RICS: Aussichten auf dem weltweiten Gewerbeimmobilienmarkt bleiben uneinheitlich / Gesamtindex sinkt in Deutschland wieder

  • RICS veröffentlicht Global Commercial Property Monitor Q2 2023
  • Globaler Hauptindex fällt von -11 auf -14
  • Ergebnisse aus MEA und Teilen von APAC zeigen weiterhin ein optimistisches Bild 
  • Steigende Zinssätze in weiten Teilen der Welt führen zu einer Verschlechterung der Kreditbedingungen
  • Europa: Investmentmarkt kämpft weiterhin aufgrund sich verschärfender Kreditbedingungen
  • Deutschland: Gesamtindex sinkt nach leichter Erholung von -28 auf -34, Investorenstimmung fällt wieder und ist zum fünften Mal in Folge negativer als Mieterstimmung
  • Mietaussichten für kommende 12 Monate in Deutschland ebenfalls wieder im negativen Bereich

Die Ergebnisse des RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) für das zweite Quartal 2023* zeigen, dass sich die Stimmung auf dem weltweiten Gewerbeimmobilienmarkt weiterhin verschlechtert. Der Commercial Property Sentiment Index (CPSI)** rutschte auf einen Wert von -14, verglichen mit -11 in den ersten drei Monaten des Jahres und verzeichnet nun schon fünf Quartale in Folge ein negatives Ergebnis. Die Ergebnisse zum Mieter- und Investmentmarkt zeigten eine leichte Verschlechterung im Vergleich zum ersten Quartal. So sank der Index der Mieternachfrage (Occupier Sentiment Index, OSI***) von -8 auf -11 und der Investment Sentiment Index, ISI**** ging von -14 auf -17 zurück.

Regionales Bild zeigt weiterhin Unterschiede

Während sich die Hauptergebnisse weltweit häufig in den regionalen und länderspezifischen Daten widerspiegeln, gibt es, wie im ersten Quartal, einige bemerkenswerte Ausnahmen. Wieder einmal sticht der Gesamtwert für den Nahen Osten und Afrika (MEA) hervor. Der CPSI für die Region blieb mit +8 (zuvor +7) fast unverändert, dabei erzielten Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Nigeria weiterhin gute Werte. Im Gegensatz dazu sind die Ergebnisse in ganz Europa nach wie vor negativ, da sich der CPSI in allen wichtigen Märkten mehr oder weniger stark verschlechtert hat. In Frankreich sank er von -36 auf -38, in Deutschland von -28 auf -34 und in Großbritannien von -11 auf -17.

Im Gegensatz dazu ist das Bild in der APAC-Region weiterhin uneinheitlich. Der CPSI-Gesamtindex verzeichnete einen deutlichen Rückgang von -4 auf -17 (-21 in Q4 2022). Dies ist größtenteils auf negative Ergebnisse in China und Hongkong zurückzuführen, die die Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit in den letzten Monaten widerspiegeln. Dies folgt auf den starken Wachstumsschub zu Beginn des Jahres nach Aufhebung der Covid-Beschränkungen. Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse in Indien und Singapur im Einklang mit dem wesentlich positiveren Trend in der Region. Der CPSI für Nord- und Südamerika ist weiterhin schwach, wenn auch weniger stark als im ersten Quartal, mit einem Gesamtwert für die USA von -11 gegenüber -17 in Q1.

Steigende Zinssätze tragen zur Verschlechterung der Kreditbedingungen bei

Die anhaltende Inflation in vielen Volkswirtschaften hat die großen Zentralbanken nicht nur dazu gezwungen, die Geldpolitik im vergangenen Quartal weiter zu straffen, sondern auch zu signalisieren, dass die Zinssätze im Laufe des Jahres 2023 wahrscheinlich weiter steigen werden. Darüber hinaus haben die Bankenzusammenbrüche zu Beginn des Jahres dazu beigetragen, dass die Kreditvergabe insbesondere in den Sektoren, die als risikoreicher eingestuft werden, neu überdacht wurde. Dies spiegelt sich in dem erfassten Indikator für die Kreditbedingungen wider. Auf globaler Ebene stieg der Nettosaldo der Befragten, die angaben, dass das Kreditumfeld restriktiver wird, auf -33 %, verglichen mit -29 % im ersten Quartal. Es überrascht wenig, dass es starke regionale Unterschiede bei der Kreditverfügbarkeit gibt. Das Bild zeigt sich in Europa am schwierigsten, wo der Gesamtwert einen Nettosaldo von -72 % aufweist, was auf eine weitere deutliche Verschärfung der Kreditkonditionen hinweist, ein Wert, der gegenüber dem Vorquartal weitgehend unverändert blieb. Die Ergebnisse für Nord- und Südamerika war etwas weniger negativ als in Q1, aber immer noch negativ (-47 % gegenüber -56 %). Der aktuelle Wert für die USA liegt mit -55 % nach wie vor leicht höher als in der Gesamtregion.

