Debatte über Landwirtschaft muss weitergehen

Angesichts der Bauernproteste erhält die 88. Ausgabe der Internationalen Grünen Woche besondere Relevanz: Nach jahrzehntelangen Verfehlungen und Unterlassungen in der deutschen und europäischen Agrarpolitik ist der Druck zum Umbau der Landwirtschaft groß. Eine Agrarpolitik, die in die Zukunft gerichtet ist, muss sich der aktuellen Problemlage stellen.

Um den Preis für Lebensmittel gering zu halten, wurden in der Vergangenheit umfassende Subventionen für die Landwirtschaft geschaffen. Damit einhergehend schwand die Hoheit der Landwirtschaft über die Preisgestaltung für die erzeugten Produkte. Heute sind landwirtschaftliche Betriebe zur Einkommenssicherung auf diese Subventionen angewiesen. Entfallen Subventionen wirkt sich das direkt negativ auf die Einkommenssituation der Betriebe aus.

Um Lebensmittel günstig zu erzeugen und ihren Gewinn zu erhöhen, haben viele landwirtschaftliche Betriebe ihre Produktion mit industriellen Methoden intensiviert. Das aber hat massive Auswirkungen auf die Umwelt und aufs Tierwohl: nitratbelastete Böden, Rückstände von Arzneimitteln aus der Intensivtierhaltung im Wasser, ein massiver Rückgang der Artenvielfalt sind hierfür einige Beispiele.

Statt die Ursachen der Probleme anzugehen, versucht die Politik seit Jahren, die negativen Folgen der intensiven Landwirtschaft durch Eingriffe ins Ordnungsrecht zu mindern. Die Folge: landwirtschaftliche Betriebe müssen mehr und mehr Bürokratie leisten. Das führt gerade bei kleinen und mittleren Betrieben nicht selten zu Überforderung und erhöht die Arbeitszeit ohne zusätzliche Entlohnung zu bringen.

Der Biokreis begrüßt ausdrücklich, dass Bäuerinnen und Bauern durch ihre Proteste auf die schwierige Situation der Landwirtschaft aufmerksam machen und eine gesellschaftliche Debatte in Gang gesetzt haben, die lange überfällig ist. Nur wenn der notwendige Umbau der Landwirtschaft entschlossen in Angriff genommen wird, können die aktuellen Krisen bewältigt werden.

Biokreis-Geschäftsführer Josef Brunnbauer betont, dass der Druck auf der Straße mit Inhalt gefüllt werden muss: „Nur wenn wir gemeinsam aufstehen und laut sind, werden Gesetzesvorhaben und Rahmenbedingungen den Grundsätzen einer ausbalancierten, verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Politik entsprechen. Die Zukunftskommission Landwirtschaft, die Borchert-Kommission und aktuell auch der Bürgerrat Ernährung haben Vorschläge erarbeitet, deren Umsetzung ein echter Erfolg wäre.“ Dazu gehören zum Beispiel die Entlohnung gesellschaftlicher Leistungen, die Erzielung mindestens kostendeckender Preise und das gesamtgesellschaftliche Erbringen von Klimaschutzmaßnahmen.

Der Umbau der Landwirtschaft für eine Zukunft, die vom Klimawandel, von zunehmenden ökologischen Herausforderungen sowie von Problemen in der Lieferkette geprägt sein wird, erfordert Mut, Beharrungsvermögen und ein klares Bild davon, was man erreichen will. Solange Bäuerinnen und Bauern nicht wissen, wohin sie in Zukunft steuern sollten, und solange sie nicht wissen, dass sie auf diesem Weg begleitet und finanziell unterstützt werden, wird die Wut bleiben, auch wenn die Proteste enden.

Der Ökolandbau zeigt seit Jahrzehnten, dass der Logik der billigen Lebensmittel etwas entgegengesetzt werden kann. Es ist möglich, Landwirtschaft zu betreiben, ohne auf Kosten der Umwelt zu wirtschaften und den Klimawandel voranzutreiben. Die Landwirtschaft darf sich nicht dem Klimaschutz und dem Abbau fossiler Subventionen entziehen. Sie kann aber nur ihren Teil beitragen, wenn Bäuerinnen und Bauern ein ausreichendes Einkommen, klare Perspektiven und die Möglichkeit haben, in ihren Betrieb zu investieren. 

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