Beginn mit einer Tanzschule für Mädchen
Der letzte Großherzog von Darmstadt-Hessen stellte der Tanzpädagogin Elisabeth Duncan das Gelände zur Verfügung. Er ließ als Förderer ein großzügiges Jugendstilgebäude (Architekt: Rudolf Tillessen) mit Parkanlagen bauen, das als Internat, Schule und natürlicher Raum für Ausdruckstanz dienen sollte. Es wurde am 17. Dezember 1911 eingeweiht.
Die Pädagogik Duncans war von der deutschen Lebensreformbewegung, aber auch schon von der in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen amerikanischen Reformpädagogik geprägt, die auch die Pädagogik der Siebenten-Tags-Adventisten beeinflusste. Körper, Seele und Geist der Schülerinnen sollten sich gleichermaßen entwickeln. Im Tanzunterricht lernten Mädchen im Alter von fünf bis 16 Jahren, ihren eigenen individuellen tänzerischen Ausdruck zu entwickeln. Dabei sollte auf kindliche Eigenart eingegangen werden. Das Ziel, die eigene Ausdrucksfähigkeit zu steigern, wandte sich gegen den damals in der Gesellschaft üblichen Zwang und Drill. Zum pädagogischen Ansatz gehörten auch nicht einengende Reformkleidung, zweckmäßige Nahrung, frische Luft, Rhythmisierung des Schulalltags und die Einbindung in die Natur.
Bis heute profitiert das Schulzentrum von der naturnahen Lage. Die Marienhöhe ist immer noch eine „Insel im Grünen“, eine Schule mit parkähnlichem Gelände und einem architektonisch wunderschön gestalteten Haupthaus, das auch das Logo des Schulzentrums bildet. „Ganzheitlichkeit leben“ ist laut Chronik ein Merkmal des freikirchlichen Schulträgers, die er lebendig halten und immer wieder lebendig machen möchte.
Ganzheitlich ausgerichtetes Ausbildungszentrum
1924 kaufte der Deutsche Verein für Gesundheitspflege (DVG) im Auftrag der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten das Gelände. Die Behörden genehmigen die Einrichtung einer Missionsschule. Im Frühjahr begann am „Seminar Marienhöhe“ der Unterricht verschiedener Ausbildungsgänge: Predigerseminar für angehende Pastoren und Missionare, dazu eine Handelsschule, Haushaltungsschule, Krankenpflegevorschule und bald auch ein Lehrgang für allgemeine höhere Ausbildung. Das Abitur musste aber extern an einem Darmstädter Gymnasium abgelegt werden. Außerdem gab es den Kurs „Deutsch für Ausländer“. Die Schülerzahl stieg bis auf 230. Vorbildlich bis heute war der Mut, nicht nur eine, sondern mehrere Schulformen anzubieten. War damals die Marienhöhe ein ganzheitlich ausgerichtetes „Ausbildungszentrum“, so ist sie heute ein „Schulzentrum“, zu dem seit 2010 auch erstmals eine Grundschule gehört.
Schließung und Beschlagnahme des Schulzentrums
1933 wurde die Schule von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) geschlossen. Bücher und Geld wurden beschlagnahmt, die Lehrsäle, die Büroräume und die Druckerei versiegelt. Die Schüler mussten sofort nach Hause fahren. Nach sieben Wochen wurde das Schulverbot wieder aufgehoben. 1934 schloss die Marienhöhe den Predigerlehrgang und 1936 auch den Lehrgang für allgemeine höhere Ausbildung. Die Schülerzahl sank beträchtlich. Zum 1. April 1939 entschied sich der Schulträger auf Empfehlung der staatlichen Schulbehörde, die Schule zu schließen, da die geringe Schülerzahl das Weiterführen des Schulbetriebs nicht rechtfertige. Das Gelände blieb noch zwei Jahre in der Hand des Schulträgers und diente erholungsmäßigen Zwecken. Einer der Schulbetriebe, die Matratzenherstellung, lief noch einige Zeit weiter. 1941 wurde das Schulgelände beschlagnahmt und die Wehrmacht zog in die Gebäude ein.
