Karl Lauterbach erklärte sich zum Abbau bürokratischer Hindernisse bereit, sieht beim Honorar jedoch keinen Handlungsbedarf und verweist auf ein klärendes Treffen im Januar mit den hausärztlichen Verbänden.
„Es ist bedauerlich, dass Karl Lauterbach in einem Interview nun erneut behauptet, dass insbesondere Orthopäden zu viel verdienen würden. Die Aussage des Gesundheitsministers ist nicht nur unangebracht, sondern auch ungerechtfertigt. Das haben wir als Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. bereits im August klargestellt“, kritisiert Dr. Burkhard Lembeck, Präsident des BVOU.
Er ergänzt: „Es bringt auch nichts, diese Aussage zu wiederholen. Dadurch wird Sie auch nicht zur Wahrheit. Den Äußerungen des Ministers stellen wir den aktuellen Honorarbericht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vor. Die neuesten Zahlen sind für das Quartal 3/2022 vorhanden.“
Umsatz ist nicht gleich Ertrag, Gewinn pro Praxis nicht Gewinn pro Arzt
Dem Honorarbericht ist zu entnehmen, dass
- Der Umsatz pro Versicherten („Scheinwert“) bei Orthopäden 58,18 Euro (S.65), bei den Hausärzten hingegen 68,78 Euro (S.17) beträgt
- Der Überschuss pro Quartal bei den Orthopäden (S.88) 23.520 Euro bei den Hausärzten (S.23) 30.465 Euro beträgt
- Die Orthopäden und Chirurgen bei den Überschüssen somit im unteren Drittel liegen (S.88)
Wenn man bedenkt, dass der Überschuss eines selbständigen Arztes nicht mit dem Einkommen eines angestellten Arztes vergleichbar ist, dann wird klar, dass die Erträge aus der kassenärztlichen Tätigkeit nicht mehr konkurrenzfähig sind zum Angestelltengehalt. „Es nützt daher nichts, wenn man wiederholt das Klischee vom porschefahrenden Orthopäden zu bedienen, um eine Neiddebatte zu provozieren und Honorarforderungen abzubügeln. Die Fakten zeigen klar ein anderes Bild von der Einkommenssituationen“, betont der BVOU-Präsident.
Rahmenbedingungen machen selbständige Tätigkeit für Fachärzte zunehmend unattraktiv
Die Fakten zeigen, dass im Gegensatz zu den Aussagen des Bundgesundheitsminister, die Honorarsituation bei vielen Fachärzten noch viel prekärer ist als bei den hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen. Wenn der Bundesgesundheitsminister im Januar den hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen die Entbudgetierung verkünden will, so geht dies am Thema vorbei, da die Entbudgetierung dort in den meisten KVen Realität ist. Sollte er dort noch eine weitere Umverteilung zuungunsten der Fachärzte verkünden will, so geht auch dies am Thema vorbei, wie die o.g. Fakten zeigen. Dr. Lembeck zeigt sich besorgt: „Wie soll denn die Bevölkerung in der Zukunft ambulant versorgt werden, insbesondere wenn auf den niedergelassenen Bereich mit den absehbaren massenhaften Schließungen von Kliniken ein immer größer werdenden Versorgungslast zukommt?“
Gehaltsvergleich mit anderen europäischen Ländern hinkt
Was den Vergleich mit den europäischen Ländern anbelangt, so muss für den fachärztlichen Bereich festgehalten werden, dass es außer in der Schweiz oder Österreich vergleichbare Versorgungsstrukturen nicht gibt. In den meisten europäischen Ländern sind die orthopädisch unfallchirurgischen Kollegen in Kliniken als leitenden Ärzte, d.h. consultants tätig. Ein flächendeckender Einkommensvergleich dieser consultants auf europäischer Ebene ist uns nicht bekannt. Die Gehälter der uns bekannten consultants liegen aber allesamt deutlich über den Überschüssen für Orthopäden wie sie der o.g. Honorarbericht ausweist.
Referenzen:
1) KBV-Honorarbericht Quartal 3/2022: https://www.bvou.net/wp-content/uploads/2016/10/KBV_Honorarbericht_Q3-2022.pdf
2) Interview mit Karl Lauterbach, heute journal update vom 27. Dezember: https://www.zdf.de/nachrichten-sendungen/heute-journal-update/sgs-lauterbach-goekdemir-100.html
3) BVOU-Pressemitteilung vom 15.08.2023: https://www.bvou.net/von-ausgewogener-berichterstattung-kann-beim-bmg-keine-rede-sein/?parent_cat=300
Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) ist die berufspolitische Vertretung für mehr als 7.000 in Praxis und Klinik tätigen Kollegen und Kolleginnen. Der BVOU setzt die beruflichen Interessen seiner Mitglieder durch, indem er zum Vorteil der Patienten und des Gemeinwohls gemeinsam mit den wissenschaftlichen Gesellschaften den Standard orthopädisch-unfallchirurgischer Versorgung entwickelt, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen prägt und dadurch die öffentliche Wahrnehmung seiner Mitglieder als Experten für orthopädisch-unfallchirurgische Versorgung gestaltet.
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