Die aktuelle Marktdynamik schafft glücklicherweise genügend Möglichkeiten defensiv positioniert zu bleiben und zugleich an langfristigen Wertsteigerungsmöglichkeiten in den säkularen Themen, die die Weltwirtschaft verändern, teilzuhaben. Wir halten es für riskant, Bargeld zu halten, denn die Geschichte lehrt uns, dass 1) selbst bei den heutigen verlockenden Zinssätzen Cash vom Beginn der wirtschaftlichen Schwäche bis zur ersten Erholung deutlich schlechter abschneidet als ein ausgewogenes Portfolio, und 2) eine Erhöhung des Zinsrisikos, nachdem die Zentralbanken mit der Lockerung der Geldpolitik begonnen haben, tendenziell zu spät kommt.
Eine zu erwartende Vielzahl von „Stop-and-Go-Wirtschaftsdaten“ deutet darauf hin, dass Qualität in Multi-Asset-Portfolios Vorrang haben sollte, was unsere derzeitige defensive Positionierung unterstreicht. Für Aktien bedeutet dies ein Engagement in Unternehmen, die über den Zyklus hinweg ein beständiges Gewinnwachstum erzielen können. Bei den festverzinslichen Wertpapieren können Anleger wieder auf Investment-Grade-Anleihen zurückgreifen, um Erträge zu erzielen und gegenüber Aktien zu diversifizieren. Die anlageübergreifende Diversifizierung gewinnt unter solchen Bedingungen an Bedeutung, wobei auch alternative Strategien, die nicht mit Aktien und Anleihen korrelieren, eine Rolle spielen.
Kettenreaktionen
Bei der Suche nach einer Erklärung für den Wirtschaftsaufschwung im Jahr 2023 wird häufig auf die langen und unterschiedlichen Verzögerungen bei der geldpolitischen Straffung verwiesen. In diesem Zyklus erweisen sich diese Zeitspannen bisher als länger und variabler denn je. Eine Erklärung liegt zum Teil in der Widerstandsfähigkeit der US-Verbraucher, die lange Zeit ein Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft waren. Wir befürchten, dass dies nicht von Dauer sein wird, vor allem, da die Konjunkturprogramme der Pandemiezeit ausgelaufen sind und der gegenwärtige Konsum zunehmend durch Schulden angekurbelt wird. Wir erwarten, dass 2024 ein Jahr der Kettenreaktionen wird. Höhere Zinsen und ein schwächelnder Verbraucher treffen auf Veränderungen bei Inflation, Beschäftigung, Wachstum und Geopolitik.
In den meisten internationalen Konjunkturzyklen treten Rezessionen in der Regel einige Quartale oder sogar Jahre nach dem Höchststand der Leitzinsen auf. Die aktuellen Konjunkturaussichten werden durch den anhaltenden Liquiditätsabzug der Zentralbanken, den Anstieg der Realzinsen Jahresende und den anhaltend starken US-Dollar weiter belastet. Diese Faktoren verstärken die restriktive Wirkung der Zinserhöhungen.
Ein Alleinstellungsmerkmal der Aktienmärkte während der Pandemie sind die wachstumsorientierten Mega-Cap-Internet- und Technologiewerte, die die Aktien nach oben getrieben haben und gleichzeitig Eigenschaften aufweisen, die normalerweise mit defensiveren Aktien in Verbindung gebracht werden: stetige Erträge, stabile Margen und starke Bilanzen. Ein Engagement in solchen Titeln in dieser Phase des Zyklus kann Portfolios vor Gewinnrückgängen schützen und sie gleichzeitig so positionieren, dass sie vom Siegeszug der Themen wie künstliche Intelligenz (AI) und Cloud Computing profitieren.
Je mehr die Kraft und Effizienz innovativer Technologien sektorübergreifend genutzt wird, desto mehr dürfte sich das darauf beruhende Ertragswachstum über das gesamte Aktienuniversum verteilen. Angesichts der sich abschwächenden Konjunktur im Jahr 2024 erwarten wir, dass Unternehmen diese produktivitätssteigernden Innovationen intensiv einsetzen werden, um ihre Margen zu verteidigen und in einigen Fällen sogar zu steigern.
Während die restriktive Geldpolitik die Wirtschaft zweifellos weiterhin belasten wird, haben sich die Aktien 2023 als widerstandsfähig erwiesen, denn die Unternehmen passten sich an, um ihre Margen zu sichern. Dies dürfte sich fortsetzen. Darüber hinaus bergen die Geopolitik, die demografische Entwicklung und ein „Higher for Longer“- Zinsumfeld sowohl Risiken als auch Chancen für Aktien. Für aktive Anleger ist es nicht verfrüht, zu entscheiden, welche Unternehmen auf der richtigen Seite dieser Trends stehen werden. Wie Abbildung 2 zeigt, schneiden „Qualitäts“-Unternehmen in Rezessionsphasen in den meisten Ländern (in diesem Beispiel die USA) in der Regel besser ab als der breite Markt.
Die Vorteile von Anleihen nutzen
Der abrupte Anstieg der Anleiherenditen und der damit verbundene Kursrückgang waren alles andere als optimal. Das Ergebnis ist jedoch, dass festverzinsliche Wertpapiere wieder ihre traditionelle Rolle in einem ausgewogenen Portfolio spielen können. Da die Leitzinsen um Hunderte von Basispunkten gestiegen sind, haben die Zentralbanken weltweit endlich den Spielraum, die Zinsen zu senken, sollte die Wirtschaft schrumpfen.
Da die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries deutlich über 4 % liegt, könnten Anleihen einen Wertzuwachs generieren, der einen Teil des Aktienrückgangs in einem Risk-Off-Szenario kompensiert. Höhere Renditen bei risikofreien Wertpapieren haben den Vorteil verringert, sich aus Staats-, Unternehmens- und verbrieften Anleihen mit Investment-Grade-Rating zu verabschieden. Das Potenzial attraktiver risikobereinigter Renditen in weniger konjunkturanfälligen High-Yield-Segmenten des Marktes bedeutet jedoch, dass diese ebenfalls aktiv in die Portfolios der Anleger aufgenommen werden sollten.
Das lange Spiel
Der Zyklus ist wesentlich und sollte in die Entscheidungsfindung einfließen. Wir sind jedoch überzeugt, dass der Schlüssel zum Anlageerfolg darin liegt, einen Fünf- bis Zehnjahreshorizont zu verfolgen. Vor diesem Hintergrund bleiben wir für die Finanzmärkte optimistisch. Wir sehen Chancen in allen Anlageklassen und sind von den Vorteilen eines diversifizierten Portfolios überzeugt. Um die erwarteten und unerwarteten Kettenreaktionen des Jahres 2024 zu bewältigen, bedarf es jedoch umfassender Researchkapazitäten, um die ökonomischen Auswirkungen wirklich zu verstehen, die daraus resultierenden Marktverwerfungen zu erkennen und Kunden zu helfen, ihre Investitionen in eine bessere Zukunft zu führen.
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