Spranger lehrt in den Bereichen Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht sowie Deutsches und Internationales Recht der Biotechnologie. Ehrenamtlich wurde er als Kommissionsmitglied in die Tierschutzkommission durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen berufen. Zu seinen zahlreichen Publikationen zählt das 2018 von ihm publizierte Werk „Heimtierhaltung und Verfassungsrecht“. Bei der Vorstellung seines Gutachtens am 17. Juni 2023 betonte Spranger: „Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass die Ergebnisse, die ich erarbeitet habe, Hand und Fuß haben. Der Untersuchung sollte daher im politischen Diskurs erhebliche Aufmerksamkeit zuteilwerden.“
Das Gutachten ist auf der Webseite www.tierwohl-statt-heimtierverbot.de frei verfügbar als pdf auf Deutsch und auf Englisch.
„Die englische Version ist mir sehr wichtig, damit das Gutachten auch auf der europäischen Ebene seine Wirkung entfalten kann“, verdeutlicht Spranger. Das deutschsprachige Gutachten und die englische Übersetzung erscheinen zusammen in einem Buch, welches im Juli im LIT-Verlag veröffentlicht wird. Die Finanzierung wurde neben dem ZZF ermöglicht durch den Industrieverband Heimtierbedarf (IVH), die European Pet Organization (EPO), den Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz (BNA), die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT), den Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH), den Verband der Zoologischen Gärten (VdZ), den Zoo Leipzig, die Citizen Conservation Foundation (CC), die Wirtschaftskammer Österreich – Zoofachhandel (WKO) sowie die Wirtschaftsgemeinschaft Zoologischer Fachbetriebe (WZF).
Völkerrecht pro Heimtierhaltung
Das Gutachten legt dar, dass eine nationale Positivliste bereits das von Deutschland unterzeichnete und ratifizierte „Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren“ verletzen würde und damit völkerrechtswidrig ist. Das Übereinkommen enthalte ein klares Bekenntnis zur privaten Tierhaltung, zur Tierzucht und zum Tierhandel und betont die Bedeutung der Heimtiere wegen ihres Beitrags zur Lebensqualität und ihres daraus folgenden Wertes für die Gesellschaft.
Auf der Ebene des EU-Rechts stelle eine nationale Positivliste eine Verletzung der Grundfreiheiten und hier insbesondere der Warenverkehrsfreiheit dar. „Die behaupteten Gefahren durch >>Gefahrtiere<< erfüllen nicht die Anforderungen, die der Europäische Gerichtshof an den Schutz der >>öffentlichen Sicherheit und Ordnung<< geknüpft hat. Ebenso ist der abstrakte Hinweis auf Zoonosen nicht dazu angetan, eine nationale Positivliste unter Hinweis auf den Schutz der Gesundheit und des menschlichen Lebens zu rechtfertigen“, heißt es in der Zusammenfassung des Gutachtens. Und weiter: „Anders als im öffentlichen Diskurs mitunter dargestellt, bewirkt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur >>belgischen Positivliste<< insoweit keine Umdeutung von Tierwohlgesichtspunkten. Ganz im Gegenteil steht diese Rechtsprechung einer nationalen Heimtier-Positivliste diametral entgegen.“ Aspekte des Biodiversitätsschutzes seien ebenfalls nicht geeignet, Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit zu rechtfertigen. Unabhängig davon, dass Belege für positive Biodiversitätseffekte einer Positivliste ohnehin fehlen, zeige die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, dass der Begriff der Biodiversität dort im Sinne einer genetischen Vielfalt bestimmter Nutztierrassen verstanden wird.
Neben der Warenverkehrsfreiheit würde auch die Dienstleistungsfreiheit verletzt, sobald Dienstleister aus dem EU-Ausland entsprechende Angebote rund um die Heimtierhaltung in Deutschland nicht mehr anbieten dürfen.
„Eine Umgehung der beschriebenen rechtlichen Grenzen für den deutschen Gesetzgeber durch die alternative Implementierung einer EU-Positivliste ist nicht möglich. Insbesondere fehlt es der Europäischen Union bereits an einer tragfähigen Rechtssetzungskompetenz für den Tierschutz“, erläutert Prof. Spranger. Tierschutzrechtliche Kompetenzen der Union bestünden vor allem im Bereich der Agrarpolitik. Das Unionsrecht selbst kenne kein allgemeines Tierschutzrecht und das Heimtier-Übereinkommen des Europarates wurde durch die EU selbst weder unterzeichnet, noch ratifiziert. Eine unionsweite Positivliste würde die Berufsfreiheit verletzen und je nach Ausgestaltung auch die Eigentumsgarantie sowie das Diskriminierungsverbot.
Eine nationale Positivliste verstoße darüber hinaus gegen verschiedene Grundrechte und Verfassungsprinzipien des Grundgesetzes. Die entsprechenden Verletzungen lassen sich nicht unter Hinweis auf ein verfassungsrechtliches Gebot für ein Tätigwerden aus Art. 20a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere) stützen, da es sich hierbei um eine reine Staatszielbestimmung handelt. Verletzt werde zum einen die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs.1 GG. Zum anderen bewirke eine Heimtier-Positivliste ungerechtfertigte Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, sowie – je nach konkreter gesetzlicher Ausgestaltung – in die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) sowie das allgemeine Gleichbehandlungsgebot bzw. Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 1 GG). Eine nationale Heimtier-Positivliste wäre darüber hinaus unverhältnismäßig, da mildere Mittel gleicher Wirksamkeit zur Verfügung stehen. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Nachteile sogenannter Negativlisten existieren bei objektiver Betrachtung nicht.
Download des Gutachtens in deutscher und englischer Sprache: www.gutachten.tierwohl-statt-heimtierverbot.de
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