Aktuell leiten vor allem die Autohersteller Mercedes und BMW nach schweren Unfällen die Notrufe standardmäßig an eigene Callcenter oder Dienstleister wie Bosch weiter, während andere Hersteller wie Opel, Renault oder Tesla direkt mit der 112 verbinden. Bei Mercedes und BMW verständigen deren Callcenter im Notfall die zuständigen Leitstellen der Feuerwehr und geben die Standortdaten des Fahrzeugs weiter. Diese Zeitverzögerung kritisiert der Feuerwehrverband. „Es gibt ein Glied mehr in der Kette ohne Nutzen für die Betroffenen“, kritisiert Carsten Schneider. ADAC-Unfallforscher Michael Hutter sieht das genauso: „Da der Herstellernotruf über mehrere Stellen – Fahrzeug, Callcenter und Leitstelle – läuft, sind damit meist ein höherer Zeitaufwand und eine höhere Fehlerquote bei der Informationsübermittlung verbunden.“
Der Feuerwehrverband kritisiert, der Herstellernotruf TPS-eCall habe „in Deutschland noch keine Rechtsgrundlage, findet aber statt“, so Schneider. Es gibt zwar eine EU-Richtlinie, die eCall seit 2018 in typneuzugelassenen Neuwagen vorschreibt und dabei auch den Herstellernotruf erlaubt. Doch Deutschland hat die Richtlinie von 2015 nicht in deutsches Recht überführt, etwa um Mindestanforderungen festzulegen. Laut Feuerwehrverband arbeiten in den Leitstellen der Hersteller nicht immer Rettungsfachkräfte. „Dieses rechtliche Vakuum beim TPS-eCall wirft Haftungsfragen auf, etwa wenn ein eCall falsch behandelt wird oder nicht speziell für Notfallsituationen geschultes Personal falsche Schlussfolgerungen zieht“, so Schneider. Die Tätigkeit der Drittanbieter müsse „endlich geregelt und überwacht“ werden, so DFV-Experte Schneider. ADAC-Sprecherin Katja Legner vermutet, dass es den Herstellern ums Geschäft geht: „Die Hersteller wollen quasi monopolartig als Erste über Unfälle Bescheid wissen, um mit zusätzlichen Services und Angeboten Geschäfte machen zu können, etwa mit der Organisation des Abschleppdienstes, der Reparatur des beschädigten Autos oder der Bereitstellung eines Unfall-Ersatzwagens oder sogar eines Neuwagens. Das darf nicht sein!“
Redakteur: Claudius Maintz
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