Grund sei die Geldpolitik: Die steigende Inflation habe die EZB gezwungen, das aggressivste Zinserhöhungsprogramm ihrer Geschichte durchzuführen. „Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) das Gaspedal zuerst durchgedrückt und massiv Geld in die Märkte gepumpt hat, tritt sie nun kräftig auf die Bremse“, so Ewert.
Diese Zinserhöhungen würden nun allmählich die Unternehmenstätigkeit beeinträchtigen. So habe der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes der Eurozone in den letzten 12 Monaten durchgehend unter 50 gelegen, was auf eine Schrumpfung hindeute. Zuletzt sei er im Juni auf 43,4 gesunken. Der größere Dienstleistungssektor habe sich zwar erholt und dank der nach der Pandemie aufgeholten Verbraucherausgaben gut entwickelt. „Doch auch die Aktivität des Dienstleistungssektors hat sich in den letzten beiden Monaten abgeschwächt: Die Umfrage unter den Einkaufsmanagern des Dienstleistungssektors der Eurozone ging im Juni auf 52,0 zurück, nach 55,1 im Mai“, gibt Ewert zu bedenken.
„Da die EZB nach wie vor kräftig auf die Bremse tritt und die Auswirkungen früherer Zinserhöhungen nun in der Realwirtschaft zu spüren sind, halten wir eine erhebliche Verlangsamung der kurzfristigen Wirtschaftstätigkeit und eine weitere Schwächung der Geldmenge für sehr wahrscheinlich“, sagt Ewert. Letzteres würden auch die jüngsten M3-Daten nahelegen. Diese hätten im Mai einen Anstieg der weit gefassten Geldmenge um 1,4 % gegenüber dem Vorjahr gezeigt und damit die niedrigste Wachstumsrate seit Juli 2014. „Europäische Aktienanleger sollten daher in den nächsten Quartalen auf härtere Zeiten gefasst sein“, betont Ewert.
Gründe für die Robustheit europäischer Aktien
Die Expertin sieht jedoch auch Gründe, weshalb sich Europa im Vergleich zu anderen großen entwickelten Märkten im zweiten Halbjahr als relativ widerstandsfähig erweisen könnte.
1. Starke Gewinne
„Die europäischen Gewinne haben die Erwartungen zuletzt übertroffen“, sagt Ewert. Die Region habe in den letzten 12 Monaten bei den Gewinnrevisionen den internationalen Vergleich angeführt. Diese Ertragsstärke erkläre sich zum Teil durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Unternehmen auf dem europäischen Markt, insbesondere im Vergleich zu dem eher technologieorientierten US-Markt. In den europäischen Indizes seien Finanzwerte weitaus stärker gewichtet. Diese hätten von den höheren Zinssätzen profitiert. Gleichzeitig seien die stark regulierten Banken des Kontinents nicht von den aufsichtsrechtlichen Problemen betroffen gewesen, die die Bankaktien in anderen Regionen geschwächt hätten. „Die solide Ertragslage spiegelt zudem die Qualität der führenden europäischen Industrienamen wider“, so Ewert. „Sie erfreuen sich nach wie vor einer guten Auftragslage, die durch eine Welle von Investitionen nach der Corona-Pandemie und die Verlagerung von Produktionsstandorten angekurbelt wird.“ Diese Umschichtungen hätten dazu geführt, dass die europäischen Industrieunternehmen weniger empfindlich auf die stotternde chinesische Wirtschaft reagiert hätten, als dies zu erwarten gewesen wäre. Hinzu komme, dass sich die europäische Verbrauchernachfrage besser gehalten habe als erwartet.
2. Europäische Aktien nach wie vor unterbewertet
Trotz der relativen Outperformance der europäischen Indizes gegenüber den US-Indizes im vergangenen Jahr und der robusten Gewinne europäischer Unternehmen habe sich der seit langem bestehende Bewertungsabschlag gegenüber den US-Märkten nicht verringert. „Globale Anleger betrachten den europäischen Markt weiterhin entweder mit Gleichgültigkeit oder leichter Zurückhaltung, wobei die Zuflüsse in europäische Aktien in diesem Jahr bisher negativ waren“, erklärt Ewert. Daraus ergäben sich Anlagegelegenheiten.
3. Breit aufgestellt
„Auch die Breite der europäischen Märkte im Vergleich zur engen Führungsriege des US-Marktes ist positiv zu bewerten“, so die Expertin. Die gleichgewichtete Version des MSCI USA Index sei im ersten Halbjahr 2023 um mehr als 8 % hinter dem nach Marktkapitalisierung gewichteten Index zurückgeblieben, da die meisten Gewinne des US-Marktes von einer ausgewählten Gruppe von Technologieunternehmen mit überwiegend großer Marktkapitalisierung erzielt worden seien. „Deutlich mehr europäische Namen als US-amerikanische Namen haben den entsprechenden Index übertroffen, was darauf hindeutet, dass der europäische Markt derzeit auf einem solideren Fundament steht“, erläutert Ewert.
4. Künstliche Intelligenz: Auch Europa hat einen Platz am Tisch
„Der Markt sieht die US-amerikanischen und asiatischen Tech-Giganten schon jetzt als künftige Gewinner im Bereich Künstliche Intelligenz (KI)“, sagt Ewert. „Europa wurde dabei übersehen, und dies, obwohl die Region einige der weltbesten Hersteller von Halbleiteranlagen beheimatet.“ Diese Unternehmen dürften von den steigenden Investitionen in Halbleiterkapazitäten profitieren. Europa verfüge zudem über eine Reihe erstklassiger Software- und Content-Unternehmen, die KI zur Verbesserung ihrer Angebote nutzen könnten. Und schließlich seien die europäischen Bauunternehmen gut aufgestellt, um die Nachfrage nach dem Bau und der Isolierung von Serverfarmen zu befriedigen. „Rein vom Investitionsstandpunkt aus betrachtet, könnte der weitere Aufstieg der KI mehreren europäischen Unternehmen über den aktuellen Zyklus hinaus erheblichen Rückenwind für Investitionen geben“, so Ewert.
Fazit:
Beatrix Ewert resümiert: „Wir sind der Meinung, dass europäische Aktienanleger in den kommenden Monaten vorsichtig positioniert sein sollten, da der Druck durch höhere Zinsen immer noch zunehmen kann. Die europäische Wirtschaft hat sich bisher als widerstandsfähig erwiesen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die immer noch andauernde rasante Serie von Zinserhöhungen in einem anderen Szenario als einer deutlichen Verlangsamung endet, scheint gering.“ Dennoch dürfte Europa gut aufgestellt sein, um die nächsten möglicherweise schwierigen Quartale zu überstehen. „Die Spanne zwischen den am höchsten und den am niedrigsten bewerteten Aktien hat sich in letzter Zeit wieder vergrößert. Wir rechnen daher mit zahlreichen Bewertungsanomalien, die wir durch unseren disziplinierten Relative-Value-Ansatz ausnutzen können“, so die Expertin.
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