Kinder und Jugendliche stehen ärztlichen Untersuchungen oft skeptisch gegenüber. Sie haben Angst vor dem Eingriff, fühlen sich inmitten der Geräte unwohl oder fürchten die Schmerzen, die einige der Untersuchungen mit sich bringen. Säuglinge, Kleinkinder und Kinder mit Behinderungen oder starken Ängsten können zudem oft noch nicht so lange still liegen bleiben, wie es für manche Untersuchungen notwendig ist. Das Städtische Klinikum Karlsruhe geht deshalb seit einem Jahr einen neuen Weg: Ein spezialisiertes interdisziplinäres Team kümmert sich in der sogenannten Sedation Unit um die passende Analgosedierung der jungen Patientinnen und Patienten vor Untersuchungen und Eingriffen wie z.B. MRT, Bronchoskopien, also der Untersuchung der unteren Atemwege, oder Magen- bzw. Darmspiegelungen.
„Analgosedierung ist ein Kofferwort aus Analgesie und Sedierung“, erklärt Prof. Dr. Sascha Meyer, Direktor der Franz-Lust-Klinik für Kinder- und Jugendmedizin. „Dabei werden kombiniert Analgetika, also Schmerzmittel, und Anästhetika zur Bewusstseinsdämpfung verabreicht. Um ihnen die Angst zu nehmen, werden diese Medikamente den kleinen Patientinnen und Patienten gegenüber oft als Einhorn- oder Dinomilch bezeichnet. Auf diesem Weg tolerieren die Kinder schmerzhafte, unangenehme Prozeduren oder sehr lang dauernde Untersuchungen, ohne in Narkose zu fallen. Mit dieser schonenden Betäubung bleiben die Schutzreflexe wie Husten oder Schlucken ebenso erhalten wie die eigene Atmung.“
Ziel des Sandmännchen-Teams, das aus Kinderärztinnen und -ärzten – einige von ihnen mit vielen Jahren anästhesiologischer Erfahrung – sowie aus spezialisierten Pflegefachkräften besteht, ist es also, optimale Untersuchungsbedingungen ohne Schmerzen und Ängste zu schaffen.
Grundlage dafür ist ein ausführliches Arztgespräch, bei dem unter anderem die Abläufe erklärt werden. Die Analgosedierung erfolgt dann in der Regel wie eine Art Kurznarkose, aber unter Spontanatmung; nur im Rahmen der Bronchoskopie wird die Atmung über eine so genannte Laryngeal Airway Mask (LAMA) unterstützt. Bevor das pädiatrische Sedierungsteam seine Arbeit vor einem Jahr aufgenommen hat, kamen vor den entsprechenden Eingriffen fast ausschließlich die LAMA oder sogar die künstliche Beatmung zum Einsatz.
„In Deutschland sind pädiatrische Sedierungseinheiten leider noch eine Seltenheit“, ordnet Dr. Julia Jerabek, die das Sedierungsteam leitet, ein. „In Nordamerika sind sie allerdings oft schon ein Teil der Kinderkliniken. Insofern haben wir hier in der Region mit unserem Team Neuland betreten.“
Ihr Fazit fällt zum ersten Geburtstag durchweg positiv aus, denn das spezielle Vorgehen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat für die Patientinnen und Patienten noch weitere Vorteile: „Wir konnten die Untersuchungszeiten einschließlich Vorbereitung substanziell verkürzen, ohne dass sich etwas an der Untersuchungsqualität und der sehr, sehr hohen Patientensicherheit verändert hat.“ Das Sedierungsteam führt zudem sehr effizient eine hohe Zahl an Analgosedierungen durch und hat damit die Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten – auch der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie, sowie weitere Kliniken – merklich verkürzt.
Dabei spielt die fachübergreifende Zusammenarbeit für Prof. Meyer eine große Rolle: „Es ist toll, dass wir ein festes Team an Pflegekräften haben, das mit großer Freude und Engagement in unserem Sedierungsteam arbeitet und maßgeblich zu dessen Gelingen beiträgt.“
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