Der Vorsitzende des FGL HH, Ludger Plaßmann, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der GaLaBau-Fachtagung mit einem Appell: „Trotz der schwierigen Großwetterlage mit Krieg, Pandemie und Klimawandel wünsche ich uns allen mehr mutige, lösungsorientierte Debatten und Strategien. Hören wir auf, uns gegenseitig die Finger in die Wunde zu legen, sondern reichen wir uns die Hände, erkennen wir die Kompetenzen des Anderen an und nutzen wir unser Wissen und Können, um die Probleme unserer Zeit miteinander zu lösen!“ Das Jahr 2022, so Plaßmann, sei für den Hamburger Garten- und Landschaftsbau ein gutes Jahr gewesen, und in vielen Fällen gelänge die Zusammenarbeit zwischen dem Landschaftsbau und den Hamburger Behörden sehr gut. Die Kampagne „Rettet den Vorgarten“ zum Beispiel würde bereits jetzt in der Hamburger Bauverordnung umgesetzt. Dennoch gäbe es Raum für Verbesserung: „Machen Sie den qualifizierten Freiflächenplan zum verpflichtenden Bestandteil einer jeden Baugenehmigung! Novellieren Sie zum Wohle der Hamburger Bäume die Hamburger Baumschutzsatzung, aber verzichten Sie auf das Sommerschnittverbot, das es nur in Hamburg gibt!“, wandte sich der FGL-Vorsitzende an die Vertreter der Hamburger Politik. Corona habe klar gemacht, wie wichtig frische Luft und ein grünes gepflegtes Umfeld in Städten seien. „Grün ist aktiver Klimaschutz. Lassen Sie uns gemeinsam Konzepte entwickeln, um unsere grüne Heimatstadt zu entwickeln, zu pflegen und zu erhalten, damit sie neben grünen Metropolen wie London, Paris oder Zürich bestehen kann“, so Plaßmanns Forderung.
Staatsrat Pollmann: „Dachbegrünung muss in Hamburg verpflichtend sein!“
Wolfgang Michael Pollmann, Staatsrat der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) leitete die Fachtagung mit einem Kurzvortrag zum Thema „Die grüne Zukunft der Stadt Hamburg“ ein. Auf die seit Langem im Raum stehende Forderung der Landschaftsgärtner und Baumpfleger, das umstrittene Sommerschnittverbot in Hamburg aufzuheben, ging Pollmann bedauerlicherweise nicht ein. In anderen Aspekten aber stimmte
er Ludger Plaßmann nachdrücklich zu. „Die Versorgung mit Grün ist eine zutiefst soziale Verpflichtung. Wir müssen alles tun, damit das städtisches Grün angesichts der Innenverdichtung nicht unter die Räder kommt. Wir möchten nicht nur mit schönen Worten die Wichtigkeit von Grün betonen, sondern konkrete Projekte anschieben“, sagte Pollmann. 2019 habe die BUKEA in Verhandlung mit einer Volksinitiative des NABU erreicht, dass das behördliche Freiraumkonzept konsequent vorangetrieben und umgesetzt werde. „Die Folge unserer Verhandlungen mit dem NABU waren ein Senatsbeschluss und feste Regeln, in deren Konsequenz die Bezirksämter personell und finanziell besser ausgestattet wurden. Das war ein riesiger Meilenstein in unseren Bemühungen, die Grünanlagen und Wasserflächen in der Stadt auszubauen und zu schützen“, so der Staatsrat weiter.
Die Pandemie, so Pollmann, habe gezeigt, wie wichtig das Grün in der Stadt sei. Durch den Klimawandel sähe man dies umso deutlicher. „Die Temperaturen werden weiter steigen, Starkregenereignisse und Stürme zunehmen. Wir brauchen Freiflächen für eine grünblaue Infrastruktur zur Unterstützung einer Klimaanpassungsstrategie, die kritische Folgen des Klimawandels abmildert“. Hierzu zähle auch die konsequente Förderung der Dach- und Fassadenbegrünung. „Wo immer wir mit flachen Dächern neu bauen, muss ein Gründach zur Selbstverständlichkeit werden! Wir dürfen nicht mehr nur fördern, sondern müssen fordern. Die Begrünung von Dächern in Kombination mit Photovoltaik muss in naher Zukunft vom Senat für jedes neue Bauvorhaben verpflichtend beschlossen und in Schichthöhe und Vegetation klar definiert werden“, argumentierte der Staatsrat.
