„Für die betroffenen Menschen ist dies das völlig falsche Signal.“

Zur Zusammenlegung von zwei Gesetzentwürfen zum assistierten Suizid, der noch vor der Sommerpause vom Bundestag legalisiert werden soll, sagte Alexandra Maria Linder, Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht e.V., heute in Berlin:

Mit dieser Taktik ist die weitgehende Legalisierung der begleiteten Selbsttötung noch wahrscheinlicher. Besonders bedenklich ist das Vorhaben neben allen bekannten Kritikpunkten auch angesichts der demographischen Lage in Deutschland: In einer Situation, in der Pflegekräfte fehlen, Pflegeplätze fehlen, staatliche soziale Institutionen finanziell bereits zusammengebrochen sind, haben bisher lediglich 17 Prozent der deutschen Kliniken eine Palliativstation. Die Versorgung älterer Kassen-Patienten und der Umgang mit ihnen in Arztpraxen und Krankenhäusern ist ebenfalls sehr kritikwürdig. Es fehlen außerdem Hospize, mobile palliative Teams und vieles mehr, um Menschen in diesen Lebenssituationen angemessen zu versorgen und zu begleiten.

Für die betroffenen Menschen, die an ihrem Lebensende und/oder in besonders schwierigen Lebenssituationen sind, ist dies das völlig falsche Signal. Der assistierte Suizid bietet ihnen keine Lösung an, sondern ihren Tod. Es verstärkt den Druck auf sie, insbesondere, wenn die genannten Alternativen fehlen. Statt menschenwürdiger, zuwendender Versorgung bis an das Lebensende, statt Unterstützung, um aus ihrer Situation herauskommen zu können, wird ihnen eine absichtliche Verkürzung ihres Lebens angeboten. Die angebliche Autonomie, die mit Begriffen wie sogenanntem Freitod und Bilanzsuizid hantiert, existiert in der Lebenswirklichkeit nicht, wie die Suizidforschung vielfach nachweist.

In der Folge wird der Druck auf Menschen in dieser Situation steigen. In den Niederlanden äußert ein größerer Anteil von Menschen am Lebensende den Wunsch zu sterben nicht, weil sie selbst sterben wollen, sondern weil „die Angehörigen es nicht mehr ertragen können“. Im US-Bundesstaat Oregon wird der assistierte Suizid regulär finanziert, während viele Operationen nicht bezahlt werden. Auch solche Zustände erschweren wirklich freie Entscheidungen.

Erstaunlicherweise bieten diese Gesetzentwürfe außerdem genau das an, was im Bereich der Abtreibung gerade wegen angeblicher Bevormundung und angeblichen Informationsverbots abgeschafft wurde oder werden soll: eine Beratung und ein Werbeverbot.

Ein humaner Rechtsstaat muss es aushalten, wenn Menschen sterben wollen und ihrem Leben selbst ein Ende setzen. Er muss jedoch alles dafür tun, dies durch die Unterstützung engagierter Angehöriger, durch lebensbejahende Angebote und individuelle Hilfe zu verhindern. Und er darf keinesfalls irgendetwas tun, um die Tötung von Menschen zu billigen und zu fördern, was mit diesem Gesetz, wie auch immer es gestaltet wird, der Fall wäre.

Die nächste Fachtagung des BVL findet am 15.09.2023 in Berlin statt, als Auftaktveranstaltung zumMarsch für das Leben am 16.09.2023 in Berlin und in Köln.

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