ZZF-Präsident Norbert Holthenrich hält diesen Vorstoß für grundfalsch: „Trotz des harmlos klingenden Namens wäre eine Positivliste nichts anderes als ein grundsätzliches Verbot der Heimtierhaltung“. Lediglich für einzelne Tiere auf der sogenannten Positivliste oder Erlaubnisliste gäbe es einen Ausnahmevorbehalt. „Damit wird der Eindruck vermittelt, dass die Haltung von Heimtieren im Prinzip etwas Schlechtes sei. Das ist ein Schlag ins Gesicht von Millionen von verantwortungsvollen Heimtierhaltern in Deutschland!“
Persönliche Geschmacksfragen dürfen nicht Richtschnur für die Politik sein
„Es ist anmaßend, wenn der Minister den Menschen vorschreiben will, welche Heimtiere sie halten dürfen und welche nicht“, sagt Holthenrich. Bundesminister Özdemir hatte in dem Interview suggestiv gefragt: „Warum braucht jemand etwa anspruchsvoll zu haltende exotische Tiere wie Schlangen oder ein Chamäleon zu Hause? Das habe ich nie verstanden“. Dazu erklärt der ZZF-Präsident: „Persönliche Geschmacksfragen und willkürliche Diskriminierung dürfen nicht Richtschnur für die Politik sein. Die Haltung von Heimtieren ist immer anspruchsvoll. Ob Tiere für das Zusammenleben mit Menschen in normalen Privathaushalten geeignet sind, hängt davon ab, ob sie ihrer Biologie und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden können.“ Das sei bei vielen vermeintlich exotischen Tieren wie Meerschweinchen, Zwerghamstern, Zierfischen, Wellensittichen und ebenso Schlangen und Chamäleons der Fall.
Bislang gilt in Deutschland, dass Heimtierhaltung dem Grunde nach erlaubt ist und Ausdruck des in Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes geschützten Persönlichkeitsrechts ist. Menschen lieben Heimtiere: In knapp jedem zweiten Haushalt in Deutschland leben Menschen mit einem Heimtier zusammen. Von den Haushalten mit Kindern haben sogar mehr als zwei Drittel ein Heimtier als Lebensbegleiter. Das Leben mit Heimtieren trägt zum Wohlbefinden und zur Gesundheit des Menschen bei und wirkt sich positiv auf das soziale Miteinander aus. Auch Heimtiere profitieren bei artgerechter Haltung in menschlicher Obhut durch eine deutlich höhere Lebenserwartung.
Auch wenn Katzen und Hunde die am häufigsten gehaltenen Arten der rund 35 Millionen Heimtiere in Deutschland sind, werden auch tausende weitere Arten liebevoll und verantwortungsbewusst gepflegt. Eine Positiv- bzw. Erlaubnisliste würde diese Vielfalt behindern und einen radikalen Bruch mit dem bisherigen Verständnis des Zusammenlebens von Menschen mit Heimtieren in Deutschland darstellen.
Prinzip der Negativliste ist zielführend und verhältnismäßig
Der vor 75 Jahren gegründete Berufsverband ZZF tritt für eine tierschutzgerechte Zucht, Vermittlung und Haltung von Heimtieren ein. Dabei sind die Sachkunde des Tierhalters und das vielfältige Angebot von Heimtieren eine Voraussetzung für ein tiergerechtes und verantwortungsbewusstes Zusammenleben mit Tieren in Privathaushalten. Um den Handel oder die Haltung von Tierarten einzuschränken, die vom Aussterben bedroht sind oder die als besonders gefährlich gelten, sind international und national Rechtsnormen erlassen worden, die auf dem Prinzip der Negativliste basieren. Beispiele sind das Animal Health Law VO (EU) 2016/429, die Unionsliste invasiver Arten, VO (EU) 1143/2014, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen: VO (EG) 338/97 oder die Gefahrtierverordnungen der Bundesländer.
