„Folgerichtige Entscheidung mit Signalwirkung“

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche sieht das am 13. Juni 2023 verkündete Urteil, das das Erzbistum Köln zur Zahlung von 300.000 Euro Schmerzensgeld für den jahrelangen Missbrauch durch einen mittlerweile verstorbenen Priester des Erzbistum verpflichtet, als richtig und folgerichtig an. Nachdem die 2018 veröffentlichte Missbrauchsstudie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz (MHG-Studie) die systemischen Ursachen von sexualisierter Gewalt innerhalb der Kirche deutlich benannt hat, ist es nur folgerichtig, wenn die Kirche, in diesem Fall die Erzdiözese Köln, in Haftung für den verstorbenen Priester der Erzdiözese genommen wird.

Dieses Urteil hat eine Signalwirkung für alle ähnlich gelagerten Prozesse, besonders aber auch für die am 20. Juni 2023 zu verhandelnde Missbrauchsklage vor dem Landgericht Traunstein gegen die Erben des früheren Münchner Erzbischofs Joseph Ratzinger, das Erzbistum München-Freising und den früheren Erzbischof Friedrich Kardinal Wetter. Mit dem gefällten Urteil ist jetzt ein Standard gesetzt, der für andere Betroffene gut ist, allen deutschen Bistümern, auch den ärmeren, aber sehr teuer zu stehen kommen kann.

Jahrelange belastende Auseinandersetzungen

Mit den bisherigen kirchlichen „Zahlungen in Anerkennung des Leides“, die sehr viel niedriger ausfielen, hat die katholische Kirche in Deutschland ein Schuldeingeständnis immer bewusst vermieden. Das jahrelange Gerangel über die Höhe der Kirchenzahlungen, über die seit 1. Januar 2021 die unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) entscheidet, ist für die Betroffenen sehr belastend gewesen. In Österreich dagegen sind sehr viel früher und auch angemessenere Leistungen den Betroffenen zuerkannt worden.

In Köln hat Kardinal Rainer-Maria Woelki nur die juristische Aufarbeitung betrieben, was auch Bischof Bätzing und andere immer wieder kritisiert haben. Das Kölner Erzbistum hat bislang sehr viel mehr Geld für juristische und PR-Gutachten ausgegeben als für Leistungen an die Betroffenen. Zu einem Vergleich war das Kölner Erzbistum nicht bereit.

Verpasste Vorreiterrolle

Bereits im Jahr 1962 gab es das durch Papst Johannes XXIII. bestätigte Schreiben „Crimen sollicitationis“ mit detaillierten Regelungen für den Umgang mit Missbrauchsfällen. Im Jahr 2001 hat Kardinal Joseph Ratzinger im Namen von Papst Johannes Paul II. mit dem geheimen Schreiben „De delictis gravioribus“ alles unter das päpstliche Geheimnis gestellt und die Fälle in die damit völlig überforderte Glaubenskongregation geholt.

Wenn die römisch-katholische Weltkirche sich stattdessen in aller Offenheit zum Anwalt des Kinderschutzes und aller vulnerablen Menschen in diesem Bereich gemacht hätte, wäre unzähligen Betroffenen sehr viel schmerzliches Leid erspart geblieben. Dass dies damals wissentlich versäumt wurde, hat auch die kirchliche Institution selbst weltweit in die größte  Krise seit der Zeit der Reformation gebracht und es ist noch kein Ende abzusehen.

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