Wiedereröffnung
Im Sommer 1948 erhielt der Schulträger die Marienhöhe von der Besatzungsmacht zurück. Die internationale Flüchtlingsorganisation begann das Grundstück und die Gebäude zu räumen. Zurück blieben ein verwahrlostes Gelände und verräucherte, verschmutzte Gebäude. Im August 1948 trafen 25 zukünftige Theologiestudenten ein. Die meisten von ihnen verstanden etwas von handwerklicher Arbeit. Sofort wurde mit Wiederaufbau-, Sanierungs- und Reinigungsarbeiten begonnen.
Am 2. Oktober 1948 fand die feierliche Wiedereröffnung der Marienhöhe statt, nachdem die neue Schulaufsichtsbehörde ihre Genehmigung zur Aufnahme des Schulbetriebs erteilt hatte. Begonnen wurde mit den Lehrgängen theologische Ausbildung (Predigerseminar), Haushaltungsschule und Krankenpflegevorschule. Auch die Werkstätten wurden wieder eröffnet.
Das Aufbaugymnasium
Zu Anfang des Schuljahres 1949/50 genehmigte die hessische Landesregierung dem Schulträger mit der 1. Klasse (7. Schuljahr) eines neuen Aufbaugymnasiums auf der Marienhöhe zu beginnen. Im Mai 1949 fand die Grundsteinlegung für das neue
Unterrichtsgebäude statt, in dem die Klassen des Aufbaugymnasiums Platz finden sollten. Zum Schuljahr 1950/51 bezogen die zwei Anfangsklassen des Aufbaugymnasiums ihr neues Klassengebäude. Auch die Handelsschule wurde 1950 wieder eingerichtet. Die Schülerzahl wuchs ständig. 1949 waren es 60 und im Jahr 1952 schon 160. Im Frühjahr 1955 fand die erste Abiturprüfung auf der Marienhöhe statt. Drei Schülerinnen und dreizehn Schüler nahmen daran teil. Sie bestanden alle und hinterließen einen guten Gesamteindruck. Das erfolgreiche erste Abitur und die volle Klassenzahl führten nun auch zur staatlichen Anerkennung des Aufbaugymnasiums in Hessen. Im Schuljahr 1956/57 folgte die staatliche Anerkennung in der Bundesrepublik. Die Schülerzahl wuchs auf 300.
Naturwissenschaftlicher und neusprachlicher Zweig
Im Schuljahr 1959/60 wurde im Aufbaugymnasium die Aufteilung in einen mathematisch-naturwissenschaftlichen und einen neusprachlichen Zweig auf der Oberstufe eingeführt. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Möglichkeit, ab Klasse 11 zwischen beiden zu wählen.
Die Handelsschule wurde 1962 aus Gründen, welche die Gesamtökonomie der Schule betrafen, stillgelegt. Auch die Haushaltungsschule und die Krankenpflegevorschule nahmen einen ähnlichen Weg.
Gymnasium mit besonderer Prägung
Im Schuljahr 1970-71 wurde auf Anregung aus der Lehrerschaft und mit Billigung des Schulträgers eine Umstrukturierung vorgenommen. Sie betraf die Oberstufe, die nun in eine Studienstufe mit Kurssystem umgewandelt wurde. Die neue Ordnung folgte den Richtlinien der Kultusministerkonferenz. Dadurch gehörte die Marienhöhe zu den ersten Versuchsschulen in Hessen bezüglich der reformierten gymnasialen Oberstufe. Nun wurde auch Schülerinnen und Schülern aus dem Berufsleben (Kollegiaten) der zweite Bildungsweg im Aufbaugymnasium eröffnet. Auch die Fünf-Tage-Woche wurde eingeführt. Mit dieser neuen Struktur war das Aufbaugymnasium Marienhöhe vielen anderen Gymnasien voraus. Die Schülerzahl wuchs in den 1970ern erheblich von 280 (1970/71) auf 520 (1979/80).
