So kritisiert das Expert*innengremium u.a. das Fehlen einer langfristigen, umfassenden Strategie gegen Gewalt an Frauen sowie einer nationalen Koordinierungsstelle für entsprechende Maßnahmen. Zudem diagnostiziert der Bericht einen beachtlichen Mangel an Schutzplätzen in Frauenhäusern und unterstreicht, dass großen Gruppen Gewaltbetroffener der Zugang zu Schutz durch die unzuverlässigen und uneinheitlichen Finanzierungswege des Hilfesystems versperrt wird. „Zahlreiche Analysen des GREVIO-Berichts bestätigen Probleme, auf die Frauenhauskoordinierung und das Bündnis Istanbul-Konvention bereits seit Jahren hinweisen. Umso wichtiger ist, dass nun auch der Europarat dringend anrät, die Diskussion über einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt voranzubringen“, so FHK-Vorstandsvorsitzende Katrin Frank.
Als besonders problematisch hebt GREVIO zudem hervor, dass Umgangs- und Sorgerechtsentscheidungen in Deutschland immer wieder die Sicherheit von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern gefährden. Es müsse, so die Einschätzung des Expert*innengremiums, bei allen beteiligten Berufsgruppen (ob Polizei, Justiz oder Jugendamt) wie auch in der Gesellschaft dringend ein umfassenderes Verständnis für die systematischen Zusammenhänge geschlechtsspezifischer Gewalt und der Dynamiken von häuslicher Gewalt geschaffen werden. Empfohlen wird darüber hinaus, auch in Gesetzestexten geschlechtsspezifische Dimensionen von Gewalt nicht durch geschlechtsneutrale Formulierungen unsichtbar zu machen, sondern die gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen von Diskriminierung und Benachteiligung ausdrücklich anzuerkennen.
Lobend hingegen erwähnt der Bericht neben dem Gewaltschutzgesetz auch strafrechtliche Maßnahmen gegen digitale Gewalt oder im Sexualstrafrecht. „Gerade vor dem Hintergrund der mangelhaften Prävention können wir uns diesem Lob allerdings nur bedingt anschließen: Strafrechtliche Maßnahmen stehen immer am Ende der Interventionskette und verhindern die Gewalt nicht“, erklärt Katrin Frank. „Außerdem sehen wir genau wie GREVIO ein enormes Defizit bei der Umsetzung vieler Gesetze. Wie wirksam Schutz vor Gewalt ist, bemisst sich nun einmal nicht primär am Papier, sondern daran, ob er für alle Betroffenen gut zugänglich und durchsetzbar ist. Und da hat Deutschland, das zeigt der GREVIO-Bericht mehr als deutlich, erheblichen Verbesserungsbedarf.“
Frauenhauskoordinierung e. V. (FHK) wurde auf Initiative der Wohlfahrtsverbände (AWO Bundesverband e. V., Diakonie Deutschland, Der Paritätische Gesamtverband, Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e. V./Deutscher Caritasverband e. V.) gegründet, um sich im Auftrag der Mitglieder für den Abbau von Gewalt gegen Frauen und für die Verbesserung der Hilfen für betroffene Frauen und deren Kinder einzusetzen. FHK koordiniert, vernetzt und unterstützt das Hilfesystem, fördert die fachliche Zusammenarbeit und bündelt Praxiserfahrungen, um sie in politische Entscheidungsprozesse sowie in fachpolitische Diskurse zu transportieren.
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