Bei Azubi-Frust nach 100 Tagen hilft Feedback

Eine gelungene Ausbildung ist von großer Bedeutung für das berufliche Fortkommen von jungen Menschen und ebenso für die Zukunft von Unternehmen. Svenja Gutknecht, Pädagogin und Coach bei Eisberg-Seminare, erklärt, welche Schritte Unternehmen, Eltern und Azubis gehen können, um sicherzustellen, dass die Ausbildung ein Erfolg wird. "Die Ausbildung ist eine entscheidende Phase im Leben junger Menschen, und es ist wichtig, dass Unternehmen, Eltern und Azubis zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass sie erfolgreich verläuft", sagt Svenja Gutknecht von Eisberg-Seminare. Warum gerade nach 100 Tagen der perfekte Zeitpunkt für eine Bestandsaufahme ist, erläutert die Expertin:

Nach den ersten Wochen und Monaten der Ausbildung lässt die anfängliche Motivation und Begeisterung nicht selten nach. Die Aufregung des Neuanfangs weicht dem Alltagstrott und nach anfänglicher Euphorie kehrt der Alltag ein. Dieser Punkt ist jedoch entscheidend und gerade jetzt sollten Maßnahmen ergriffen werden. Denn ohne die richtige Motivation kann die Ausbildung zu einer Belastung für alle werden und die Lernbereitschaft sowie die Leistungsfähigkeit leiden. Durch gezielte Maßnahmen können Ausbilder, Unternehmen und Auszubildende gemeinsam dafür sorgen, dass die Freude an der Aufgabe und der Ehrgeiz wieder entfacht werden. Dies kann beispielsweise durch die Einführung neuer Herausforderungen, Fortbildungsmöglichkeiten oder auch durch regelmäßiges Feedback und Anerkennung geschehen.

Für Unternehmen sind einige Eckpunkte von entscheidender Bedeutung. Flexibilität ist hierbei ein Schlüsselfaktor, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Auszubildenden gerecht zu werden. Denn auch wenn vom Grundsatz her die Ausbildung einen Rundum-Einblick vermitteln muss, dürfen sich ungeliebte Aufgaben nicht zur Bestrafung entwickeln. Lässt sich Flexibilität nur in geringem Maß herstellen, ist es wichtig, dem jungen Menschen die Gründe und Umstände zu erläutern. Überhaupt ist es wertvoll, wenn Unternehmen regelmäßiges Feedback anbieten, damit die Azubis wissen, wie sie sich verbessern können und wo ihre Stärken liegen. Die Individualität der Auszubildenden sollte ebenfalls berücksichtigt werden, indem ihnen Raum für selbstständiges Arbeiten und Entfaltung gegeben wird. Auch hier kann ganz nach Ausbildungsstand und Persönlichkeit des Azubis geplant werden. Die Digitalisierung ist in der Ausbildung keinesfalls zu vernachlässigen, da sie eine wichtige Rolle im modernen Arbeitsleben in nahezu jedem Aufgabenbereich spielt und die digitale Generation in ihrer Alltagsrealität abholt. Außerdem ist es wichtig, den Auszubildenden eine Perspektive zu bieten, indem sie zum Beispiel Möglichkeiten zur Weiterbildung oder Aufstiegschancen erhalten und ihnen ganz generell die Rolle der jeweiligen Branche in der Wirtschaft aufgezeigt wird. So entstehen Identifikation, Stolz und ein Gefühl von Sicherheit.

Aber natürlich sind auch die Azubis gefragt. Idealerweise haben sie sich schon vor Beginn der Ausbildung gründlich informiert. Dies beinhaltet die Recherche auf der Webseite des Unternehmens und in den sozialen Medien, aber auch das Einholen von Informationen über den angestrebten Beruf im Bekanntenkreis. Ebenso ist es gut, wenn Azubis ihre eigenen Präferenzen kennen: ob sie am liebsten früh oder spät arbeiten, im Team oder allein, etwas Greifbares erschaffen oder mit dem Kopf produktiv sind. Haben Azubis die passende Wahl getroffen, können sie sich im Gespräch mit anderen damit auseinandersetzen, wie man im Alltag ankommt und sich an vorige Erfolgserlebnisse wie etwa die absolvierte Schulzeit erinnern. Zudem hilft ein Blick nach vorn auf die Zeit nach der Ausbildung, wenn oftmals mehr Möglichkeit zur Gestaltung des Arbeitsalltags besteht. Es ist wichtig, den Druck herauszunehmen und zu erkennen, dass die Ausbildung die Grundlage für alles Weitere ist, aber der Job oder man selbst sich verändern kann. Stellt man nach der Bestandsaufnahme jedoch fest, dass der Job weder jetzt noch in Zukunft passen wird, ist es auch in Ordnung, die Reißleine zu ziehen und sich anderweitig zu orientieren. Mein Tipp für diesen Fall: Eltern, Ausbilder und Ansprechpartner in der Berufsschule über die Entscheidung informieren und zeitnah nach einem alternativen Ausbildungsplatz umsehen.

Und auch Eltern spielen eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Ausbildung ihrer Kinder. Unterstützung und Ermutigung sind von großer Bedeutung, um das Selbstvertrauen der Auszubildenden zu stärken, ehrliches Feedback ebenfalls. Doch Geduld und Zurückhaltung sind hier gefragt, um den Auszubildenden Raum zur Selbstständigkeit und persönlichen Entwicklung zu geben. Es ist wichtig, dass Eltern ihren Kindern vertrauen und ihnen erlauben, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. „Als junge Mutter weiß ich, dass man Schaden vom Kind weghalten und ihm oder ihr den bestmöglichen Start ermöglichen möchte. Als Pädagogin ist mir aber klar, dass dies die Entwicklung eines jungen Menschen letztlich behindert“, erläutert Svenja Gutknecht.

Ihre komprimierte Empfehlung für alle Stakeholder im Team Ausbildung: "Durch Flexibilität, Feedback, Individualität, Digitalisierung und Perspektive können Unternehmen eine solide Basis für die Ausbildung schaffen. Azubis sollten sich gut informieren, ihre eigenen Präferenzen berücksichtigen und den Druck herausnehmen, während Eltern Geduld und Zurückhaltung zeigen sollten, um ihren Kindern den Raum zur persönlichen Entwicklung zu geben."

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