Das Kolleg wurde im November 1983 staatlich anerkannt. Das Aufbaugymnasium wurde 1988 mit der Einrichtung einer 5. Klasse zum Gymnasium. Die Schülerzahl wuchs auf 600 an (1989/90).
Verlegung des Theologischen Seminars – neuer Realschulzweig
Die Wiedervereinigung Deutschlands hatte für die Marienhöhe eine einschneidende Folge: das Theologische Seminar wurde von 1991 bis 1994 schrittweise abgebaut, da die theologische Ausbildung der Adventisten in Deutschland ganz zur staatlich anerkannten Theologischen Hochschule in Friedensau (Nähe Magdeburg) verlagert wurde.
Der eine Schulzweig ging verloren, dafür wurde ein anderer dazugewonnen: die Marienhöhe erhielt die Genehmigung zur Einrichtung eines Realschulzweiges ab Klasse 7. Die staatliche Anerkennung erfolgt 1996. Drei Jahre später wurde auch die Betriebserlaubnis für die 5. und 6. Klasse der Realschule erteilt.
2007 begann die Umgestaltung der umfangreichen Studienbibliothek in eine Schulmediothek auf neuestem Stand. Umbaumaßnahmen, eine moderne Einrichtung und neben Büchern auch moderne Medien wie CDs und DVDs tragen den Ansprüchen einer modernen Schulbibliothek Rechnung. Internet-Arbeitsplätze ergänzen die Möglichkeiten der umfassenden Information und Recherche.
„Gesundheitsfördernde Schule“
Der Grundschulzweig wurde 2010 eingerichtet und startet mit einer Klasse 2. Seit 2014/15 bietet sie einzügig alle Grundschulklassen an.
Seit 2006 nahm die Marienhöhe am Projekt des Hessischen Kultusministeriums „Gesundheitsfördernde Schule” teil. 2008 wurden vier Teilzertifikate verliehen (für Sucht- und Gewaltprävention, Ernährung, Bewegung, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung). 2010 konnte nach weiteren Umsetzungen das Gesamtzertifikat von der Kultusministerin in Empfang genommen werden. Die Teilzertifizierungen haben wichtige Lernprozesse ausgelöst oder verstärkt. Schulentwicklung ist ein bewusster Teil des Schulzentrums als „lernende Organisation“ geworden. Auf dem Weg zum Gesamtzertifikat „gesundheitsfördernde Schule“ wurden ab 2008 Maßnahmen durchgeführt, die zur Anerkennung Anfang 2010 führten. Dabei wurden alle Qualitätsbereiche des Hessischen Referenzrahmens Schulqualität berücksichtigt.
Im Januar 2012 war das neue Schulhaus bezugsfertig. Es erweitert die pädagogischen Spielräume der Lehrerinnen und Lehrer. Alle Räume sind mit modernsten interaktiven Tafeln ausgestattet, die viele Möglichkeiten sowohl des instruierenden wie auch des kooperativen Unterrichts verwirklichen lassen. Mit dem Bezug des neuen Schulgebäudes startete auch ein neues Raumprinzip. Nicht mehr die Lehrer gehen in den festen Raum der Klasse, sondern die Schüler ab Klasse 6 in den Raum des Lehrers (Lehrerraumprinzip).
Gegenwärtig besteht das Schulzentrum Marienhöhe aus jeweils einer Grund- und Realschule sowie dem Gymnasium mit Kolleg. Dazu kommt ein Internat. Es werden insgesamt rund 800 Schülerinnen und Schülern in 44 Klassen von 84 Lehrkräften unterrichtet. Der Schulcampus umfasst 40.000 Quadratmeter Fläche. Informationen: https://www.marienhoehe.de.
Die Chronik der Marienhöhe kann als PDF-Datei heruntergeladen werden: https://www.marienhoehe.de/media/chronik.pdf
Der Festgottesdienst 100 Jahre Marienhöhe findet am 7. Juni 2025 und der Festakt zum Jahrhundertsommerfest am 3. Juli 2025 statt. Weitere Veranstaltungen zum Jubiläum unter https://100jahre.marienhoehe.de/#veranstaltungen.
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