Büronachfrage bleibt unter Druck

Es ist bezeichnend, dass der Nettosaldo sowohl bei der Büronachfrage der Mieter als auch der Investoren in jedem der letzten drei Quartale negativer ausfiel als im Einzelhandel. Wie bei vielen der aktuellen Ergebnisse ist der Rückgang der Büronachfrage regional und länderspezifisch unterschiedlich. Auf regionaler Ebene verzeichnet nur MEA einen positiven Trend auf Seiten sowohl der Investoren- als auch der Mieternachfrage. In der APAC-Region sind die Ergebnisse für Indien besonders gut, aber auch Singapur und Malaysia weisen positive Werte auf. Die größten „Bremsklötze“ in der Region sind wiederrum China und Hongkong. Auch Europa ist weiterhin im negativen Bereich, was die anhaltenden Herausforderungen im Zusammenhang mit der Einführung hybrider Arbeitsweisen auf Investoren- und Mieterseite widerspiegelt.

Ausblick auf Landesebene weiterhin uneinheitlich

Wie in Q1 sind die Zwölfmonatserwartungen sowohl für Mieten als auch für Kapitalwerte auf Länderebene uneinheitlich. Positive Prognosen für beide Bereiche sind in den APAC- und MEA-Märkten zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu stehen negative Erwartungen besonders auf den europäischen Märkten, aber auch in China und Katar.

Europa: Investmentmarkt kämpft weiterhin aufgrund sich verschärfender Kreditbedingungen

Die GCPM-Ergebnisse für Europa zeigen, dass die Investorennachfrage insgesamt weiter wurde durch die Kreditbedingungen und die nach wie vor schleppenden Wachstumsaussichten beeinträchtigt. Dementsprechend geben 68 % der Befragten an, dass sich der Markt nach wie vor in einer Abschwungphase des Immobilienzyklus befindet, damit unverändert gegenüber den Ergebnissen des ersten Quartals. Dennoch zeigt sich in einigen Teilen Europas und in einzelnen Sektoren eine gewisse Widerstandsfähigkeit. Dabei sind die Trends auf dem Mietermarkt nicht ganz so negativ wie auf der Investitionsseite.

Investitionsklima-Index erreicht Vierzehnjahrestief

Auf gesamteuropäischer Ebene verzeichnete der Investment Sentiment Index (ISI) im zweiten Quartal einen Wert von -31, was einen Rückgang gegenüber einem Wert von -24 in Q1 entspricht und damit den schwächsten Wert seit Q4 2008 darstellt. Dies ist auf eine sinkende Investitionsnachfrage in allen wichtigen Sektoren zurückzuführen, wobei vor allem Einzelhandels- und Büroimmobilien einen starken Rückgang verzeichneten. Zudem haben sich die Kreditbedingungen im zweiten Quartal weiter verschlechtert, was sich in einem stark negativen Nettosaldo von -72 % für diese Kennzahl widerspiegelt. Der Index für die Mieterstimmung sank leicht auf leicht auf einen Wert von -15 (von zuvor -12). 

Die meisten europäischen Länder weisen mehr oder weniger negative Werte für den Gesamtindex CPSI auf. Besonders herausfordernd zeigt sich dabei die Situation in der Schweiz, Frankreich, Ungarn und Deutschland. Hier sind die CPSI-Werte für das zweite Quartal schwächer als in der vorherigen Erhebung, was vor allem auf das

schwierigere Umfeld auf den Investitionsmärkten zurückzuführen ist. Am anderen Ende der Skala weisen Kroatien und Griechenland positive CPSI-Werte auf, gestützt durch ein anhaltendes Wachstum der Mieter- und Investorennachfrage im zweiten Quartal.

Kapitalwerte geraten weiter unter Druck 

Die überwiegende Mehrheit der europäischen Märkte verzeichnen entweder einen flachen oder negativen Ausblick bei den zwölfmonatigen Kapitalwerterwartungen, wobei für sekundäre Büro- und Einzelhandelsflächen ein sehr starker Rückgang erwartet wird. Die Prognosen für erstklassige Büro- und Einzelhandelsimmobilien sind nicht ganz so negativ, dennoch werden die Werte im kommenden Jahr auch hier sinken. Die Kapitalwerterwartungen für Datenzentren und Life Science-Immobilien zeigen sich widerstandsfähiger, auch wenn die Aussichten in beiden Fällen nur geringfügig positiv sind.

Deutschland: Investorenstimmung sinkt wieder und ist zum fünften Mal in Folge negativer als Mieterstimmung 

Der Commercial Property Sentiment Index für Deutschland sinkt in Q2 nach einer leichten Erholung im ersten Quartal wieder von -28 auf -34. Im Vorquartal gaben 88 % der Befragten an, dass sich der Zyklus in einer Abschwungphase befindet, jetzt sind es 80 %. Auch die Investorenstimmung sinkt nach leichter Erholung wieder von -38 auf -43. Sie befindet sich aber zum fünften Mal in Folge im negativen Bereich und unter dem Wert der Mieterstimmung, der ebenfalls wiedernachgibt und einen Wert von -25 verzeichnet (Q1: -19).

