischer Hühnerhaltung im Agroforstsystem bis zum Einsatz von Drohnen bei der Ermittlung von Pilzbefall reichte die Bandbreite der Gewinnerideen. Rund 40 davon stellt die Webseite des Projekts www.delcampoalplato.com vor. Bei den Projekttreffen überbieten sich die Landwirtinnen und Landwirte mit ihren Erfolgen und tauschen die verschiedenen Ideen aus.
Biotopvernetzung für Jaguar und Co.
Das Wort „Monokultur“ lässt uns an riesige Flächen in den Tropen denken, auf denen nichts anderes wächst als Bananen oder Ananas. Und tatsächlich, da es sich um mehrjährige bzw. Dauerkulturen handelt, sind Fruchtfolgen wie in den deutschen Agrarlandschaften schwer umzusetzen. Hüben wie drüben gibt es aber kaum mehr Platz für Wanderungen von Tieren und die Verbreitung von Pflanzen. Dabei durchstreifen Jaguar, Tapir und Co. eigentlich riesige Gebiete – eine Plantage wirkt da wie eine unüberwindliche Mauer. Deshalb hat das Projektteam gemeinsam mit den Partnern vor Ort drei Biotopkorridore zur ökologischen Vernetzung von Lebensräumen in Costa Rica und der Dominikanischen Republik identifiziert. Sie reichen mitten durch die Bananen- und Ananaslandschaften und ermöglichen Wanderung und Ausbreitung oder auch nur einen neugierigen Spaziergang, wie Nachtaufnahmen vieler Tiere zeigen.
Eingebunden in die Realisierung der Korridore werden die Unternehmen entlang der Lieferkette, d.h. Exporteure, Frachtunternehmen, Importeure, Reifereien und der Einzelhandeln in Deutschland. Rund 350.000 Euro konnten für die Umsetzung vor Ort bereits akquiriert werden: Sie kommen z.B. Baumpflanzungen, der Entfernung gebietsfremder Arten oder der Anlage von Hecken zum Schutz der Flächen zugute. Eine erste Betreuungsreise des Global Nature Fund im März zeigte tausende Setzlinge entlang der Flussufer, wiederhergestellte Mangrovenflächen und Mangrovenkrebse, die sich ihre früheren Lebensräume zurückerobern.
Reif für mehr Artenvielfalt – Kampagne für Endverbraucher
Was können die Verbraucherinnen und Verbraucher tun? Sie entscheiden ja letztlich an Obsttheke und Supermarktkasse, welche Banane auf dem Teller landet: „Egalbanane“ zum Dumpingpreis unter einem Euro oder Rainforest-, Fairtrade- und Biobanane mit geprüften Kriterien für Umwelt und Soziales. Letztlich sind die Konsumierenden das letzte und wichtigste Glied in der gesamten Lieferkette, denn was die Käuferinnen und Käufer nicht wollen, wird nicht bestellt, nicht importiert und deswegen auch nicht produziert. Rund eine Millionen Konsumentinnen und Konsumenten hat die von Del Campo al Plato umgesetzte Kampagne „Reif für mehr Artenvielfalt“ in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Dänemark und Schweden bereits erreicht. Sie wirbt dafür, Bananen und Ananas mit den Kennzeichnungen der einschlägigen Zertifikate zu kaufen und so dafür zu sorgen, dass vom Teller in Europa bis zum Feld in Lateinamerika die Nachfragekette für mehr Biologische Vielfalt im Bananen- und Ananasanbau steigt.
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