Architekt Daniel Libeskind mit dem Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma ausgezeichnet

Der US-amerikanische Architekt Daniel Libeskind wird am 18. Oktober 2023 in Berlin mit dem Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma ausgezeichnet. Der Europäische Bürgerrechtspreis wird vom Zentralrat und dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma sowie der Manfred Lautenschläger-Stiftung vergeben, die den mit 15.000 Euro dotierten Preis stiftet. Der Preis würdigt herausragende Persönlichkeiten, die sich auf der europäischen Ebene um die gleichberechtigte Teilhabe und Menschenrechte von Sinti und Roma verdient gemacht haben.

Die Präsidentin des Deutschen Bundestags, Bärbel Bas, sagt dazu in ihrer Laudatio: „Daniel Libeskind hat weltweit Denkmäler der gemeinsamen Erinnerung an die im Holocaust ermordeten europäischen Juden und Sinti und Roma geschaffen. Er hat somit einen eindringlichen Beitrag dazu geleistet, den lange ignorierten Völkermord an den Sinti und Roma im öffentlichen Bewusstsein zu verankern.“ Die Bundestagspräsidentin betont: „Der Europäische Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma würdigt Daniel Libeskinds Einsatz für unsere Erinnerungskultur. Der Preis ist zugleich ein Aufruf, sich für die gesellschaftliche Anerkennung und gleichberechtige Teilhabe von Sinti und Roma in Deutschland und Europa einzusetzen.“

Mit der Preisverleihung 2023 werden die weltweiten Beiträge zur Erinnerungskultur von Daniel Libeskind gewürdigt. Das Gedenken an den Holocaust an Juden und Sinti und Roma ist ein wichtiger Bestandteil seines künstlerisch-architektonischen Schaffens.

Bei der Preisverleihung erklärt Daniel Libeskind„Ich habe meine gesamte berufliche Laufbahn dem Kampf gegen die Auslöschung der Erinnerung gewidmet und dem Bau von Architektur, die mit Emotionen und Hoffnung erfüllt ist.“ Der Preisträger fügt hinzu: „Dieser Preis verdeutlicht, wie wichtig es ist, denjenigen eine Stimme zu geben, die zum Schweigen gebracht wurden. Ohne die bewusste Entscheidung, an der Erinnerung festzuhalten und unsere Erfahrungen mit anderen zu teilen, kann die Zeit schleichend alles auslöschen.“

Der Stifter des Europäischen Bürgerrechtspreises, Dr. h.c. Manfred Lautenschläger, hebt hervor: „Der Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma ist vor allem ein Signal an die Mehrheitsgesellschaft, in historischer Erinnerung dem heute wieder besorgniserregenden Antiziganismus entgegenzutreten.“ Manfred Lautenschläger verbindet dies mit seinem Appell: „Die Zivilgesellschaft ist aufgerufen, Antiziganismus zu widersprechen und zu ächten. Sinti und Roma dürfen nicht länger aus der gesellschaftlichen Gleichberechtigung in die Anonymität gedrängt werden.“

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, würdigt den Preisträger mit folgenden Worten: „Daniel Libeskind hat mit seinem künstlerischen Wirken international dazu beigetragen, die Erkenntnis zu stärken, dass Holocaust auch die Ermordung von 500.000 Sinti und Roma im NS-besetzten Europa bedeutet. In Kenntnis der Geschichte dieses Menschheitsverbrechens ist die Ignoranz der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beschämend, mit der die menschenverachtende Situation von Sinti und Roma hingenommen wird, die besonders in Mittel- und Osteuropa zu apartheidähnlichen Zuständen geführt hat.“

Rose führt weiter aus: „Wir alle stehen heute, als Bürgerinnen und Bürger, wie auch unsere demokratischen Institutionen, in der Pflicht, den demokratiefeindlichen Bestrebungen von nationalistischen und rechtsextremen Parteien in vielen Ländern Europas entgegenzutreten, die wieder Stimmung und Hass gegen Juden und Sinti und Roma schüren.“


 
Der Europäische Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma in Gedenken an Oskar und Vinzenz Rose wird am 18. Oktober 2023 um 16 Uhr im Hotel Adlon Kempinski Berlin vom Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sowie von Markus Lautenschläger, dem Geschäftsführer der Manfred Lautenschläger-Stiftung, an Daniel Libeskind überreicht. 

Daniel Libeskind gestaltete in Amsterdam das nationale Denkmal für die Opfer des Holocaust, das von König Willem-Alexander und Premierminister Mark Rutte 2021 der niederländischen Öffentlichkeit übergeben wurde. Der US-amerikanische Architekt zeigt durch seine Gestaltung des Denkmals in Amsterdam bewusst die Gemeinsamkeit des Schicksals von Sinti und Roma und Juden während der Verfolgung in der NS-Zeit auf, und vereint sie in der Erinnerung an den von ihm geschaffenen Ort. Auch das von Daniel Libeskind 2018 entworfene nationale Holocaust-Denkmal in Kanada ist sowohl Jüdinnen und Juden wie auch Sinti und Roma gewidmet.

Der Europäische Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma

Der Europäische Bürgerrechtspreis ist ein Beitrag zur Wahrung und Durchsetzung der Bürgerrechte von Sinti und Roma in ihren jeweiligen Heimatländern. Der Preis wurde 2008 erstmals vergeben, seit 2019 in Erinnerung an Vinzenz und Oskar Rose, die die Bürgerrechtsarbeit der Minderheit maßgeblich initiiert und geprägt haben. Die Laureaten setzen sich beispielhaft für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein und sind – angesichts der langen Geschichte des Antiziganismus – Vorbilder in ihrem Bemühen, die Menschenrechtssituation der Sinti und Roma zu verbessern. Die bisherigen Preisträger sind Wladyslaw Bartoszewski (†), ehemaliger Staatssekretär und Außenminister der Republik Polen (2008), Simone Veil (†), ehemalige Präsidentin des Europäischen Parlaments (2010), Thomas Hammarberg, ehemaliger Menschenrechtskommissar des Europarats (2012), Tilman Zülch (†), Mitgründer und Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker (2014), die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (2016), der frühere Präsident der Slowakischen Republik, Andrej Kiska (2019), und die ehemalige Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Angela Merkel (2021).

Der Stifter des Preises

Dr. h.c. Manfred Lautenschläger ist einer der Gründer des seit 1971 bestehenden Finanzdienstleisters MLP SE. In der Zeit von 1984 bis 1999 fungierte er als dessen Vorstandsvorsitzender und wechselte dann in den Aufsichtsrat des Unternehmens, dessen Ehrenvorsitzender er seit 2018 ist. Im Jahr 2002 rief er die Manfred Lautenschläger-Stiftung ins Leben, deren Zweck die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur sowie der Völkerverständigung ist. Manfred Lautenschläger ist Ehrendoktor der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg, Ehrensenator der Universität Heidelberg und der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg sowie Mitglied des Universitätsrates der Universität Heidelberg. Seit Juli 2002 gehört Manfred Lautenschläger dem Kuratorium des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma an. Die Manfred Lautenschläger- Stiftung stiftet seit 2008 den Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma.

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