Interview mit Domarchitekt Carsten Sussmann zum neuen Magdeburger Domgeläut

1.) Herr Sußmann Sie haben mit Ihrem Büro bereits seit 1997 die Aufgabe übernommen, die Planung der Restaurierungsaufgaben am Dom zu betreuen. Nun ist seit 2018 das Projekt der Wiederherstellung des Domgeläutes dazugekommen, welches Sie auch betreuen, was bedeutet Ihnen das Vorhaben des 12 Glocken Geläutes als betreuendes Büro?

Das ist ein ganz besonderes Projekt für uns als Büro und für mich persönlich. Bereits im Jahre 2004 durften wir die Generalsanierung des großen historischen Glockenstuhls in Magdeburg planen und begleiten. Das waren seinerzeit meine ersten Erfahrungen mit Glockenstühlen und Glocken.
Seitdem habe ich mehrere Projekte an verschiedenen Kirchen begleitet, sowohl Neugüsse, aber auch Reparaturen von historischen Glocken.

Hier in Magdeburg an „meinem“ Heimatdom nunmehr seit 10 Jahren die Entwicklungen von Anfang an begleiten zu dürfen, ist ein ganz besonderes Geschenk. Wie ich immer zu sagen pflege, ist unsere Arbeit an vielen Kirchen, landauf- und landab unser Teil der Verkündigungsarbeit. Der Einbau der 12 Glocken stellt ein außergewöhnliches Projekt dar, das seinesgleichen sucht und das eine einmalige Aufgabe ist.

2.) Sie konnten bereits den schnellen Fortgang des Projektes beobachten, wie schätzen Sie den Endspurt ein, wie viel der Gesamtwegstrecke liegt nun baulich noch vor dem Verein, bis die Glocken zu hören sein werden und welche Herausforderungen bringt die letzte Etappe mit sich?

Es ist absolut bemerkenswert, was der Förderverein in den vergangenen Jahren geschafft hat.

Die im Dom stehenden und aufgereihten Glocken sind dafür der beste Beweis. Die Finanzierung der baulichen Arbeiten im Nordturm ist nunmehr auch seitens der Kulturstiftung und dank vieler Fürsprecher finanziert, sodass damit die Ergebnisse schon in absehbarer Zeit auch sichtbar und hörbar sein werden. Die Arbeiten im Südturm benötigen dann sowohl für den Guss der CREDAMUS, als auch für die baulich aufwendigeren Arbeiten noch eine abschließende Finanzierung. Angesichts der bereits geschafften Erfolge, bin ich jedoch zuversichtlich, dass auch diese Wegstrecke noch zu bewältigen ist.

3.) Welche Besonderheiten sind zu beachten, wenn ein so umfangreiches Geläut geplant und eingebaut werden soll, wie viele Gutachten und andere Berechnungen sind notwendig, was gibt es zu beachten?

Die Besonderheiten sind zum einen die besondere Situation, dass das Geläut am Magdeburger Dom, dem größten Sakralbau im Osten Deutschlands, nunmehr wieder ein angemessenes Geläut erhält. Nicht minder sind es die baulichen Gegebenheiten, lehren uns diese in nunmehr vielen verschiedenen Gutachten, die Bestandssituation der Türme und auch der bereits vorhandenen Glocken besser zu verstehen. Hier ist ingenieurmäßiger Sachverstand gefragt, diesen bringe ich zwar von Hause aus mit, habe mir aber angesichts der besonderen Aufgaben in Dr. Trabert als einem sehr erfahrenen Ingenieurkollegen auch noch weiteren Sachverstand ins Team geholt. Die Schwierigkeit liegt in der baulichen Struktur der Türme begründet. Hier sind besondere schwingungsmäßige Themen zu beachten, die letztlich auf die Eigenfrequenz des Mauerwerks zurückführen und durch die Schwingungen der Glocken, in unserem Fall besonders die der bereits
vorhandenen Susanne, angeregt werden.

4.) Worauf freuen Sie sich als Domarchitekten besonders, wenn das Projekt abgeschlossen ist, hören Sie die Glocken schon läuten in Ihrer Vorstellung bzw. denken Sie immer noch darüber nach, wie das frühere Geläut einmal gewesen sein könnte, wenn Sie mit anderen Arbeiten im Dom sind?

Als dombauleitender Bauingenieur, darf ich bereits seit dem Ende meines Studiums, also seit nunmehr 24 Jahren, die Arbeiten am Magdeburger Dom als eine unserer ganz besonderen Aufgaben ansehen. Zwei Höhepunkte sehe ich vor uns. Zum einen die Herausforderung der unmittelbar bevorstehenden Arbeiten im Nordturm und deren Abschluss als ersten Zwischenschritt, den ich in der Tat schon förmlich „hören“ kann. Das Finale wird dann die Fertigstellung der Arbeiten im Südturm sein.
Gedanken des früheren Geläutes, das sich auch auf die Osttürme erstreckt hat, sind in den verschiedenen Diskussionen immer wieder ein Thema. Zuletzt in der Frage, ob gegebenenfalls alle Glocken auch auf dem Zimmermannsboden als eine Gruppe aufgehängt werden könnten. Hier war es mir, aber auch dem Verein sehr wichtig zu betonen, dass die historische Aufhängung der Glocken in den Westtürmen als Reminiszenz an die historische Situation dienen sollte, und daher eine Aufhängung im Mittelbau eher kritisch gesehen wird.

5.) Die CREDAMUS ist die letzte Glocke die noch gegossen wird, es wird die zweitgrößte Glocke Deutschlands, welche Besonderheiten bringt diese Glocke mit sich, um sie harmonisch im Gesamtgeläut zu platzieren und für die Kathedrale eine Ausgewogenheit der Resonanzräume zu erzeugen? Wie kann die CREDAMUS dann eingebaut werden, das ist doch sicher eine Herausforderung?

Der Guss der CREDAMUS wird einer der wesentlichen Höhepunkte sein, wenn sie dann das erste Mal erklingt, werden damit dann die vielen Mühen von so vielen Mitwirkenden einen würdigen Abschluss erfahren. Der Einbau wird in der Tat eine Herausforderung sein. Diese beginnt aber bereits mit den erwähnten Fragen zu den Resonanzen und den Schwingungen. Interessanterweise ist hierbei die CREDAMUS nicht die maßgebende bzw. die problematische Glocke an sich. Logistisch wird der Einbau eine Herausforderung, womöglich durch die Geschichte und die früheren Aufhängungen im Südturm bedingt (über die wir leider nur sehr wenig wissen) haben die Schallöffnungen so große Abmessungen, dass der Einbau, abgesehen vom Gewicht baulich vergleichsweise einfach sein wird. Die Frage des harmonischen Gesamtklangs wird durch die Einbindung der Glockensachverständigen in die ständige Beratung hervorragend übernommen. Nicht zuletzt ist es Herr Schulz als Sachverständiger der EKM gewesen, der die Gesamtkonzeption und die klangliche Disposition niedergeschrieben hat. Womöglich sehen wir aber auch bisher nicht alle Themenfelder vor uns, insofern bleibt es sehr spannend.

Das Interview führte Isabel Tönniges.

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