„Die pessimistischen Prognosen vom Sommer haben sich erfreulicherweise nicht bestätigt. An den erschwerten Rahmenbedingungen wie beispielsweise den rasant gestiegenen Einkaufspreisen hat sich indes nichts geändert. Die Herausforderungen sind in den vergangenen Wochen sicherlich nicht kleiner geworden“, kommentiert Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, die Ergebnisse der Ende Januar durchgeführten Konjunkturumfrage.
71 Prozent der Betriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb bewerteten ihre wirtschaftliche Lage im vierten Quartal mit der Note „gut“ (Vorjahresquartal: 69,2 Prozent). Im selben Zeitraum sank der Anteil derjenigen, die sich unzufrieden äußerten von 8,8 Prozent auf nunmehr 6,1 Prozent. Bei den Erwartungen ergibt sich ein anderes Bild. Jeder fünfte Betrieb (19,2 Prozent) rechnet mit schlechteren Geschäften, eine Zunahme von rund 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum dritten Mal im Folge fällt der Erwartungsindex des regionalen Handwerks in den negativen Bereich (- 5,6 Punkte). Die letzte positive Prognose stammt aus dem vierten Quartal 2021 (+ 2,3 Punkte).
Die Auftragslage hat sich zum Jahresende hin abgekühlt. Über alle Branchen hinweg verzeichnete jeder vierte Betrieb rückläufige Auftragseingänge. Im Bau- und Ausbauhandwerk, dem unter anderem die Zinsentwicklung zu schaffen macht, und bei den gewerblichen Zulieferern liegt dieser Anteil bei rund einem Drittel. Besser lief das Schlussquartal in den Autohäusern und Werkstätten, im Nahrungsmittelhandwerk und bei den Dienstleistungsbetrieben.
Mit elf Wochen hat sich der durchschnittliche Auftragsbestand im Vergleich zum Vorjahr (4/2021: 11,6 Wochen) kaum verändert. Dies gilt auch für die Auslastung der Betriebe. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen konnte die vorhandenen Kapazitäten vollständig nutzen, jeder fünfte Betrieb ging darüber hinaus, was zumindest zum Teil auch an unbesetzten Stellen und den Fachkräftemangel liegen könnte.
Die Kostenbelastungen sind weiter gestiegen. Drei Viertel der Betriebe meldeten höhere Einkaufspreise für Energie, Material und Vorprodukte. Knapp die Hälfte entschied sich im letzten Quartal, die Verkaufspreise zu erhöhen. Zurückhaltender waren die Dienstleistungsbetriebe, von denen nur 40 Prozent nachzogen. Anders stellt sich die Situation in den Nahrungsmittelbetrieben dar. Verbraucher müssen beim Bäcker, Konditor und Metzger tiefer in die Tasche greifen. Im vergangenen Quartal erhöhten 70 Prozent der Betriebe die Preise.
Dabei seien die Energiepreise ein wesentlicher Faktor, betont Herrmann. „Was bei Strom und Gas tatsächlich noch auf die Betriebe zukommt, kann häufig nur geschätzt werden, weil Jahresabrechnungen noch ausstehen. Umso wichtiger ist es, dass beschlossene Hilfen, wie der Energie-Härtefallfonds des Bundes, schnell und ohne Einschränkungen umgesetzt werden.“
Trotz der zuletzt guten Lage fällt der Ausblick auf die kommenden Wochen verhalten aus. Zwar rechnen noch zwei Drittel der Betriebe mit einer unveränderten Geschäftslage, jeder fünfte Befragte äußerte sich jedoch pessimistisch. Allein die Metall- und Elektrobetriebe sehen Luft nach oben, alle anderen Branchen richten sich auf eine schwächere wirtschaftliche Entwicklung ein. So erwarten 27 Prozent aller Betriebe ein Minus bei den Neuaufträgen.
Die 13.800 Handwerksbetriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb erwirtschaften einen Umsatz von über 10,5 Milliarden Euro, beschäftigen rund 80.000 Mitarbeiter und bilden über 4.500 junge Menschen aus.
Den Konjunkturbericht 4/2022 finden Sie unter www.hwk-reutlingen.de/konjunktur.
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