Herr Schön, was ist das Einzigartige an Ihrem Projekt?
Es geht darum, das Programmieren zu lernen, ohne dass es sich nach Arbeit anfühlt. Deshalb soll bei cSports, abgeleitet von „coding sports“, die Unterhaltung im Vordergrund stehen. Wir kennen das alle: Wenn etwas Spaß macht, fühlt es sich nicht anstrengend an. Mit meinen Kindern habe ich angefangen Computerspiele zu spielen, und da stellte ich mir die Frage: Was motiviert einen eigentlich, sich damit zu beschäftigen? Am Anfang findet man sich nicht zurecht. Die ständigen Niederlagen müssten eigentlich demotivieren. Aber es gibt immer wieder kleine Erfolgserlebnisse, die zum Dranbleiben bewegen. So wird beispielsweise ein weiteres Level bewältigt oder eine neue Fertigkeit erlernt. Als Bestandteil dieses Projekts wollen wir herausfinden, wie wir mit diesem Effekt junge Schülerinnen, Schüler und Studierende für das Programmieren begeistern können.
Wie kamen Sie auf diese Idee?
Vor fünf Jahren suchten wir bei meinem damaligen Arbeitgeber nach Ideen für eine Abendveranstaltung. Wie beim E-Sport sollten Teilnehmende im Wettbewerb gegeneinander programmieren. Bei einer Softwarekonferenz ein paar Jahre später organisierten wir schließlich ein cSports-Turnier, bei dem ein erster Prototyp zum Einsatz kam. Professionell aufgezogen mit Lichteffekten und Videodreh war es eine rundum gelungene Veranstaltung, und wir erhielten von allen Seiten positive Rückmeldungen.
Was unterscheidet cSports von herkömmlichen Lernspielen?
Bei herkömmlichen Lernspielen ist der primäre Zweck, Programmieren zu lernen. Wir hingegen wollen primär unterhalten. Lernspiele sollten so aufgebaut sein, dass man sie gerne spielt und nebenbei etwas lernt – so wie es auch bei normalen Computerspielen der Fall ist. Wenn ich ein Spiel mit einem Controller spielen möchte, dann muss ich die nötige Hand-Augen-Koordination erst einmal lernen, um beispielsweise in einem Fußballspiel passen oder flanken zu können. Unsere Projektidee ist, diese Handbewegung gegen das Schreiben von Codes auszutauschen. Ansonsten soll es sich aber genauso anfühlen wie ein gängiges Computerspiel. Während sich bei gewöhnlichen Lern-Apps Programmieraufgaben und Spielelemente abwechseln, soll bei uns beides gleichzeitig ablaufen. Dadurch steht man unter ständigem Druck, nicht vom Gegner abgehängt zu werden, der ebenfalls programmiert, um das Spiel zu steuern. Von beiden Spielern ist ein ständiges Verändern und Weiterentwickeln des Codes gefordert. Wir wollen also durch Action und Wettbewerbscharakter den Lerneffekt steigern.
Die Projektförderung hat zum 1. Mai begonnen und wird drei Jahre umfassen. Was könnte am Ende das Ergebnis sein?
Wenn es gut läuft – und davon gehe ich aus – werden wir in drei Jahren eine frei verfügbare Plattform online haben, die Spiele verschiedener Genres anbietet, welche wiederum unterschiedliche Zwecke erfüllen und Zielgruppen adressieren. Das soll von Schülerinnen und Schülern über Studierende bis vielleicht sogar zu Berufstätigen gehen. Wir möchten eine Schnittstelle entwickeln, die es jeder und jedem ermöglicht, Spiele zu implementieren und auf der Plattform zu veröffentlichen. Das könnten Lehrspiele sein, die in die Programmierung einführen oder andere, die bereits ein gewisses Level voraussetzen. Ganz konkret könnten sie zum Beispiel auch meinen Programmieren-1-Kurs hier an der THI unterstützen.
Sie haben ein großes Spektrum an Zielgruppen beschrieben, die mit diesem Projekt angesprochen werden sollen. Wie wollen Sie diese erreichen?
An Studierende kommen wir als Hochschule natürlich leicht heran. Hinsichtlich Schulen haben wir im Rahmen einer Bachelorarbeit die Erfahrung gemacht, dass wir mit unserer Idee grundsätzlich auf offene Ohren stoßen. Ansonsten bestehen auch gute Kontakte zu den lokalen Firmen hier in Ingolstadt sowie zu anderen Hochschulen und Universitäten, beispielsweise der TU München, mit der wir gemeinsam kooperative Promotionen betreuen.
Wer wird an dem Projekt arbeiten?
Neben mir als Projektleiter sind zwei Stellen für wissenschaftliche Mitarbeitende vorgesehen. Das sind eine Vollzeit- und eine Halbtagsstelle. Die Vollzeitstelle wird eine rein technische sein und mit jemanden aus den Bereichen Game Development, Softwareentwicklung, Informatik besetzt werden. Die Halbtagsstelle soll die Erziehungswissenschaften und Medienpädagogik abdecken. So unter anderem die medienpsychologische und erziehungswissenschaftliche Begleitung der Spiele, die Untersuchung ihrer Auswirkung und des Lernfortschritts, aber auch die Planung und Organisation von Turnieren.
Haben Sie auch Ambitionen, mit Ihrem Projekt Vorurteile gegenüber Computerspielen abzubauen?
Ja, das ist auch ein Ziel. Zwar ist das den Eltern nicht immer bewusst, aber die Kinder entwickeln auch jetzt schon Kompetenzen wie Koordination oder strategisches Denken, wenn sie vor dem Computer oder der Konsole sitzen. Natürlich kommt das auf die Art des Spiels an, auch das wollen wir mit unserem Projekt untersuchen.
Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte zur Wertschätzung dieser Fächer beitragen. Sie wurde 1995 von dem Physiker und SAP-Mitgründer Klaus Tschira (1940–2015) mit privaten Mitteln ins Leben gerufen. Ihre drei Förderschwerpunkte sind: Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Das bundesweite Engagement beginnt im Kindergarten und setzt sich in Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen fort. Die Stiftung setzt sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Weitere Informationen unter: www.klaus-tschira-stiftung.de.
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