Leuchtturmprojekte in Zeiten des Klimawandels
Auf die einleitenden Worte Wolfgang Michael Pollmanns folgte der Fachvortrag von Philipp Sattler von der Stiftung „Die grüne Stadt“ in Berlin. Er sprach über Leuchtturmprojekte in deutschen Städten und sprach sich in diesem Zusammenhang ebenfalls für mehr Grün an Dach und Wand im urbanen Raum aus. „Grünblaue Infrastruktur, Schwammstadt, Klimaresilienz – diese ´Buzzwords` stehen exemplarisch für die Herausforderungen, mit denen sich der Bereich Stadtgrün nach drei extremen Sommern und sintflutartigen Unwettern konfrontiert sieht. Wir benötigen mehr Gebäudebegrünung, klimaresiliente Freiräume und eine wassersensible Stadtentwicklung“, so Sattlers Forderung. Es bedürfe weiterhin konkreter Leuchtturmprojekte, mithilfe derer die grüne Branche der Öffentlichkeit, Verwaltung und Politik die Notwendigkeit von nachhaltiger Stadtentwicklung und die Kompetenz der eigenen Branche verdeutlichen könne. Leuchtturmprojekte, die Gründächer und Fassadenbegrünung in den Fokus der Öffentlichkeit rückten und so immer mehr zur Normalität werden ließen. Exemplarisch präsentierte der Fachmann für Stadtgrün ausgewählte Projekte in deutschen Städten. Zum Beispiel die Callwer Passage in Stuttgart und den Bunker in Hamburg Sankt Pauli, dessen Baufortschritte die Tagungsteilnehmer aus dem Fenster life beobachten konnten. „Gebäude mit grüner Haut müssen bei Stadtumbau im Klimawandel Leitmotiv werden. Sie sind die nachhaltigste Klimaanlage!“, so Sattlers Fazit.
Grünes Stadtmanagement als Modell der Zukunft
Als weiteren Referenten begrüßte der FGL HH Prof. Dr. habil. Hartmut Balder von der Berliner Hochschule für Technik. Sein Thema: Grünes Stadtmanagement als Modell der Zukunft. Balder gab zunächst einen Überblick über die historische Entwicklung des urbanen Gartenbaus und skizzierte anschließend die zentralen Zukunftsfragen der Stadtentwicklung. Zum Beispiel, wie der Flächenverbrauch in Städten aufgehalten, Stadtgrün gemäß den Bedürfnissen von Menschen, Pflanzen und Tieren sicher organsiert und der urbane Raum gesamtheitlich optimiert werden kann. Es ginge darum, so Balder, einheitliche Regelungen zu schaffen, Interessengruppen zusammenzubringen, Bedürfnisse und Ziele besser abzustimmen und innovative Betreibermodelle zu etablieren. Exemplarisch hierfür nannte Balder das das Modell der Privat Public Partnership (PPP), in der eine Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft im gegenseitigen Interesse vertraglich geregelt wird. Im letzten Teil seines Vortrages gab Hartmut Balder PPP-Beispiele für eine gelungene grüne Stadtentwicklung, zum Beispiel am Kurfürstendamm in Berlin.
Mehr Biodiversität in öffentlichen Grünanlagen
Abschlussredner der Fachtagung war Oliver Daxauer, seit mehr als 20 Jahren Experte und Berater für die Umsetzung praktikabler biodiversitätsfördernder Lösungen in der Landschaftsgestaltung. „Die naturnahe, ökologische Garten- und Landschaftsgestaltung bietet zahlreiche praktische Ansätze, mit denen Sie als Fachleute Flächen ökologisch enorm aufwerten und natürliche Lebensräume für verschiedenste Tier- und Pflanzenarten schaffen können“, sagte Oliver Daxauer und erläuterte anschließend mehrere Beispiele. Unter anderem die Artenanreicherung vorhandener Grünflächen durch die Pflanzung von Wildstauden und die Umwandlung von Rasenflächen in artenreiche Blumenwiesen durch Bodenbearbeitung. Wie biologische und funktionale Vielfalt in Einklang gebracht werden kann, beschrieb Daxauer anhand der Gestaltung einer Außenanlage eines Unternehmens. Hier gibt es unter anderem einen Hummeltummelplatz in der Einfahrt, einen Parkplatz mit wasserdurchlässigem Substrat, Schatten und Nektartankstelle, eine „wilde Ecke“, einen Teich oder Bach für Niederschlagswasser mit Sitzgelegenheiten und sogar eine Kulturlandschaft, auf der Hühner und Schafe leben und Gemüse angebaut wird.
Der FGL HH zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung: „Die GaLaBau-Fachtagung ist seit nahezu vier Jahrzehnten eine feste Institution in Hamburg. Nach zwei Jahren Zwangspause freuen wir uns sehr, dass die Experten für Grün nun wieder hier in der Handwerkskammer zusammenkommen und sich austauschen konnten. Ich bin mir sicher, dass sie alle einen neuen und spannenden fachlichen Input mit nach Hause nehmen können“, so das Fazit vom Geschäftsführer des FGL HH, Dr. Michael Marrett-Foßen.
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