Im Rahmen der Ausstellung wird das Stipendium für Nichtstun vergeben, deren Bewerber*innen in der Ausstellung gezeigt werden. Ein diskursive Bildungsprogramm in Form einer App ergänzt das Projekt.
Der Selbstlernraum in der ehemaligen Aula des MK&G ist der zentrale Ort der Schule der Folgenlosigkeit. In dieser raumgreifenden Installation erproben sich Besucher*innen spielerisch in möglicher Folgenlosigkeit – und konfrontieren sich mit den daraus erwachsenden Konsequenzen. In abwechslungsreichen Übungen wie Entscheidung abgeben, Sorge tragen oder Nichts-Tun liefern sie sich dem Zufall am Glücksrad aus, waschen ihre Hände in Unschuld oder üben sich im Warten. Das Schaudepot zeigt ausgewählte Objekte aus dem MK&G, die als Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände einer nach Folgenlosigkeit strebenden Gesellschaft verstanden werden können. So zeugen etwa Astragale (aus Schafsknochen gefertigte Spielsteine) davon, wie im antiken Griechenland der Zufall in die Entscheidungsfindung mit einbezogen wurde. Indonesische Amulette aus dem 19. Jahrhundert sollen vor Kontakt mit sogenannten Dschinen schützen: Diese unsichtbaren Wesen können, so die magisch-religiöse Vorstellung, durch menschliches Handeln Schaden nehmen und Rache suchen. Interventionen in die bestehenden Sammlungspräsentationen des MK&G eröffnen weitere Perspektiven auf historische Vorläufer eines folgenlosen Lebens. So wird beispielsweise an einer chinesischen Tee-schale mit Goldlack-Reparatur (12./13. Jahrhundert) im Bereich Ostasien gezeigt, dass Zerstörung nicht immer negative Folgen haben muss. Die japanische kintsugi-Technik entfaltet eine ganz eigene Ästhetik, die den Wert des wiederhergestellten Objektes sogar steigern kann.
Die Schule der Folgenlosigkeit schreibt außerdem ein „Stipendium für Nichtstun“ aus. Für die drei zu vergebenden Stipendien, die jeweils mit 1.600 Euro dotiert sind, können sich alle Interessierten ab sofort bis zum 15. September 2020 bewerben. Die Entscheidung der Jury, der u.a. der Philosoph Armen Avanessian (bekannt durch seine Theorie der Beschleunigung) angehört, wird zum Beginn der Ausstellung verkündet. Weitere Informationen unter www.hfbk-hamburg.de.
Die politischen, technischen, ökonomischen und ästhetischen Dimensionen von Folgenlosigkeit mitsamt ihrer Ambivalenz und Widersprüchlichkeit werden von Friedrich von Borries und dem österreichischen Filmemacher Jakob Brossmann in begleitenden Filmen reflektiert. Eine vom Berliner Künstlerkollektiv Refrakt entwickelte App führt in Form eines Spiels durch die Ausstellung und stellt Exponate und Übungen vor. Darüber hinaus hält sie vertiefende Inhalte wie Filmbeiträge oder Expert*inneninterviews zur Ausstellung bereit.
Friedrich von Borries (*1974) ist Architekt und seit 2009 Professor für Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Sein Berliner Projektbüro Friedrich von Borries agiert im Spannungsfeld von Architektur, Design, Kunst und Stadtentwicklung. 2010 kuratierte er die Ausstellung Klimakapseln. Überlebensbedingungen in der Katastrophe im MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit ist eine Initiative der HFBK Hamburg in Kooperation mit dem MK&G.
Die Schule der Folgenlosigkeit wird gefördert durch die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke der Freien und Hansestadt Hamburg (BWFGB), die Hamburg Open Online University (HOOU), die Friede Springer Stiftung, die Kursbuch Kulturstiftung sowie die Leinemann Kunststiftung Nikolassee und unterstützt von der Hamburg Innovation GmbH. Weitere Partnerinnen sind die Katholische Akademie Hamburg sowie die Evangelische Akademie der Nordkirche.
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