Deutliche Spuren des Niedergangs sind in fast allen Rheinorten zu finden. In vielen Gemeinden wurden ganze Straßenzüge unbewohnbar. Geschäfte verschwinden ebenso wie Dienstleistungen. Es fehlen Handwerker, Ärzte, Bäcker, Metzger. Häuser wurden unverkäuflich, Anwohner krank. Die jungen Menschen sind meist weggezogen – die Orte sterben aus.
Jetzt droht die Bahn mit noch mehr Verkehr, noch längeren, noch schwereren Güterzügen, die mit bis zu 120 km/h wenige Meter an Häusern und Menschen vorbeirasen. Durch die Verwirbelungen fliegt an Bahnsteigen nicht selten ein Hut davon oder ein Kinderbuggy wird vom Luftzug mitgerissen. Lebensgefährlich ist das!
Pro Rheintal weist seit beinahe 20 Jahren darauf hin, dass die Region und ihre Menschen den Bahnlärm auf Dauer nicht überleben werden. Politik und Bahn haben sich anfänglich, zu Beginn der 2010er-Jahre, von Pro Rheintal antreiben lassen und sich beispielsweise zur Abschaffung des Schienenbonus und weiteren Maßnahmen bereit erklärt. Durch eine vom Staat subventionierte Umrüstung uralter Güterwaggons sollte angeblich der Lärm halbiert werden. Allerdings macht der Austausch der Bremsklötze aus einem alten Güterwagen keinen neuen und die Halbierung von vornherein falschen Berechnungen führt zu doppelt falschen Berechnungen. Hohes Tempo mit alten Waggons, das geht einfach nicht!
Wie an einer Perlenschnur aufgezogen stehen im Mittelrheintal die Häuser direkt an der Bahn. Täglich fahren insgesamt 400 Züge durch das Welterbetal. Vor allem nachts rasen Frachtzüge ungebremst an den Wohnhäusern vorbei und produzieren Lärmexplosionen und Erschütterungen, dass die Wände wackeln.
Dass Bahnlärm falsch berechnet wird, hat zudem zur Folge, dass die entsprechend ebenso falsch berechneten Schallschutzmaßnahmen nicht funktionieren können. Doch dies scheint Politik und Bahn ebenso wenig zu interessieren wie die daraus resultierenden umso gravierenderen Folgen für die Menschen und das Rheintal. Lärmbelastungen verursachen Stress. Dieser setzt Abwehrreaktionen in Gang und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol frei. Das führt auf Dauer zu Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhtem Blutdruck, Kopfschmerzen, Stoffwechselproblemen und Konzentrationsstörungen bis hin zu Depressionen. Dies kann nicht nur bei älteren Menschen zu gesundheitlichen Schäden führen und die Lebensqualität stark einschränken.
Rund 1,6 Millionen Lebensjahre, die Menschen in der EU verlieren und dadurch vorzeitig versterben, sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Folge von verkehrsbedingten Lärmimmissionen. Hinzu kommt die Feinstaubproblematik, denn durch den Abrieb von Schienen, Oberleitungen und Bremsen sind Züge wahre Dreckschleudern, die eine Anwohnerumgebung mit Feinstaub überziehen. Längst ist Deutschland das Land mit der geringsten Lebenserwartung unter den westlichen EU-Ländern.
Für die Regionen, die von Bahnlärm stark betroffen sind, hat dies auch wirtschaftliche Auswirkungen. Die Lärmbelastung kann die Attraktivität der Region für Unternehmen verringern, was zu einem Rückgang bei Arbeitsplätzen führt und sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirkt. Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt in einem Chemiewerk zeigen, dass mit der Abnahme der Umgebungsgeräusche die Produktivität nahezu proportional ansteigt.
Auch der Immobilienwert sinkt in Regionen mit dominantem Bahnlärm, da potenzielle Käufer oder Mieter aufgrund des Lärms abgeschreckt werden. Dies führt zu Bevölkerungsrückgang und Investitionsstaus, denn wer investiert schon in Immobilien, die morgen weniger wert sind. Die Folge ist der Verfall der regionalen Infrastruktur, aber auch der Lebensqualität: Geschäfte wandern ab, Ärzte fehlen, Freizeiteinrichtungen sind nicht länger finanzierbar, etc.
Dass Transport und Verkehr heute keine Garanten mehr für Wirtschaftswachstum sind, sollte inzwischen jeder begriffen haben. Schlechte Luft, Lärm rund um die Uhr und Stress, ausgelöst durch Faktoren wie Krieg, Immigration, Inflation und demnächst vielleicht Depression – können ein Land in den Ruin treiben.
Durch Prävention und Lärmschutz können die Lebensbedingungen und das Leistungsvermögen der Menschen wesentlich verbessert werden. Präventiv muss Lärmschutz Menschen und Regionen vor Stressbelastungen und Feinstaub schützen. Die Bahn kann durch Tempo 50 ohne Kosten und Baumaßnahmen Lärm und Feinstaub in Wohngebieten um 90 Prozent reduzieren. Außerdem kann sie durch betriebliche Maßnahmen, wie automatische Kupplungen und einen Ausbau der Knotenpunkte, zuverlässiger und schneller werden. Es braucht daher im Grunde nur ein Votum für Tempo 50 und die (Güter-) bahn wäre wieder auf dem Weg zu mehr Akzeptanz, Sicherheit und Pünktlichkeit. Pro Rheintal fordert, Politiker/innen sollten das begreifen und endlich handeln.
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