Die Investorennachfrage über alle Assetklassen sinkt ebenfalls wieder und erreicht ein Nettosaldo von -53 % (Q1: -49 %). Bei Büroimmobilien verschlechtert sich der Nettosaldo leicht und verzeichnet jetzt einen Wert von -67 % (Q1: -65 %). Auch bei Industrieimmobilien gibt der Wert von -26 % auf -31 % nach. Nachdem sich der Wert von Einzelhandelsimmobilien von Q4 auf Q1 verbessert hatte sinkt der Nettosaldo auch hier von  -57 % auf -62 %. Bei der Einschätzung von Deutschland als Immobilieninvestitionsstandort haben sich kaum Veränderungen ergeben; als teuer schätzen ihn 72 % (Q1: 71 %) ein. 

Die Kapitalwerterwartungen für die nächsten 12 Monate über alle Assetklassen hinweg fällt leicht von -57 % auf -58 %. Auch hier verschlechterten sich Büroimmobilien, wobei der Nettosaldo von -58 % auf -67 % fiel. Die Aussichten bei den Kapitalwerten von Industrieimmobilien sind hingegen von -39 % auf -34 % leicht gestiegen. Auch Einzelhandelsimmobilien erholten sich leicht und der Wert stieg von -74 % auf -73 %.

Bei der Einschätzung der Befragten zu den Mieten in den nächsten 12 Monaten dreht die Stimmung wieder ins Negative. Demnach fielen die Mieterwartungen von +2 % auf -14 % über alle Assetklassen hinweg. Büroimmobilien sanken von +11 % auf -8 %. Bei Industrieimmobilien fiel der Wert von +44 % auf +21 %. Und auch bei Einzelhandelsimmobilien zeigt sich der insgesamt negative Trend. Hier fielen die Mietaussichten von -51 % auf -53 %. 

Seit dem zweiten Quartal 2020 nehmen die deutschen Teilnehmer durchgängig eine negative Veränderung bei den Kreditkonditionen wahr. Dieser Wert verbesserte sich in der aktuellen Umfrage. Der Nettosaldo erreichte im zweiten Quartal demnach einen Wert von -66% (Q1: -85%). Die aber dennoch weiterhin negativen Konditionen für Kredite spiegeln sich in den Zahlen für den Beginn von Projektentwicklungen wider. Hier erreichte der Nettosaldo einen Wert von -70 % (Q1: -71 %) über alle Assetklassen.

Fazit: Auf und ab am Immobilienmarkt – die Herausforderungen bleiben und die Unsicherheit auch!

Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorsitzende des RICS European World Regional Board (EWRB): „Global zeigen sich deutliche Unterschiede in der Performance der Immobilienmärkte. Während Europa und die USA, sowie mittlerweile auch China schwächeln, bleiben andere Weltregionen stabil. Europa bleibt gefangen in den Herausforderungen des schwächelnden Wachstums, der Inflation, der Preissteigerung und der höheren Kreditkonditionen. Das zeigt auch Spuren im Investoren- und Mieter-Sentiment. Bessere Zeiten rücken immer weiter in die Ferne.”

Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland, ergänzt: „Die Flexibilisierung der Arbeit zeigt weiterhin starke Auswirkungen auf die Assetklasse Büro, die jetzt ihre Resilienz in einem sich nachhaltig veränderten Marktumfeld unter Beweis stellen muss. Generell kann sich auch der deutsche Markt dem aktuellen Geschehen nicht entziehen und muss zusätzlich zur Verschlechterung der Stimmung am Kapitalmarkt nunmehr auch mit Herausforderungen der Angebotsmieten in peripheren Teilmärkten rechnen. Dennoch zeigen sich leichte positive Signale vor allem im Hotel- wie auch im Einzelhandelsbereich.“ 

Hier der Link zur PK:
https://us02web.zoom.us/rec/share/_xsTdlxQxqBWtauhkccNQWhxU1pERxWRNpsI1waUJaMSTQF-1Eg5Vkv2RocDZm-_.Sbw0ctY57kpB03wL
Kenncode: j&k&&0BU

* Die Befragung fand vom 14. Juni bis 14. Juli 2023 statt, 1.740 Unternehmen haben daran teilgenommen.

** Der Commercial Property Sentiment Index (CPSI) ist ein ungewichteter Durchschnitt aus OSI und ISI (s.u.). Die regionalen Indikatoren werden anhand der von LaSalle Investment Management bereitgestellten Schätzungen des Bestands an Gewerbeimmobilien gewichtet und jährlich angepasst.

*** Der RICS Occupier Sentiment Index (OSI) wird aus dem ungewichteten Durchschnitt der Messwerte für drei Reihen gebildet, die sich auf den Nutzermarkt beziehen und per Saldo gemessen werden: Nutzernachfrage, Höhe der Anreize und Mieterwartungen. 

**** Der RICS Investment Sentiment Index (ISI) wird als ungewichteter Durchschnitt der Messwerte für drei Reihen berechnet, die sich auf den Investitionsmarkt beziehen und per Saldo gemessen werden: Investitionsanfragen, Kapitalwerterwartungen und das Angebot an zum Verkauf stehenden Immobilien.

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