„Diese Regulierungsinstrumente sind konstruktiv und flexibel. Positivlisten dagegen verbessern nicht das Tierwohl und verhindern nicht den illegalen Handel mit Tieren. Um Menschen, Tier- und Pflanzenarten zu schützen, ist das Prinzip der Negativliste zielführend und verhältnismäßig“, sagt ZZF-Präsident Norbert Holthenrich abschließend.
Der ZZF nennt weitere Argumente gegen die Einführung einer Positivliste, welche auch von der EU-Kommission abgelehnt wird:
Positivliste gefährdet Tierwohl und Vielfalt in der Heimtierhaltung
- Mit Einführung einer Positivliste würde die Vielfalt der im legalen Handel und im legalen persönlichen Besitz befindlichen Heimtierarten eingeschränkt, aber nicht die mengenmäßige Zucht und Einfuhr einer Art. Das könnte negative Konsequenzen für den Tier- und Gesundheitsschutz haben.
- Es besteht das Risiko, dass eine Positivliste keine für bestimmte Lebens‐ und Wohnsituationen geeignete Tierarten beinhaltet und davon betroffene Heimtierhalter deshalb mit tierschutzrelevanten Konsequenzen auf für sie zwar ungeeignetere aber erlaubte Tierarten ausweichen.
- Eine Positivliste könnte zu unerwünschten Folgen durch den Erwerb aus unkontrollierten Quellen (vgl. illegaler Welpenhandel) und in der Folge zu Tierschutzproblemen bei der Haltung von Heimtieren führen. Tiere, die am Zoofachhandel vorbei und über unprofessionelle Kurierdienste erworben wurden, würden möglicherweise nicht dem Tierarzt vorgestellt.
- Die verantwortungsbewusste private Tierhaltung und Nachzucht gerade auch von in ihren Biotopen durch Eingriffe des Menschen bedrohten Arten trägt zum Artenschutz bei.
Objektive Kriterien fehlen
- Die komplexe Frage, welche Tiere für ein Zusammenleben mit dem Menschen geeignet sind, lässt sich mit dem Instrument der Positivliste nicht beantworten. Sinnvolle allgemeingültige und objektivierbare Kriterien für die Aufnahme von Tierarten in eine Positivliste sind bisher nicht vorhanden, schwer aufzustellen und noch schwerer zu evaluieren. Ob Tiere für das Zusammenleben mit Menschen in normalen Privathaushalten geeignet sind, hängt davon ab, ob sie ihrer Biologie und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden können. Doch wie wären gute Haltungsbedingungen zu definieren? Es besteht die Gefahr einer willkürlichen Diskriminierung.
Positivlisten sind nicht glaubwürdig
- Als Belgien mit den Untersuchungen zur Vorbereitung einer Positivliste für Säugetiere begann, stellte sich heraus, dass Hunde und Kaninchen es wohl nicht auf die Liste schaffen würden. Dies war offensichtlich politisch nicht durchsetzbar, weshalb eine Neubewertung vorgenommen wurde und beide Arten aufgenommen wurden. Das zeigt, dass eine Positivliste nicht notwendigerweise zum Ausdruck bringt, wie anspruchsvoll die Haltung einer Tierart ist.
- Bislang gibt es keinen Beleg, dass die Einführung einer Positivliste den Tierschutz im Heimtierbereich fördern würde.
Verlust von Fachwissen
- Eine Positivliste führt zum Verlust von Wissen im Bereich Artenschutz und Erhaltungszucht.Um die Haltungsansprüche von Tieren zu verstehen und über eine Eignung für die Privathaltung zu entscheiden, müssen erst Erfahrungen in der Haltung und Zucht gesammelt werden. Damit würde es unmöglich gemacht, Tierarten in die Positivliste zu übernehmen.
- Auch das Wissen über die Biologie und Haltungsanforderungen von Heimtieren droht verloren zu gehen. Die Heimtierindustrie hat Fortschritte bei der Entwicklung von Tiernahrung, Gehegen, Aquariumausstattung, Spezialbeleuchtung für Reptilien usw. ermöglicht, weil sie mit Absatzmöglichkeiten in einem heterogenen Heimtiermarkt rechnen konnte.
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